Buchrezensionen, Rezensionen

Heinke Fabritius: Die italienischen Landschaftszeichnungen Franz Hornys, Lukas Verlag 2012

Franz Horny gehörte neben Karl Philipp Fohr zu einem der erfolgversprechendsten Jungkünstlern, die im 19. Jahrhundert nach Italien strömten, viel zu früh verstarben und deren Werke lange Zeit unterschätzt wurden. Nun hat sich Heinke Fabritius einzelnen Landschaften des Zeichners angenommen und neu bewertet, um ihm endlich den gebührenden Platz in der Kunstgeschichte zuzuweisen. Günter Baumann hat die Studie gelesen.

Spätestens zur Feier seines 200. Geburtstags 1998 wurde Franz Horny aus dem Schatten der Kunstgeschichte geholt, in der er fortan ein beachtenswertes, aber auch fest vermessenes Fach zugewiesen bekam. Der Initialmoment dafür war die monographische Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle Ende 1998, die das durch Krankheit abgebrochene Frühwerk des mit 25 Jahren verstorbenen Junggenies präsentierte – als das Schaffen »eines Romantikers im Lichte Italiens«. Alles schien gesagt, das schmale Gesamtwerk vor allem des Zeichners vergegenwärtigt und Horny im Olymp deutschrömischer Maler verortet: So trat er wie selbstverständlich 2005 in der Ausstellung »Endlich in Rom – Deutsche Künstler des 19. Jahrhunderts in Italien« an die Seite von Hackert, Koch, Richter u. a. m. Es war höchste Zeit, dem in Weimar geborenen Künstler ein Denkmal zu setzen, war er doch seinerzeit keineswegs ein verkanntes Genie. Die Porträts, die Julius Schnorr von Carolsfeld, Friedrich Overbeck und andere von ihm zeichneten, zeigten einen selbstbewussten, wachen Geist, und Hornys trotziges Selbstporträt als raffiniert gedrehter Rückenakt aus dem Jahr 1821 ließ erkennen, dass hier ein hervorragender Zeichner am Werk war. Leider setzte eine Lungenentzündung seiner Karriere ein jähes Ende. Das noch nicht voll entwickelte Werk erfuhr in den oben angezeigten Ausstellungen zwar eine erfreuliche Würdigung, doch Franz Horny landete in der Schublade für schwankende beziehungsweise im Noch-Nirgendwo schwebende heikle Fälle: Es galt die Meinung, er habe sich noch nicht von entschiedenen Vorbildern (Joseph Anton Koch) oder von eigennützigen Ratgebern (Peter Cornelius) gelöst.

Heinke Fabritius unterzieht das Werk einer neuen Bewertung, die akribisch nachweist, wie Horny während der Arbeit an einzelnen Blättern eine erkennbare Wandlung vollzieht, in der er sehr wohl eine eigenständige Entwicklung nahm. Die Analyse der Arbeitsschritte deckt zwar auch die letztlich »vermeintliche Unentschiedenheit« auf, führt das »Nicht-zu-Ende-bringen-können« aber nicht auf eine Unreife zurück, sondern auf »die unfaire Instrumentalisierung« sowie auf »innere wie äußere Verunsicherungen«. Hauptgegenstand der Untersuchung sind zwei hinreißende Blätter Hornys, »Blick auf Olevano« und »Abbruch eines bewaldeten Hanges«, beide 1822 im Rückzugsort des auf den Tod erkrankten Künstlers entstanden und – zumindest die Olevano-Arbeit – hinlänglich bekannt. Doch so intensiv hat sich offenbar noch niemand mit diesen Werken befasst, denn Heinke Fabritius weist schlüssig nach, dass es sich auf keinen Fall um Studien handelt, sondern um ausgereifte Zeichnungen, die dem selbstkritischen Urheber so kaum bewusst waren. Unverkennbar ist die visionäre und doch auch unmittelbar an der Natur orientierte Kraft, die ein realistisch-bildnerisches Denken voraussetzt. Unabhängig davon ist Hornys vielfach umgesetzter Blick auf den wahrhaft romantischen Ort in den Sabiner Bergen auch der Beginn einer langanhaltenden Beschäftigung mit jener Perspektive auf Olevano, die eine Abkehr von den Idealen der Nazarener bedeutete. Ein Vergleich mit Arbeiten von Schnorr von Carolsfeld bestätigt das. (Nebenbei bemerkt übte der Ort auch noch seine magische Wirkung auf neusachliche Maler wie Alexander Kanoldt aus.) Etwas aus dem Blick gerät allenfalls die Möglichkeit eines gewollten Non-finito im Sinne des romantisch-fragmentarischen Denkens, das nicht zwingend aus der Persönlichkeit heraus abgeleitet werden muss. Doch das lässt sich wohl aufgrund der Krankheit Hornys, die das Schaffen gewaltig beeinträchtigte, kaum klären.

Die Arbeit setzt biographisch an, um im Verlauf der Handvoll Kapitel den »Weg zur Kunst«, die »Arbeit am Bild« bis hin zu theoretischeren Überlegungen zur »Künstlerexistenz und Selbstreflexion« und zur »Zeichnerischen Methode« zu finden. Einem guten Rat folgend, fügte Heinke Fabritius ihrer Dissertation in der Druckfassung eine ausgezeichnete Transkription des – leider nur bis 1815 reichenden – Tagebuchs und etlicher Briefe hinzu, bislang unveröffentlichte Quellen, die den Werdegang und die Person Franz Hornys eingehend beleuchten.

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