Buchrezensionen, Rezensionen

Herbert Grüner/Helene Kleine/Dieter Puchta/ Klaus-Peter Schulze (Hg.): Kreative gründen anders. Existenzgründungen in der Kulturwirtschaft. Ein Handbuch, transcript Verlag 2009

Die vorliegende Publikation ist zum Einen ein Forschungsbericht über den Wirtschaftszweig Kreativwirtschaft und zum Anderen ein Handbuch für kreative Gründer. Rowena Fuß hat sich das interessante und gut strukturierte Werk angesehen.

Grüner/Kleine/Puchta/Schulze (Hg.) © Cover transcript Verlag
Grüner/Kleine/Puchta/Schulze (Hg.) © Cover transcript Verlag

Die Kreativwirtschaft erzeugt seit einigen Jahren immer mehr wirtschafts-, kultur- und sozialpolitische Aufmerksamkeit. Getragen wird die positive Entwicklung von einer Vielzahl kleiner Unternehmen, Freiberuflern und Selbstständigen, deren ökonomische Situation meist eher bescheiden ausfällt. Probleme bereiten schwer zu erschließende Finanzierungsquellen, kreative Ideen als Produkte anstelle von z.B. Immobilien oder technische Anlagen. Ebenso erschweren Qualifikationsdefizite und geringe unternehmerische Erfahrung der einzelnen Unternehmer deren betrieblichen Erfolg.

In vier höchst informativen Blöcken möchte das Buch junge Kreative frühzeitig für die berufliche Selbstständigkeit und ihre Anforderungen sensibilisieren. Ein weiteres Anliegen besteht in der weiteren Qualifizierung von jungen Existenzgründern.

Im ersten Block »Überblicke« werden die sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen der Kreativwirtschaft in der Metropolregion Berlin-Brandenburg, die als Präzedensfall im Buch dient, dargestellt. Der Schwerpunkt liegt bei der Darstellung von Angeboten der Region, die zur Unterstützung der Kreativgründung ergriffen bzw. entwickelt worden sind. Dazu zählen z.B. Gründungsfinanzierung und –beratung. Finanzierungslösungen sind Fördergelder, Darlehen und auch die Finanzierung mit Risikokapital. Die Investitionsbank Berlin hat dafür z.B. den »VC Fonds Kreativwirtschaft Berlin« entwickelt, der ausschließlich auf Berliner Unternehmen der Creative Industries ausgerichtet ist.

Wer sich mit dem Gedanken einer Geschäftsgründung trägt, sollte neben charakterlichen Eigenschaften wie Kontaktfreudigkeit, Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem, der Fähigkeit zum »Netzwerkeln« und ein gewisses Maß an Leidensfähigkeit, um Rückschläge u.ä. durchstehen zu können, auch betriebswirtschaftliche Faktoren wie Standort- und Marktanalyse sowie Marketinginstrumente berücksichtigen.

Selbst zu Wort kommen Gründer der Kreativwirtschaft im zweiten Block »Augenblicke«, dem Herzstück der Publikation. Hier schildern zwölf Gründer bzw. Gründerteams ihre Sichtweisen, Erfahrungen und Vorgehensweisen in Berlin-Brandenburg.

Ein Beispiel ist das Atelier Havelblick. Das Atelier, das 2000 von den freien Künstlern Gabriele Konsor und Roland Eckelt gegründet wurde, thematisiert in den Medienkunstwerken und interdisziplinären Aktionen Phänomene des Alltags im ländlichen Raum. Als Auslöser für die Gründung des Ateliers gab Konsor an, dass dies eine Folge zunehmender gemeinschaftlicher künstlerischer Projekte war. Die Arbeit in Netzwerken, hier der Interessenverband „Raumordnung“, stellte sich aus inhaltlicher und arbeitsteiliger Sicht von Vorteil heraus. Finanziert wird das Projekt hauptsächlich über Fördergelder.

Im dritten Block »Durchblicke« werden die Aussagen der Gründer gebündelt und unter betriebswirtschaftlichen und soziologischen Aspekten betrachtet und kommentiert.
Die Auswertung unter betriebswirtschaftlichen Aspekten ergab, dass die Qualifikation der Gründer zwar hoch, aber einseitig ist. So fehlt es vielen Gründern an betriebswirtschaftlichem Wissen, das nur punktuell durch Dritte beseitigt wird. Ideal scheint daher eine Kombination von einem Künstler und einer Person mit kaufmännischer Ausbildung oder BWL-Studium zu sein. Im Mittelpunkt der Gründung steht ausschließlich die künstlerische Verwirklichung von Ideen bei gleichzeitiger Unabhängigkeit. Das Unternehmen dient nur der eigenen Existenzsicherung, wodurch Wachstumsstrategien weitgehend fehlen.

Aus sozialwissenschaftlicher Sicht ist die Situation der kreativen Gründer von einer studentischen bzw. postgradualen Aufbruchsstimmung gekennzeichnet. Die Risiken bei einer Geschäftsgründung sind bewusst, führen aber auch nicht zu inneren Blockaden. Auf der anderen Seite fehlt jedoch das Wissen, wie man Risiken vermindert. Die verschiedenen Studiengänge und die Hochschulen selbst bieten bisher keine Hilfe für die Orientierung in puncto Selbständigkeit und Gründung.

Schließlich werden im vierten Block »Ausblicke« die verschiedenen Aussagen über Rahmenbedingungen, die Selbstdarstellung der Gründer und deren Analyse zu Empfehlungen für die Entwicklung der Kreativwirtschaft in der Metropolregion. Konkrete Forderungen sind: den Begriff der Kreativwirtschaft einheitlich zu definieren, die betriebswirtschaftliche Forschung zu erhöhen, die Hochschulpolitik und -praxis zu konsolidieren, Kompetenzen zu verbreitern, die wirtschaftspolitische Förderung zu differenzieren, die kommunale und lokale Ebene zu qualifizieren und die soziale Sicherung der kreativen Gründer zu stabilisieren.

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