Buchrezensionen

Hodske, Jürgen: Mythologische Bildthemen in den Häusern Pompejis. Die Bedeutung der zentralen Mythenbilder für die Bewohner Pompejis, Verlag Franz Philipp Rutzen, Stendal 2007.

Jürgen Hodske hat sich seinem Gegenstand - der Erforschung der zentralen Mythenbilder in Pompeji - auf einem Wege angenähert, der auf den ersten Blick eher nüchtern und prosaisch erscheinen mag -nämlich, durch eine Reihe von Erhebungen statistischer Daten, die er im Rahmen seiner Dissertationsarbeit ausgewertet hat.

Dies erweist sich alsbald jedoch als verdienstvolles und vor allem auch spannendes Unterfangen, denn bisher beruhten viele Erkenntnisse über die pompejianische Wandmalerei auf der Bewertung von signifikanten Einzelbeispielen. Diese wurden jedoch nicht in ihrer Gesamtheit überprüft.

Die Analyse Hodskes konzentriert sich auf einen einzigen, aber wesentlichen Bildtypus innerhalb der pompejianischen Fresken: die zentralen Mythenbilder. Darunter sind Darstellungen zu verstehen, die einen Mythos narrativ illustrieren und sich an zentraler Stelle einer Hauswand befinden. Weniger die heikle Frage nach etwaigen Deutungsversuchen steht dabei im Vordergrund als vielmehr die Erfassung von Zusammenhängen zwischen Häusergrößen und Funktionen der Räumlichkeiten, der Häufigkeit von bestimmten Darstellungen sowie der Wiederholung populärer Bildthemen.Dabei geht der Autor mit aller gebotenen Vorsicht vor, da der archäologische Befund nur eine Annäherung erlaubt. Der Erhaltungszustand der Wandmalereien ist, nebenbei bemerkt, besorgniserregend. Nur die Hälfte aller der Forschung bislang bekannten Mythenbilder existiert heute noch im Original. Davon wiederum befinden sich gerade noch etwas mehr als die Hälfte in situ. Dort sind sie jedoch in ihrem Bestand aufs Äußerste gefährdet, wie Hodske in drastischen Bildvergleichen belegen kann. Während in früheren Jahrhunderten dilettantische Ausgrabungsmethoden für irreparable Schäden an Häuserwänden und Fresken sorgten, setzen heute schädliche Umwelteinflüsse den Bildern zu. Als wäre dies nicht schlimm genug, hat das Ausmaß der Zerstörungen in den letzten drei Jahren noch einmal dramatisch zugenommen.

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Nichtsdestoweniger lassen die statistischen Erhebungen Hodskes interessante Rückschlüsse auf den kulturellen Kosmos der Vesuvstadt zu. Die Bilder dienten zur Repräsentation und zum Schmuck von Privaträumen, gelegentlich auch von Geschäftslokalen. Wandmalereien waren zwar kein ausschließliches Privileg der Wohlhabenden, doch der Aufwand des Dekors ging unzweifelhaft mit der Größe der Domizile einher.

Hodske verfolgt die Entwicklung der Mythenbilder über den kurzen Zeitraum zwischen der Entstehung der Bildgattung und dem Untergang der Stadt 79 n. Chr.. Dabei analysiert er die Unterschiede in der Malerei des Dritten und Vierten Pompejianischen Stils. Neben einschneidenden stilistischen Veränderungen im Verhältnis von Figur, Landschaft und Raum beobachtet er vor allem thematische Verschiebungen während der letzten anderthalb Dekaden der Stadt. In dieser prosperierenden Periode, die auf das schwere Erdbeben von 62 n. Chr. folgte, ging die Themenvielfalt deutlich zurück. Dies geschah zugunsten einiger weniger, jedoch offensichtlich höchst populärer Sujets, die man kopierte und variierte. Dabei ließ auch die handwerkliche Qualität sichtlich nach. Andererseits gab es nach wie vor hochwertige Wandbilder, die möglicherweise Kopien verschollener griechischer Originale waren.

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Inhaltlich präferierten die alten Pompejianer die Darstellungen berühmter Liebespaare. Wobei die sinnliche Erotik der nackten Körper zunehmend eine zentrale Rolle einnahm, während die mythologische Bedeutung in den Hintergrund trat. Querverweise auf zeitgenössische Theaterspiele werden kurz angerissen, aber leider vom Autor nicht weiter verfolgt. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang jedoch ein Blick in die Nachbarstadt Herculaneum, in der die Einwohnerschaft den archäologischen Hinweisen nach eine andere war. Offenbar lebten dort zahlreiche Bewohner mit senatorischem Rang, während sich in Pompeji eine Schicht von Neureichen angesiedelt hatte. Tatsächlich lassen sich im Vergleich der beiden Städte, Unterschiede in Qualität und Themenwahl der Wandbilder feststellen.

Mit der neuen Vermessung sämtlicher Gebäude der Stadt gelingt Hodske eine akribische Auslotung der Beziehungen zwischen Häusergrößen und Bildern als Ausdruck des sozialen Status. Darüberhinaus besteht das zweite zentrale Anliegen der Publikation in der vollständigen Erfassung aller, bis heute nachgewiesenen, zentralen Mythenbilder Pompejis. Dies geschieht in Form eines tabellarischen Katalogs und der Reproduktion sämtlicher Abbildungen in Original und/ oder Kopie, so weit sie derzeit noch greifbar sind. Die Bildtafeln sind nach Themen geordnet, wodurch die Häufigkeit bzw. die Popularität bestimmter Sujets gut zu erfassen ist. Außerdem sind sie mit kurzen, technischen und inhaltlichen Beschreibungen versehen.

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Zu guter Letzt ist der Publikation auch eine CD-ROM mit Datentabellen beigelegt. Diese belegen Hodskes Erhebungen und Messungen im Detail, für den höchst unwahrscheinlichen Fall, dass irgendjemand an der Genauigkeit der Daten zweifelt. Angesichts des schlechten Erhaltungszustandes mancher Malereien kommt diese umfangreiche Dokumentationsarbeit jedoch um keinen Augenblick zu früh.

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