Ausstellungsbesprechungen

Impressionisten im Behnhaus, Museum Behnhaus/Drägerhaus, Lübeck, bis 21. Oktober 2012

Das Lübecker Behnhaus zeigt im Anschluss an die höchst erfolgreiche Anders Zorn-Ausstellung realistische und impressionistische Gemälde aus dem eigenen Bestand, erweitert um Bilder aus einer norddeutschen Privatsammlung. Der Besucher bekommt neben Werken von Max Liebermann, Max Slevogt und Lovis Corinth auch weniger bekannte Bilder von Künstlern wie Gotthardt Kuehl oder Ulrich Hübner zu sehen. Stefan Diebitz hat sie sich angeschaut.

Die Lübecker Ausstellung zeigt insgesamt 80 Gemälde von Max Liebermann, Max Slevogt, Lovis Corinth, Gotthardt Kühl, Hermann Linde und seinem Bruder Linde-Walther, und die drei ersten Namen sind selbstverständlich die bekanntesten. Aber es gibt auch abseits der großen Namen große Kunst zu entdecken.

Wer an den Impressionismus denkt, der hat sommerliche Bilder und strahlende Farben vor Augen. Ein solches Bild stammt in der Lübecker Ausstellung von Max Slevogt, der um 1919 »Blühende Obstbäume bei Neukastel«malte. Ein anderes zeigt Liebermanns »Blumenterrasse im Wannseegarten« (1915), den er in ein farbenfrohes Meisterwerk verwandelte. Wahrscheinlich kann es gar nicht anders sein, ein großes Ölbild von Liebermanns Hand muss der Höhe- und Glanzpunkt einer Schau sein, die impressionistische und zusätzlich noch realistische Bilder in wenigen Räumen versammelt. Es ist deshalb auch dieses Bild, das der Besucher als erstes sieht, wenn er das Vestibül des schönen Bürgerhauses, in dem das Museum untergebracht ist, durchquert und die breite Treppe zur Ausstellung hinaufgegangen ist.

Gegenüber von Liebermanns großem Gemälde, still und bescheiden in einer Ecke, hängt ein Bild ganz anderer Art. »Waldweg mit Heidekraut« (1857) von Johann Wilhelm Schirmer (1807–1863) zeigt die gänzlich unspektakuläre, aber in meisterlicher Manier gemalte Ansicht eines kleinen Waldstückchens — es ist fast Feinmalerei in seiner akkuraten Wiedergabe kleinster Strukturen. Obwohl Schirmer zu den Vorgängern des Impressionismus gerechnet wird, ist es doch noch weit von den beiden zuerst genannten Arbeiten entfernt. Bereits seine noch ganz traditionelle Aufteilung in Vorder- und Hintergrund unterscheidet es von Liebermanns Bild, aber es demonstriert, wozu ein realistischer Malstil fähig war.

Ein sehr schöner Raum ist der Weimarer Malerschule gewidmet, von welcher der Impressionismus in Deutschland seinen Ausgang nahm, nachdem Emil Heilbut 1889 in einer Vorlesung drei Bilder von Claude Monet vorgestellt hatte. Die meisten Bilder dieses Raums sind aber noch nicht wirklich impressionistisch, sondern in ihrer Thematik wie in ihren braunen oder gedeckten Tönen eher realistisch; aber schön sind sie trotzdem. Auch Bilder des Leibl-Kreises werden vorgestellt. Dass Wilhelm Leibl ein enger Freund Hans Makarts war, mag man kaum glauben, denn seine Kunst stellt so etwas wie den bescheidenen Gegenentwurf zu den furiosen Riesenbildern des Wiener Malerstars dar. Auch Leibl gehörte zu den Vorbereitern eines deutschen Impressionismus.

Einen Ehrenplatz in der Lübecker Ausstellung hat zweifellos Ulrich Hübner verdient. Hübner (1872–1932) war ein eigentlich ein Berliner Maler, der aber lange in Lübeck wohnte und auch später noch ein Sommerhaus in Travemünde hielt. Von ihm stammen in dieser Ausstellung einige sehr schöne und vielleicht sonst nicht genügend gewürdigte Bilder, so eine riesengroße Ansicht von Travemünde. Viele seiner Gemälde zeichnen sich durch einen sehr tiefen Horizont und einen mit Leidenschaft gemalten wolkigen Himmel aus. Eine sonst atmosphärisch sehr gelungene Ansicht des geschäftigen Lübecker Hafens hat er sich wohl leider dadurch verdorben, dass er den weißen Dampf aus dem Schornstein eines Schleppers ein wenig zu sehr betonte; nun sieht es aus, als habe ein Kind seine Tube Deckweiß im Zentrum des großen Bildes ausgedrückt oder als habe ein Vogel etwas hinterlassen. Aber seine Bilder aus Travemünde mit dem weiten Himmel und der frischen Atmosphäre sind überaus reizvoll.

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