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Informel, Ausstellung in der Galerie Schlichtenmaier

Günter Baumann berichtet über eine Ausstellung in Stuttgart,die die Klassiker dieser Kunstrichtung zeigt. Emil Cimiotti,Paul Reich,Karl Otto Götz,Emil Schumacher,Hann Trier u.a sind in der Schau vetreten

Emil Cimiotti: Strukturen, waagrecht, 1991/92, Bronze,
Emil Cimiotti: Strukturen, waagrecht, 1991/92, Bronze,

Keine Frage, es sind betagte Herren, die in den 1950er-Jahren das Informel auf ihre Fahnen schrieben: Emil Cimiotti (geb. 1927), Paul Reich (geb. 1925) und allen voran der noch immer tätige Karl Otto Götz (geb. 1914), ein Informeller der ersten Stunde. Die meisten, die in jenen Jahren Anschluss an die internationale Kunst suchten und fanden, erreichten ein stattliches Alter – es ist noch nicht lange her, da traten Emil Schumacher (1912–1999), Hann Trier (1915–1999), Bernard Schultze (1915–2005), Otto Herbert Hajek (1927–2005), K. R. H. Sonderborg (1923–2008) von der Bühne. Allen gemeinsam ist eine Aura, die ungebrochen über ein halbes Jahrhundert wirkte, was sonst nur wenigen gelang. Die Stile kamen und gingen, Schulen wurden ausgerufen und wieder geschlossen. Doch kaum geriet einer der Informellen in Vergessenheit, sie blieben präsent, auch wenn das Pegel des Marktes in Richtung einer figurativen Ausdrucksweise ausschlug. »Wir haben keine Schule gemacht«, bekannte Schultze, aber immer wieder gab es zwar keine riesigen, aber denkwürdige Ausstellungen, die seit den 1980er-Jahren das »Heute« dieses Stils untersuchten (z. B. das Saarland Museum, Saarbrücken, 1983). Ein Vierteljahrhundert später steht nun in der Staatsgalerie Stuttgart eine Informel-Schau an, und die Galerie Schlichtenmaier macht einen imposanten Auftakt dazu.

 
Die Stuttgarter Galerie, die auf die Klassische Moderne spezialisiert ist und mit viel Gespür zeitgenössischen Trends nachspürt (etwa von Blumkowski bis Platino), hat die führenden Namen des Informel im Programm, die nun die Räume füllen. Zu den Gennanten kommt noch Peter Brüning (1929–1970) dazu, der freilich durch seinen frühen Tod weniger im Gespräch blieb, aber als dreimaliger Documenta-Teilnehmer die durchsetzungsfähige Natur der Bewegung oder besser gesagt: des Phänomens Informel unter Beweis stellte. Bemerkenswert ist die Berücksichtigung der Plastik, die mit den Migofs des Malers Bernard Schultzes ihren ganz eigenständigen Ausdruck fand – worüber man die ausgesprochenen Bildhauer ungern dem Stil subsummierte. Otto Herbert Hajek ist tatsächlich eher bekannt für seine nüchtern-geometrischen Arbeiten, doch sind seine Raumknoten rein informeller Natur, vergleichbar den zauberhaften Strukturen Cimiottis. (Es sei angemerkt, dass die Galerie Schlichtenmaier seit diesem Jahr den Nachlass Hajeks betreut.) Einen grandiosen Auftritt hat Paul Reich, der Stein, Bronze und angeschmolzenes, geschliffenes oder gebrochenes Acrylglas kombinierte. Skeptiker oder Stilpuristen wollen auch ihn nicht recht ins Profil des Informel stellen, aber seine Arbeiten zeigen zumindest die Wirkungsmächtigkeit und Bandbreite, die dieses Profil eben doch ausmachen. Unbestritten ist, dass hier einmal mehr gezeigt wird, welche Kraft und Gegenwärtigkeit in diesen Arbeiten noch immer steckt.
 
Weitere Informationen
 
 
http://www.schlichtenmaier.de
 
Geöffnet Di–Fr 11–19, Sa 11–17 Uhr
 
 

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