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Jeffrey Hamburger/Carola Jaeggi/Susan Marti/Hedwig Röckelein (Hg.): Frauen-Kloster-Kunst: Neue Forschungen zur Kulturgeschichte des Mittelalters. Brepols Publishers 2007

Parallel zur Ausstellung „Krone und Schleier“, die in der Bundeskunsthalle Bonn und im Ruhrlandmuseum Essen Kunstwerke aus mittelalterlichen Frauenklöstern einem breiten Publikum zugänglich machte, fand im Sommer 2005 ein internationales Kolloquium unter dem Titel „Frauen-Kloster-Kunst: Neue Forschungen zur Kulturgeschichte des Mittelalters“ statt. Ziel dieser Tagung war es, sich mit der Kunstproduktion und -rezeption mittelalterlicher Frauenkonvente eingehend zu beschäftigen.

Der die Beiträge zu diesem Kolloquium versammelnde Band ist thematisch geordnet. Nach einer Einleitung steht am Anfang eine Reihe von Beiträgen, welche sich mit verschiedenen Aspekten der Übergangsriten von weltlichem zum geistlichen Leben beschäftigen. Eröffnet wird diese Reihe von Renate Kroos zum Thema „Frauen und Kunstgeschichte - Frauen und Kunst“, wobei dieser Aufsatz als Einführung ins spezielle Thema verstanden werden kann. Nikolaus Gussone fokussiert im Anschluss in seinem Text zur „Jungfrauenweihe in ottonischer Zeit nach dem Ritus im Pontificale Romano-Germanicum“ die liturgischen Quellen und zeigt auf, wie sich in der Liturgie die Jungfrauenweihe als zweite Taufe mit der Vorstellung der Eheschließung mit Christus verbindet. Klostereintritt und Übergangsriten wie Jungfrauenweihe, Krönung oder Profeß werden von Eva Schlotheuber („Bedeutung der Jungfräulichkeit für das Selbstverständnis der Nonnen der alten Orden“) in ihrer unterschiedlichen inhaltlichen Bedeutung und ihrer historischen Entwicklung beschrieben.

 

Ein zweiter thematischer Block „Bildung und Wissen“ befasst sich mit der Bildung in den religiösen Frauengemeinschaften. Nach der Einleitung von Hedwig Röckelein verfolgt Katrinette Bodarwé („Schadet Grammatik der Frauenfrömmigkeit?“) beispielhaft die Entwicklung des Verhältnisses der Frauenkommunitäten zur klassischen lateinischen Bildung bzw. die Rolle, die den geistlichen Frauen von den Bildungseliten ihrer Zeit zugesprochen wurde. Marlis Stähli („Das Zürcher Fraumünster und der Archidiakon von Metz. Text- und Bücherbeschaffung im Mittelalter“) stellt im Anschluss daran die Zürcher Handschrift der Moralia Papst Gregors des Großen (Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Car. C 27) vor. Dieser Codex war ein Geschenk des Archidiakons von Metz an das Zürcher Fraumünster und gilt als seltenes Beispiel für die Nutzung von Netzwerken zur Buchbeschaffung. Nigel F. Palmer („Daughters of Salem. The Literary Culture of Cistercian Nuns in South-West Germany“) versucht hingegen in seiner Betrachtung der dem Zisterzienserkloster Salem unterstellten acht Frauenkonvente die Rekonstruktion eines Kloster-Clusters, um sich auf diese Weise der literarischen Kultur der Konvente zu nähern. Durch die Kombination der Quellen verschiedener Gemeinschaften gelingt es ihm, die gemeinsamen kulturellen Vorstellungen der Zisterzienserinnen zu beschreiben.

 

Ein weiterer thematischer Block widmet sich der „Kunstproduktion“ der Frauenklöster. Im Anschluss an eine Einleitung von Jeffrey F. Hamburger zeigt Mateusz Kapustka („Das Entfalten der Lektüre von imitatio. Ein Passionsaltärchen aus dem mittelalterlichen Klarenstift in Breslau als performatives Bilderwerk“) anhand eines kleinen Privataltärchens aus dem Klarissenkloster zu Breslau auf, dass es beim Bildgebrauch derartiger Objekte vor allem um Imitatio und spirituelle Lektüre ging. Buchmalereien aus dem Nürnberger Katharinenkloster sowie Gebetshandschriften der Zeit um 1500 aus Lüne, Medingen und Ebstorf stehen im Mittelpunkt der Beiträge von Christine Sauer („Zwischen Kloster und Welt: Illuminierte Handschriften aus dem Dominikanerinnenkonvent St. Katharina in Nürnberg“) und Hans-Walter Stork („Eine Gruppe von Medinger Handschriften in der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg“).

 

„Reformen“ ist das Schlagwort des nächsten thematischen Blocks. Es bezieht sich auf die mit dem Streben nach Re-Etablierung alter klösterlicher Werte verbundenen Reformen des 15. Jahrhunderts und ihre Auswirkungen auf die Kunstproduktion. Zur Durchsetzung der Reformziele bediente man sich sowohl der Literatur als auch der bildenden Kunst. Dies zog vielerorts eine Blüte der klösterlichen Kultur nach sich, bevor dann die Reformation und später die Säkularisation den meisten Konventen ein Ende bereitete. Im Anschluss an die Einführung ins Thema und an den Beitrag von Fiona Griffiths zum „Trouble with Churchmen. Warning against Avarice in the Garden of Delights“ zeigt Gudrun Gleba („Reform und Kunst in westfälischen Frauenklöstern im 15. Jahrhundert“) die verschiedenen Formen der Interaktion zwischen der spätmittelalterlichen Klosterreform und der zeitgleichen Kunstproduktion am Beispiel westfälischer Gemeinschaften auf. Martina Backes und Barbara Fleith („Zur Funktion von Heiligenviten in Text und Bild in elsässischen und südwestdeutschen Frauenklöstern des Mittelalters am Beispiel des Odiliakultes“) knüpfen mit der Betrachtung der heiligen Odilia von Hohenbourg zunächst an die karolingische Gründungsepoche an. Sie verfolgen dann aber ganz speziell die Rezeption der Gründungspatronin in Wort und Bild bis ins Spätmittelalter und zeigen auf, dass die Heilige bzw. deren Abbild von den Straßburger Stiftsdamen im 15. Jahrhundert gezielt zur Selbstidentifizierung bzw. als Argumentationshilfe gegenüber den Reformbestrebungen des Bischofs eingesetzt wurde. June L. Mecham („Katharina von Hoya’s Saint Anne Chapel. Female Piety, Material Culture, and Monastic Space on the Eve of the Reformation“) untersucht in ihrem Aufsatz am Beispiel der Wandmalereien der Wienhäuser Annenkapelle, auf welche Weise die Reformäbtissin Katharina von Hoya als Auftraggeberin ihre Vorstellungen von Frömmigkeit dem Konvent vor Augen führte. Anne Winston-Allen, („Es [ist] nit wol zu gelobind, daz ain frowen bild so wol kan arbaiten. Artistic Production and Exchange in Women’s Convents of the Observant Reform“) versucht hingegen mit Hilfe der süddeutschen Schwesternbücher und weiterer Codices aus deutschen Frauenklöstern die Netzwerke zu rekonstruieren, über die das Gedankengut der Observanten verbreitet wurde. Den Abschluss bildet ein Aufsatz zu Buchmalereien aus dem Umkreis der Freiburger Klarisse Sibilla von Bondorf (Ulrike Bodemann-Kornhaas: „Von Schwestern für Schwestern. Miniaturenzyklen der Klarissin Sibylla von Bondorf und ihre Funktion“).

 

Im fünften thematischen Block „Kloster und Welt“ geht es um die Rolle der materiellen Kultur für die Kommunikation und Interaktion zwischen den Frauenklöstern und konventsfremden Personen und Institutionen. Im Anschluss an die Einleitung ins Thema fragt Kristin Böse nach „Weltbezug und Weltabkehr als Paradigma der Bildausstattung von Oblatinnen- und Terziarinnengemeinschaften des späten Mittelalters und der Frührenaissance“. Dabei konzentriert sie sich auf das Medium Wandmalerei, wobei sie vor allem italienische Beispiele fokussiert. Dem sogenannten „Nonnenstaub“, der unter den Bodenplanken im Nonnenchor des Ribnitzer Klarissenklosters gefunden wurde, widmet sich der Beitrag von Regina Scherping. Er offeriert einen Überblick über das breite Spektrum der in Ribnitz geborgenen Objekte und hinterfragt deren ursprünglichen Gebrauchszusammenhang. So lässt der Fund zahlreicher Nähnadeln die Frage entstehen, ob die Schwestern den Nonnenchor bisweilen als Werkhaus nutzten oder ob sie kleinere Handarbeiten gar während der Gebetszeiten verrichteten. Susanne Ruf („Stift und Welt – St. Maria im Kapitol zu Köln und die Stiftungen der Familie Hardenrath“) befasst sich dann mit der Kapelle der Familie Hardenraht an der Kölner Damenstiftskirche St. Maria im Kapitol, wobei exemplarisch das Interessengeflecht zwischen dem Konvent, den Stiftern und der Stadt aufgezeigt wird. Weitere Beiträge widmen sich der Textilkunst, insbesondere Tapisserien mit Themen aus der höfischen Dichtung, wobei sich hier auch die Frage nach den Gebrauchszusammenhängen profaner Objekte im sakralen Raum stellt. Tanja Kohwagner-Nikolai („Bildteppiche – weit mehr als nur Schmuck. Themen und Funktionen niederdeutscher Klostersticharbeiten des Mittelalters“) zielt dabei eher allgemein auf die komplexen Verwendungs- und Funktionsmöglichkeiten derartiger Kunstwerke ab. Sarah Romeyke („pactum pacis – Der Tristan im Kloster Wienhausen“) untersucht speziell die bekannten Wienhäuser Tristanteppiche. Sie geht der Struktur der Bilderzählung sowie dem Verhältnis von Bild und Textvorlage nach und versucht anhand der Ergebnisse nachzuweisen, dass Werke wie der Wienhäuser Tristanteppich trotz ihrer weltlichen Thematik in Frauenklöstern hergestellt worden sein dürften. Katharina Krause („Stationäre Romfahrt und Repräsentation der Familie. Die Basilikenbilder und andere Stiftungen im Augsburger Katharinenkloster“) untersucht in ihrem Beitrag anhand der sogenannten „Basilika“-Bilder im Kapitelsaal des Augsburger Katharinenklosters, wie die Dominikanerinnen die Welt in die Klausur holten, um dort mittels der Bilder eine Romwallfahrt im Geiste durchzuführen.

 

Ein weiterer thematischer Komplex befasst sich unter dem Schlagwort „Patrone“ mit der Bedeutung und Instrumentalisierung weltlicher und geistlicher Schutzherren der Frauenkonvente. Der Einleitung ins Thema folgt ein Beitrag von Barbara Eggert zu „Textilen Strategien der Grenzüberschreitung. Der Gösser Ornat der Äbtissin Kunegunde II. (amt. 1239–1269)“. Ralph Andraschek-Holzer („Appellative Dichtung im Frauenkloster: Die Nonnen von St. Bernhard und ihre Gründungsgeschichte“) analysiert die in Zwettl und in St. Bernhard entstandenen sogenannten prologi teutonici, eine Gruppe von endgereimten Dichtungen über die Konventgründung. Er belegt an ihrem Beispiel, wie man etwa durch die Anlage eines liber fundatorum mit einer versifizierten Gründungslegende um weitere politische Unterstützung warb. Marius Winzeler („Thesaurus Mariaestellensis“ – ein Heiltum, sein Stifter und deren Bedeutung für die Schwesterngemeinschaft“) zeigt dann am Beispiel des Mariensterner Thesaurus die Verbindung von Reliquienverehrung und Gründermemoria für die sich wandelnden Bedeutungen einzelner Schatzstücke bis in unsere Zeit auf.

 Ein vorletzter, sehr umfangreicher inhaltlicher Komplex widmet sich dem Thema „Raum“. Auf die Einleitung ins Thema folgt der Beitrag von Gordon Blennemann, der die frühmittelalterlichen Bauten Metzer Frauenklöster auf ihre Binnengliederung und ihre liturgische Nutzung hin befragt („Raumkonzept und liturgische Nutzung: Eine Spurensuche zur Frühgeschichte der Metzer Frauenklöster Sainte-Glossinde und Saint-Pierre-aux-Nonnains“). Claudia Mohn stellt im Anschluss daran bauliche Besonderheiten wie Beichtfenster oder Drehläden in fränkischen Frauenzisterzen vor. An ihrem Beispiel wird aufgezeigt, wie liturgische Riten angesichts der strikten Klausurbestimmungen der Zisterzienserinnen verändert wurden und wie auf diese Weise eigene, frauenspezifische Strukturen entstanden („Beichte und Kommunion in mittelalterlichen Frauenklöstern. Liturgische und bauliche Besonderheiten am Beispiel fränkischer Frauenzisterzen“). Margit Mersch („Programmatische Ordensarchitektur bei Zisterzienserinnenklöstern“) untersucht dann am Beispiel des westfälischen Zisterzienserinnenklosters Brenkhausen, inwiefern die architektonische Gestalt eines Frauenklosters das Wechselspiel von Orden, Stiftern und Konvent reflektiert. Im Mittelpunkt des Beitrags von Olaf Siart steht dagegen der Kreuzgang des oberfränkischen Zisterzienserinnenklosters Himmelkron mit seiner spätgotischen Bauplastik („Der Kreuzgang als Ort für Liturgie, Fürbitte und adlige Selbstdarstellung im Spiegel seiner künstlerischen Ausstattung: Das Beispiel Himmelkron (Oberfranken)“). Am Beispiel des dort erhaltenen Reliefzyklus’ mit Darstellungen aus der Heilsgeschichte, der Gewölbeengel sowie der im Gewölbe angebrachten weltlichen Heroldsfiguren wird nach den verschiedenen Funktionen des Kreuzgangs in Frauenklöstern gefragt. Björn Statnik widmet sich in seinem Aufsatz den Wandmalereien in der Vorhalle der Marienkirche von Niedernburg/Passau, deren außergewöhnliche Ikonographie bislang nicht mit dem Umstand in Verbindung gebracht wurde, dass die betreffende Kirche als Pfarre dem Frauenstift Niedernburg unterstand („Die Wandmalereien in der Vorhalle der ehemaligen Marien-Pfarrkirche des Passauer Klosters Niedernburg. Eine Umdatierung im historischen und stilistischen Kontext“). Kathryn M. Rudy („How to prepare the bedroom for the bridegroom“) rekonstruiert anhand der Rubriken in einem niederländischen Gebetbuch des frühen 16. Jahrhunderts die Gebetsvorgaben, die eine fromme Frau an einem plastischen Heiliggrab zu befolgen hatte, um dem Auferstandenen möglichst nahe zu sein.

 

Ein letzter Themenkomplex „Doppelklöster“ wendet sich schließlich dem Phänomen der geistigen wie praktischen Zusammenarbeit von Frauen- und Männerkonventen in „Doppelklöstern“ zu. Damit konzentriert er sich auf einen Bereich, der erst in jüngster Zeit intensiver erforscht worden ist. Im Anschluss an die Einführung zeigen Michèle Gaillard und Anne-Marie Hélvetius mittels neuer Datierung des bekannten Liber Memorialis in die 870er Jahre auf, wie sich anhand der Überlieferung ein neues Bild von der Reform des Doppelklosters Remiremont im 8. Jahrhundert manifestierte („Production de textes et réforme d’un monastère double. L’exemple de Remiremont du VIIe au IXe siècle“). Elsanne Gilomen-Schenkel deutet dann den berühmten Straßburger Guta-Sintram-Codex (Straßburg, Bibliothèque du Grand Séminaire, ms. 37) als sprechendes Beispiel des Doppelklosters Marbach/Schwarzenthann, das mit seinen Bildern und Texten nicht nur den Bereich der Memoria, sondern auch den der Privilegierung und der consuetudines berührt („Der Guta-Sintram-Codex als Zeugnis eines Doppelklosters“). Stefanie Seeberg stellt anschließend die Illustrationen zweier Predigthandschriften aus dem Admonter Nonnenkonvent vor und diskutiert an ihrem Beispiel, inwieweit bestimmte Illuminationen Männer- bzw. Frauenkonventen zugeordnet werden können („Spuren der Nonnen in den Illustrationen der Admonter Predigthandschriften“). Mit dem Aufsatz von Edeltraud Klueting zu den „Petersfrauen im Doppelkonvent auf dem Petersberg in Salzburg“ schließt das Buch ab.

 

Der Band „Frauen-Kloster-Kunst“ befasst sich aus verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven mit dem Anteil geistlicher Frauen an der Kunst des Mittelalters, wobei er auch die Intentionen der Künstlerinnen und der Auftraggeberinnen sowie die Rezeptionsstrategien der Nutzerinnen hinterfragt. Insgesamt bietet sich dem Leser so eine Fülle an Informationen rund um die Thematik, wobei der auch optisch anspruchsvoll gestaltete Sammelband einen guten Überblick über den aktuellen Forschungsstand zum Thema gibt.

 

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