Ausstellungsbesprechungen

Jochen Stenschke – Bilder im schwarzen Kasten. Mischanlage, Kokerei Zollverein, Essen, bis 1. November 2009

Die Räumlichkeiten atmen den abraumhaltigen Charme des Ortes, der als Industriedenkmal zum Weltkulturerbe erhoben wurde. Wenn hier ein Künstler von der Konzentriertheit eines Jochen Stenschke die ansonsten kahlen Wände bespielt, ist das ein sinnliches Vergnügen. Als hätten diese regelrecht auf die zarten, allgemeingültigen Linienspiele gewartet, die der Zeichner entwirft. Ein Rückblick von Günter Baumann.

Der im Titel genannte »Schwarze Kasten« ist wohl salopp formuliert jene düstere Ausstellungsarchitektur, wo Stenschke seine Zeichen setzt, die gleichsam eine skripturale Spielwiese, eine künstlerische Lockerungsübung und einen philosophischen Exkurs darstellen. Farbfroh an der Oberfläche, aber in den hintergründigen Seinswelten nicht leicht zugänglich – so präsentiert sich der 1959 in Marl geborene Künstler und fast (seit 2008) frischgebackene Professor in der Mischanlage der Kokerei Zollverein in Essen. Der Reiz seiner Arbeiten besteht aus der Konfrontation geometrischer, quasi-islamischer Ornamentik mit der westlich-konstruierten Kunst. »Die geometrischen Formen symbolisieren die konstruierte, starre Welt«, hat Stenschke bemerkt. »Das Runde auf der anderen Seite stellt die organische, sich bewegende Welt dar«. Zusammen mit der schlichten Größe der Wände nimmt sich die Monumentalität der gelegentlichen Sechsmeterformate fast vornehm zurück. Dafür verstärkt sich die Fragilität der Blätter und Leinwände. So entstehen Seelenlandschaften von suggestiver poetischer Kraft. Dies wird am stärksten deutlich in den reinen Zeichnungen, die das Zeug haben, jede für sich zum Capriccio zu werden. Die Ergebnisse lassen sich am besten als »bestimmte Unbestimmtheit« oder minimalistische Topographien umschreiben. Getragen von philosophischen, gleichsam kulturellen Grundverortungen erweist sich der Künstler als konzeptueller Künstler, der seinen wie zufällig gesetzten Spuren akribisch folgt. Sensationell sind die Durchblicke, die der Kohlenbunker erlaubt, was die Spurensuche auch auf den Betrachter überträgt.

 Weitere Informationen

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen:
Jochen Stenschke. Bilder im schwarzen Kasten. Bielefeld: Kerber, 2009.

 

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