Ausstellungsbesprechungen

John Bock: Filme

Sind wir nicht alle ein bisschen isoschizo? Tritt man durch die Tür, die die freundliche Kartenabreißerin dem Besucher der John Bock-Ausstellung weist, ist man zunächst irritiert: »Hat sie sich vertan, wo bin ich hier gelandet?«, mag man sich angesichts des tristen Bürotrakts, in dem man unvermittelt steht, fragen.

Bei genauerer Betrachtung der für Büros üblichen Metallschildchen neben den Türen stellt sich jedoch schnell heraus, dort sind nicht Namen und Titel von hier arbeitenden Angestellten vermerkt, sondern Erklärungen zu den Kunstwerken, die den Betrachter hinter den Türen erwarten.

 

Auch die über den Türen blinkenden Leuchtkästen zeigen nicht die Nummer desjenigen Amtsbesuchers, der gerade an der Reihe ist, sondern geben die verstrichene Laufzeit der Filme an. Eine gelungene Lösung für das mit Videokunst stets verbundene Problem, wenn man von einem Monitor zum nächsten flaniert, nicht zu wissen, hat der Film soeben begonnen, hat man schon das meiste verpasst, macht es Sinn, an dieser Stelle in die Arbeit einzusteigen. Durch die Leuchtkästen erfasst der Betrachter sehr schnell, wie viel Zeit seit dem Start vergangen ist.

 

Ob diese Information angesichts von John Bocks Arbeiten wirklich wichtig ist, steht auf einem anderen Blatt. Die frühesten gezeigten, nur rund zwei Minuten dauernden Videos aus den Jahren 2001 und 2002 präsentieren sich ohnehin als Endlosschleife, und reihen in sehr schnellen Schnitten absurde Szenen aneinander. Wie in der frühesten Arbeit Toastbrot, Marmelade und weitere Lebensmittel sich selbstständig zu machen scheinen und durchs Zimmer fliegen, mag man sich an die surrealen Home Stories von Anna und Bernhard Blume erinnert fühlen.

 

Auch die späteren, zunehmend längeren Filme weisen nur auf den ersten Blick eine scheinbar logische Handlung auf. Spielorte springen hin und her, die Sprache wechselt zwischen Deutsch, Französisch, Englisch. Die untertitelten Dialoge verwirren mehr, als dass sie zur Klärung des Geschehens beitragen – kauderwelschartige Börsensprache mischt sich mit nicht minder unverständlichen pseudowissenschaftlichen Ausführungen. Allein der speziell für die Ausstellung geschaffene 58-minütige »Palms« (mit Warnhinweis für unter 16-jährige Betrachter), eine Mischung aus Gangsterfilm und Roadmovie, sowie »Dandy« von 2006 erscheinen relativ stringent – doch wie könnte es bei John Bock anders sein, natürlich sind auch hier die Handlungen durch absurde Einschübe gebrochen.

 

Ein Wort dringt in auffällig vielen Filmen ans Ohr: isoschizo. Diese Wortschöpfung setzt sich als perfekte Charakterisierung der Bockschen Atmosphäre fest. Sie zieht sich nicht nur durch die Filmwelten, sondern wird durch die Inszenierung des Bürotrakts bis hin zur flackernden Neonröhre auf die Spitze getrieben. Besucher deutscher Amtsstuben können ein Lied davon singen.

 

 

Öffnungszeiten
Dienstag, Freitag bis Sonnatg 10 - 19 Uhr
Mittwoch und Donnerstag 10 - 22 Uhr

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