Kataloge, Rezensionen

Julia Stoschek Collection. Number Two: Fragile, hrsg. von Julia Stoschek Foundation e. V., Düsseldorf; Hatje Cantz Verlag 2009

»Die Gestalt, die vom bewegten Videobild aufgezeichnet wird, hält nicht die geglückte Übertragung von unbeständiger Körperlichkeit in beständige Form fest. Sie feiert vielmehr die stete Veränderung des Körpers im Bild und als Bild.«*

Der Titel des Kataloges und der gleichnamigen Ausstellung Number Two: Fragile verweist auf das Kriterium bei der Auswahl der gezeigten Videos, Mixed Media Installationen und Fotoarbeiten. Die Fragilität oder, mit anderen Worten, die Unbeständigkeit des zeitlichen Moments, die unmittelbar gebunden ist an die Bewegung des, in diesem Fall, menschlichen Körpers, wird zum Bindeglied der ausgestellten Werke. Dass diese Form der Medienkunst, die den menschlichen Körper zum Gegenstand nimmt, immer auch den Moment des narzisstisch – sexuellen Verständnisses des Künstlerbildes impliziert, wird bei der Betrachtung des Kataloges evident.

In alphabetischer Reihenfolge listet der Katalog die ausgestellten Künstler und ihre Werke auf. Nach Künstler und Titel der Arbeit folgen eine Abbildung der Anordnung der jeweiligen Arbeit in der Ausstellung und farbige Großaufnahmen der entnommenen Filmstills beziehungsweise der Details einer Arbeit. Zusätzlich gibt es zu jedem Künstler einen einseitigen Kurztext, sodass sich der Katalog wie ein bebildertes Lexikon durchblättern lässt.

Die Abbildungen der meist abfotografierten Filmstills zeigen körnige, leicht unscharfe Bilder, die in der Darstellung der Werke als Bild im Katalog die Frage nach der Fragilität des bewegten Bildmediums Video aufwerfen.
Der Katalog und die Ausstellung zeigen einen umfangreichen Querschnitt wichtiger Positionen der älteren und neueren Videokunst. Zu den wichtigsten Positionen zählen unter anderem die Werke Art Make-Up No. 1-4 von Bruce Nauman (1967-68), The Onion von Marina Abramović (1996) und die Dokumentation der Performance Shoot von Chris Burden (1971), in der Burden sich im F Space der Santa Ana Gallery (Californien) von einem Freund in den Arm schießen lässt und somit auf radikale Weise die Ausweitung der Kunst am eigenen Körper erprobt.

Fragilität als Thema der zweiten Ausstellung der Stoschek Collection scheint als Oberbegriff für die Arbeiten von Nathalie Djurberg und Mika Rottenberg als allzu fragile Konstruktion. Die Präsentation der Arbeiten beider Künstler im Katalog verfolgt da schon eher eine unterstützende Strategie: die Filmstills aus Rottenbergs Arbeit Cheese werden ganzseitig auf zwei Seiten, die vier verschiedene Stills zeigen, präsentiert. Derselbe Ausschnitt des Videos, der eine in amerikanischen Verhältnissen gerechnet voluminöse Arbeiterin in Kittelschürze zeigt, die eingekerkert in einem Raum von gefühlten 3 qm Fläche mit, wörtlich verstanden, Schweiß und Tränen Teig am laufenden Band produziert, begegnet auch dem Besucher der Ausstellung.

Ähnlich verweist das Fragment der vergrößerten, ganzseitig präsentierten Detailaufnahme aus Djurbergs It´s the mother auf die stockende Bewegung ihrer Stop-Motion Videos. Die Vergrößerung dieses Stills zeigt zudem die Distanz zwischen dem Betrachter und der formal-ästhetischen Gestaltung von Djurbergs Grotesken auf.

Bedenkt man bei der Betrachtung des Kataloges die Sounduntermalung der Arbeiten Djurbergs, sowie der übrigen Werke der anderen Künstler, wird der dokumentarische Charakter des Kataloges deutlich und der Reiz, die Ausstellung zu besuchen, um den Werken direkt gegenüber zu stehen, umso größer.
Der Katalog zeigt eine übersichtliche und veranschaulichende Sicht auf die Künstler und die Werke der zweiten Ausstellung in der Stoschek Collection und glänzt nicht nur durch die umfangreichen Abbildungen und Informationen, sondern ebenfalls durch die stilvolle Gestaltung.

* zitiert aus: Julia Stoschek Collection. Number Two: Fragile, hrsg. von  Julia Stoschek Foundation e. V., Düsseldorf, Ostfildern 2009.

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