Ausstellungsbesprechungen

Karl Hofer – Das Frauenbild

Richtig angekommen ist Karl Hofer (1878–1955) nie, meint man – tauchten seine Werke irgendwo in Gruppenausstellungen auf, wirkten sie meist wie Fremdkörper: zu wenig abstrakt, zu wenig gegenständlich. Waren es womöglich die Augen, diese irgendwie ausgesparten Augen, die Hofers Gestalten so fremd wirken lassen?

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Karl Hofer: Die törichten Jungfrauen, 1935, © VG Bild-Kunst, Bonn 2008

»Sie werden nie Fingernägel oder Augenwimpern auf meinen Tafeln finden…, denn es ist wichtiger, dass ein Rumpf richtig von den Beinen getragen wird, als dass man vom Auge überhaupt etwas sieht. Außerdem gibt es in der Malerei noch viel qewichtigere Sachen, als dass ein Rumpf richtig auf den Beinen sitzt, das sind all die Sachen, die überhaupt nur wenige sehen und beurteilen können, denn man kann sie nicht mehr erfahrungs- und verstandesgemäß mit der Natur vergleichen.« (Hofer/Reinhart, Ein Briefwechsel in Auswahl, Berlin 1989) 

Richtig angekommen ist Karl Hofer (1878–1955) nie, meint man – tauchten seine Werke irgendwo in Gruppenausstellungen auf, wirkten sie meist wie Fremdkörper: zu wenig abstrakt, zu wenig gegenständlich. Waren es womöglich die Augen, diese irgendwie ausgesparten Augen, die Hofers Gestalten so fremd wirken lassen? Auf der einen Seite – oder besser gesagt: Von der einen Seite aus betrachtet – überlagern die tiefen dunklen Höhlen als schwarze Leerformen die Figur drum herum; von der anderen Seite aus ergänzt das Betrachterauge den nicht vorhandenen Blick der Abstraktion zur Vollfigur.

 

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Karl Hofers Arbeiten sind locker gefügt und streng aufgebaut zugleich, sie sind in dunklen Zeiten heiter und im zeitlosen Dasein melancholisch. Da ist keine Alltagsglätte und doch eine unglaubliche Einfachheit, die den empfindsamen Menschen dazu drängen, jenen Fremdlingen sich anzunähern – »empfindsam« deshalb, weil man sich Hofers Figuren nicht auf die Schnelle, nicht so nebenbei aneignen sollte, dass man an der Oberfläche stecken bleibt und sich die Tiefe verscherzt.  

»Die Frauen …, die Mädchen und Jünglinge, die Badenden, die Paare – sie alle leben in einer enthobenen Existenz, in einer eigenen stillen Menschlichkeit, und gerade das ist es, was uns berührt.« (Kurt Martin)

Der Schönheitsbegriff Karl Hofers ist fast klassisch zu nennen, kommt ohne Umwege auf uns zu (was noch ein Indiz ist, dass die Fremdheit der Figuren demonstriert wird und zugleich überwunden werden will), dass man im 20. Jahrhundert oft irritiert reagiert hat. Vielleicht ist er dem 21. Jahrhundert gemäßer, und das wäre ein Grund zur Hoffnung, dass der Maler Karl Hofer ernster genommen wird als in den vergangenen Jahrzehnten. In Ettlingen werden Arbeiten gezeigt, die nicht nur Hofer gebührend würdigen, sondern mit dem Teilaspekt seiner Frauenbilder zeigen, dass die schönsten Melodien auch aus der Stille heraus klingen können. Beeinflusst war er gleichermaßen von der Kunst, die er in Paris vorfand, wie von der indischen Bilderwelt, die er auf Reisen kennen lernte. Mag sein, dass der Künstler nie modern war – er hielt es sogar für mutig, unmodern zu sein - in der Ausstellung wird man gewahr, dass er an der Moderne sozusagen vorbei in die Gegenwart gelangte und mit Recht – wie es das Begleitheft andeutet – neben den Einzelpersönlichkeiten Max Beckmann und Oskar Kokoschka genannt werden darf.

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