Buchrezensionen

Karsten, Arne: Bernini. Der Schöpfer des barocken Rom. Leben und Werk, C.H. Beck 2006.

Über 82 Jahre spannte sich die Lebenszeit des römischen Bildhauers und Architekten Gianlorenzo Bernini. Er ist als »Schöpfer des Barocken Rom« im Gedächtnis eines breiten Publikums verankert geblieben.

Bis heute ziehen Betrachtermassen durch Rom, entlang an den erhaltenen Werken des Künstlers: Sie sammeln sich rund um Berninis Vierströmebrunnen auf der Piazza Navona, sie passieren Berninis »Apoll und Daphne« in der Villa Borghese und sie verweilen  zwischen Berninis Kolonnaden auf dem Petersplatz.

Mit vergleichbarer Neugier und ähnlichem Laufschritt zeichnet Arne Karsten auf das Lebhafteste die so umfangreiche Vita Berninis in engster Verflechtung mit den politischen Karrieren und persönlichen Dramen seiner Auftraggeber nach.

Das Ergebnis ist eine Sammlung von Details, eine Passage zwischen Leidenschaften und Intrigen, eine kurzweilige Visualisierung des flüchtigen Kontextes, dem die vertrauten Skulpturen Berninis entsprangen.

Das Leben Berninis ist nicht zuletzt durch drei zeitgenössische Biografen in herausragender Detailfülle bekannt: Der Sohn Domenico, der Florentiner Historiograf Baldinucci und der Reisegefährte Chantelou hinterließen farbenfreudige Schilderungen, die manch topische Charakterisierung enthalten. Aus diesen schöpft auch die vorliegende Biografie.

Geboren als Sohn eines Bildhauers, begraben unter größter Anteilnahme und doch gemäß den bescheidenen, bürgerlichen Traditionen – zwischen diesen Eckpunkten spannt sich die chronologisch erzählte Vita des Künstlers. Sie ist reich an kriminologisch und romantisch wertvollen Facetten, die das vorliegende Buch mit Freude aufleben lässt. Die Liebe zu der Römerin Costanza Bonarelli, die Konkurrenz zu dem Architekten Francesco Borromini und die Zwistigkeiten mit den Mitgliedern des französischen Hofs bieten dem Autor Gelegenheit zu einer pointierten Charakterisierung des Künstlers.

Die künstlerische Produktivität wird in Intervallen zwischen den zahlreichen Sedisvakanzen, deren Zeuge Gianlorenzo Bernini im Laufe seines langen Lebens wurde, eingebettet. Die Konklaven sind wie Punkte der Peripetie aneinandergereiht. Interessenkonflikte der einflussreichen Familien bedingten den Ausgang der Papstwahlen und ihre Folgen, und nicht immer waren diese für Bernini günstig. Doch immer wieder überantworteten Päpste und Nepoten Bernini Aufträge für Plastiken, Büsten, Brunnen und Architekturen. Die mythologischen Gruppen für Kardinal Scipione Borghese,  die architektonischen Eingriffe in Sankt Peter unter Urban VIII Barberini, eine Neukonzipierung des Petersplatzes unter Alexander VII Chigi, die Arbeit an der Engelsbrücke unter Cemens IX Rospigliosi: diese und weitere Höhepunkte des römischen Wirkens Berninis begleiten die Lektüre.

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Rastlos, flink und gelegentlich etwas überbordend wie die im Text transportierte Vorstellung von den Zeitgenossen Berninis ist auch die Sprache des Buches. Die vom Titel — »Bernini Der Schöpfer des barocken Rom. Leben und Werk« — geweckte Erwartung, mit diesem Buch knapp 300 Seiten Aufschluss über den Künstler Bernini in den Händen zu halten, wird nicht ganz erfüllt. Etwa die Hälfte des Bandes ist dem kulturellen Kontext und den Persönlichkeiten der Auftraggeber gewidmet. Diese Gewichtung reflektiert ein bereits durch vorhergehende Publikationen ausgewiesenes Interesse des Autors. Die bildhauerischen Werke des »Schöpfers« selbst werden weniger fokussiert, vielmehr sind es Begebenheiten rund um seine Arbeit und aus seinem privaten Leben, die nacherzählt werden. 

Im Kontext des Buchmarktes füllt diese Publikation eine Lücke: die eines deutschsprachigen, handlichen Bandes, der auf aktuellem Stand in das Leben Berninis einführt. Weniger den kunsthistorisch versierten, als den von einem facettenreichen Blick in historische Epochen begeisterten Leser wird dieses Buch zu begeistern wissen. Nicht als fundierter Einstieg für den Berniniforscher, sondern als unterhaltsame Hintergrundlektüre für den Romreisenden, gelangt es an sein Ziel.

 

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