Ausstellungsbesprechungen

Katzen in der Kunst: Auf leisen Pfoten

So viele Katzen standen wohl noch nie im Dienst der Kunst. Mit über 400 Gemälden, Grafiken, Comics, Plastiken, Fotos und Videoaufnahmen geht die Städtische Galerie in Karlsruhe dem Wesen der samtpfotigen, schnurrend-verschmusten oder kratzwütig-verschlagenen Vierbeiner auf den Grund. Was wir tatsächlich sehen, ist ein so bedenkenswerter wie unterhaltsamer motivgeschichtlicher Seitenpfad in der Kunst der letzten 200 Jahre, über Epochen, Stile und -ismen hinweg.

Allerdings bleibt dabei die Erkenntnis auf der Strecke, das heißt: Das eigenwillige Katzenvieh bleibt auch weiterhin geheimnisvoll und wird wohl auch noch die Fantasie der nächsten Jahrhunderte beflügeln.

 

Seit dem 18. Jahrhundert haben sich die Stubentiger zu einem immer beliebteren Motiv in der Kunstgeschichte gemausert — vom alten Ägypten mal abgesehen. Da mag der Hund der beste Freund des Menschen sein, wie es heißt, aber der egozentrische Charakter wird der Katze zugeschrieben – weshalb in der Kunst dem Hund meist eine Nebenrolle zukommt, die Katze aber durchaus eine Hauptrolle einnimmt, wenn sie nicht sogar zum alleinigen Protagonisten auserkoren wird: Dies brachte sogar spezialisierte Katzenmaler hervor wie Julius Adam, Gottfried Mind oder Henriette Ronner-Knip, die gleich mit dem Sujet ein Loblied auf die heile Welt sangen. Aber es wäre in Karlsruhe keine Mega-Schau, wenn sich die Künstlerliste nicht wie ein »Who is Who« in der Kunst lesen ließe. In die Starparade gehen ganz vorne mit: Max Beckmann, Heinrich Campendonk, Heinrich Maria Davringhausen, HAP Grieshaber, Ernst Ludwig Kirchner, Paul Klee, August Macke, Franz Marc, Francis Picabia, Félix Vallotton, um nur eine kleine Auslese aufzulisten.

 

Die Satire – samt Comic – darf freilich nicht fehlen, hat die Katze doch einen überraschend stabilen Platz in der Unterhaltungsbranche: Crumb, Disney, Feininger, Gernhardt, Searle, Spiegelman, Ungerer, Waechter sind dabei – die legendären Tierpaare Tom und Jerry oder Tweety und Sylvester sowie Volker Reiches »Welt des Herrn Paul« nicht zu vergessen. Einen besonderen Genuss bereitet hier Ernst Kahl.

 

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Da kommt der Hund nicht mit. Denn die Stellvertreterfunktion der Katze für Abweisung oder Abwehr, Geheimniskrämerei, für Seelentrost und für Erotik hat eine solche Bandbreite, dass man sich fragt, warum nicht schon früher ein Museum eine »Katzenretrospektive« organisiert hat – allein die Galerie Bayer in Bietigheim-Bissingen widmete sich 2003 dem »Felix« unter den Tieren. Da mag man verzeihen, dass neben dem naiven Ivan Generalic der Zöllner Rousseau fehlt, wie auch Vladimir Jakovlev und Fritz Melis nicht vertreten sind, dass Picasso statt seiner aggressiven Vogelfresser aus den späten 30er Jahren nur mit zweiter Wahl und Arroyo nicht mit der besten Arbeit aus seiner »Platon«-Serie präsent werden. Nur vom feinsten sind dagegen die Beispiele aus der Fotografie — mit grandiosen Aufnahmen der Porträtfotografin Isolde Ohlbaum — und aus der Plastik, die neben den obligatorischen Sitz- und Schleichkatzen überraschend Witziges (Hans Wimmer) und mit der Häkelarbeit »Accident 5« von Patricia Waller auch Tragisches aufzuweisen hat.

 

Im vorzüglichen Katalog mit grandioser Bildqualität sind zwar aus Umfanggründen und zugunsten ganzseitiger Darstellungen nicht alle Exponate abgebildet Die Auswahl gewährt aber einen guten Überblick über alle Motivgruppen.


 

Öffnungszeiten

Mi–So 10–18 Uhr

 

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