Buchrezensionen

Klaus Albrecht Schröder, Cornelia Reiter (Hg.): Welten der Romantik, Hatje Cantz 2015

Die Romantik ist und bleibt wohl auch noch auf lange Zeit eine der faszinierendsten Epochen der Kunstgeschichte. Ob C.F. Friedrich oder P.O. Runge – ihre Künstler sind stets in aller Munde. Selbst die sogenannte »dunkle« Romantik kann ihre Attraktivität kaum verbergen. Der Katalog zur gleichnamigen Ausstellung bietet ein Panorama der Kunstepoche und Einblicke in die wichtigsten Entwickungen der Kunst. Andreas Maurer hat ihn gelesen.

Bis heute haben die Epoche der Romantik und ihre umfassenden Weltanschauungen nichts an Faszination verloren. Mittels Gefühl suchten die Romantiker nach Dingen hinter der sichtbaren Welt, die sich einer rationalen Betrachtung entzogen. Wo die Sprache der Philosophie in ihren Darstellungsmöglichkeiten scheiterte, wurde ein neues Instrument auf den Plan gerufen um diesen Fragen der Erkenntnis nachzugehen – die Kunst. In Wien, einem der Geburtsorte dieser bedeutenden Kunstströmung, zeigt nun die Albertina eine Ausstellung mit rund 160 Werken ihrer wichtigsten Vertreter. Von Anfang an war die Schau als Kooperation mit dem Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste geplant, wobei den Anstoß dazu Cornelia Reiter, langjährige Mitarbeiterin und Leiterin des Kupferstichkabinetts und eine der international renommiertesten Kennerinnen der Kunst jener Epoche, gab. Durch ihren frühen und unerwarteten Tod noch während ihrer Arbeit an der Schau, konnte diese aber nicht mehr gemeinsam vollendet werden – Ausstellung und Publikation sind nun ihrem Andenken gewidmet.

Der Katalog präsentiert sich dabei gleich einem Reiseführer in diese vergangenen romantischen Welten, durch dessen Seiten zwei Strömungen lenken: Zum einen die auf Caspar David Friedrich und Philipp Otto Runge gründende norddeutsche, protestantische Ausprägung, zum anderen die in Wien ihren Anfang nehmende, katholische Romantik, wie sie sich mit den Lukasbrüdern und den bald nach Rom weiterziehenden Nazarenern zeigt.

Für Aufsehen sorgen in dieser Publikation aber nicht nur die vielen wunderschönen großformatigen und gestochen scharfen Abbildungen, sondern auch die wissenschaftlichen Essays namhafter Autoren: Christian Scholl etwa widmet sich der Gegenüberstellung von katholischer und protestantischer Romantik, gefolgt von Nico Kirchbergers Aufsatz zur im europäischen Kontext gesehenen »Nachtseite« der Romantik, mit Johann Heinrich Füssli und Francisco de Goya als abgründige Vorboten einer immerwährenden Suche – etwa nach dem Dämonischen. Das Frauenbild der Romantik wird liebevoll von Holger Birkholz betrachtet und Werner Telesko wirft Licht ins Dunkel um die Entstehung des Habsburg–Mythos innerhalb der Wiener Romantik.

Die Aufsätze beschäftigen sich zudem mit der Arabeske und der Pflanzenstudie, der Verklärung der deutschen Vergangenheit, dem »Gotikbild«, der Rezeption altgermanischer Sagenstoffe, der Kunsterneuerung nach Raffael und Dürer, dem romantischen Freundschaftsbild oder auch der symbolhaften Behandlung des Lichts. Als Folge dessen werden auch die im Katalogteil der Publikation befindlichen abgebildeten Exponate nicht einzeln vorgestellt, sondern zu neuen übergeordneten »Themengruppen« zusammengefasst – etwa mit Titeln wie »der keusche Akt«, »die Entdeckung der österreichischen Landschaft« oder »das Urbild der Pflanze«. Die einzelnen Gemälde und Grafiken sind dabei zwar mit Titeln und Angaben versehen, den verschiedenen Gruppen sind allerdings jeweils einführende Kurzaufsätze vorangestellt, deren Texte allesamt von Peter Prange verfasst wurden, und so die »Romantisierung der Welt« auch für die/den weniger kunsthistorisch geschulte/n Leserin/Leser begreiflicher machen.

Der überwiegende Teil der bedeutenden Exponate stammt zwar aus den Beständen der Albertina und des Kupferstichkabinetts, jedoch konnten dazu auch wichtige Leihgaben aus internationalen Sammlungen gewonnen werden. Natürlich finden sich in den Räumen des Wiener Hauses und im Katalog auch jene Ikonen der Malerei der Romantik von Caspar David Friedrich über Karl Blechen bis Francisco de Goya. Aber Besucher wie Leser werden zudem von einigen selten publizierten Exponaten überrascht – darunter sei unbedingt der kleinformatige späte Zyklus von sechs Sepiazeichnungen aus dem Oeuvre Caspar David Friedrichs erwähnt.

Die zahlreichen Meisterwerke zeigen ein vielschichtiges Bild der Epoche. Auf eindrucksvolle Weise illustrieren sie die romantische Suche nach dem Transzendenten in Mensch und Natur und manifestieren einmal mehr den zentralen Anspruch der Künstler der Romantik – den Versuch die Welt von ihrer durch Kirche, Staat, Philosophie und Ästhetik gesetzten Grenzen zu befreien, und stattdessen die Versöhnung von Mensch, Natur und Gott zu propagieren. Begleitet werden die Essays und Texte, wie man es von der Albertina auch nicht anders gewohnt ist, von zahlreichen weiterführenden Querverweisen. Des Weiteren findet sich am Ende der Publikation eine bereichernde Bibliographie wie auch eine Auflistung aller Exponate der Ausstellung, geordnet nach ihren jeweiligen Schöpfern.

Damit das Haus der Albertina aber diese und andere aufwändige Ausstellungen auf dem gewohnt hohen Niveau präsentieren und die nie gezeigten Exponate während der Ausstellung von Restauratoren und Experten betreuen lassen kann, wurden auf der Homepage diesmal die BesucherInnen gebeten dieses Stück Sammlungsgeschichte mittels einer kleinen Spende zu unterstützen. Eine Art »Museums–Crowdfunding«, welches dazu beitragen soll, das bunte Fenster in die romantischen Welten der Vergangenheit nicht nur aufzustoßen, sondern dessen Flügel Stück um Stück weiter zu öffnen.

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