Ausstellungsbesprechungen

Kleiner Winterrundgang der SpinnereiGalerien in Leipzig, 16. Januar 2010

In das neue Ausstellungsjahr startete die Leipziger Baumwollspinnerei am 16. Januar mit einem Rundgang, den die Frankfurter Allgemeine Zeitung euphorisch als den „Besten seiner Art“ lobte (FAZ, 23. Januar 2010). Animiert durch die positive Reaktion der FAZ und neugierig auf die „Neue Leipziger Schule“ zieht es den Besucher in die Spinnerei-Galerien. In großer Erwartung eines besonderen Kunsterlebnisses verlässt jener jedoch eher ernüchtert das Ausstellungsareal. Noch bis Mitte Februar und teilweise darüber hinaus sind die Ausstellungen zu besichtigen. Jasmin Kleingärtner ist für PKG dort gewesen.

Das Gelände der ehemaligen Baumwollspinnerei beherbegt zahlreiche Ateliers, Werkstätten, Firmen sowie Galerien und wirkt mit seinem Café in familiärer Atmosphäre und dem ansässigen Großhandel für Künstlerbedarf Boesner wie ein abgeschlossenes Künstlerparadies. Gewiss behält der Besucher dieses Bild eines von klirrender Kälte bestimmten Januartages, an dem sich kaum ein Kunstinteressierter nach Plagwitz hinauswagte,  im Gedächtnis. Lediglich eine ältere Dame begab sich auf die wackere Suche nach „den Töpfern“, über deren Verbleib sie wiederholt Erkundigungen einholte. In mäßiger Geschwindigkeit verschwanden Keilrahmen in einem weißen Kombi, der kurz darauf vorbei an „Grüni\'s Pizzamobil“ wieder aus der Spinnerei-Einfahrt rollte. In den Eingangsbereichen der Galerien blätterten junge Mitarbeiter angestrengt in Unterlagen und Katalogen oder rutschten stumm verpacktes Bildmaterial an einer Wand hin und her.

Die Spinnerei erwacht also nur langsam aus dem Winterschlaf, was zur großen Freude jenes Kunstgenießers werden könnte, der gewillt ist, sich ungestört ausgiebigen Betrachtungen zu widmen. Doch reichlich ungeeignet für diese Art des hingebungsvollen Rezipierens erweisen sich die meisten Exponate.

Die Filipp Rosbach Galerie präsentiert informelle Malerei von Arnd Kaestner und wenig eindrucksvolle malerische Variationen zum Thema „Refugium“ von Thomas Flemming. Unterhaltsam ist dagegen der letzte Ausstellungsraum der Galerie, in dem sich scheinbar konzeptlos unterschiedliche Gemälde mehrerer Künstler finden. Das Kaleidoskop der lagerartigen Hängung lädt ein zum Verweilen und optischen Flanieren.

In der Galerie Kleindienst stellt die Fotografin Claudia Angelmaier aus, die ein Meisterschülerstudium bei Timm Rautert an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig absolvierte. Neun Fotografien von Kunstpostkartenrückseiten lassen durch eine spezielle Beleuchtung das jeweilige Kartenmotiv, das auf die Größe der Originalmalerei hochgezogen wurde, durchscheinen. Die Serie ist thematisch dem Rückenakt in der Kunstgeschichte gewidmet und steigert die Sehnsucht, die zitierten Originale, wie zum Beispiel Gerhard Richters „Betty“ oder Velasquez\' berühmten Frauenakt, zu studieren.

In der Galerie Dogenhaus sind kleinformatige Fotos von Vogelschwarm und Badeurlaub neben Videokunst und monochromer Malerei zu sehen, von denen jedoch keine faszinierende oder überraschende Wirkung ausgeht.

Eine kleine Erheiterung verschafft der Anblick witziger, von Humboldtschen Reiseberichten und Tierbeschreibungen inspirierter Tuschezeichnungen Sebastian Burgers, einem jungen Maler und Neo-Rauch-Schüler, in der Maerzgalerie. Der lockere Pinselstrich sowie die phantasiereiche Motivik ziehen den Betrachter über einen längeren Zeitraum in ihren Bann. Daneben präsentiert die Maerzgalerie Malerei und Lichtinstallationen von der Rauch-Schülerin Heide Nord, deren kleinformatige Portraitserie in ihrer anatomischen Unsicherheit leider wenig reizvoll wirkt.

Farbintensiv und kompositorisch überzeugend präsentieren sich die etwa 100 x 200 cm großen Ölbilder des ungarischen Malers Akos Birkas. Vor allem amerikanische und chinesische Pressefotos liegen seiner Malerei zu Grunde, die sich durch eine stark überhöhte, neonhafte Farbigkeit, aber auch durch eine flächige Malweise auszeichnet. Die fehlende künstlerische Handschrift dieser fotografischen Realistik und die dadurch bewirkte Sterilität der Wirkung geben allerdings Rätsel auf und lassen die Werke merkwürdig floskelhaft erscheinen.

Viele der Spinnerei-Galeristen bieten gutes Informationsmaterial zu ihren Künstlern und stehen geduldig für Gespräche zur Verfügung. Besonders angenehm behandelt das freundliche Personal der Maerzgalerie die Interessierten, während es bei manch anderen Ausstellern noch an einer zuvorkommenden Informationsvermittlung mangelt.

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