Ausstellungsbesprechungen

KölnSkulptur #6, Skulpturenpark Köln, bis Mai 2013

Kunst und Picknick - der Kölner Skulpturenpark vereint das Spannungsfeld von einer intellektuell-ästhetischen Weltsicht der Kunst und der freizeitlichen Entspannung im Park. Günter Baumann hat sich die mittlerweile sechste Ausstelung von KölnSkulptur angesehen.

Zum sechsten Mal zeigt der Skulpturenpark in Köln seine im Zweijahresrhythmus wechselnde Sammlung zeitgenössischer Plastiken – da etliche Exponate schon seit Jahren zu den Gästen gehören, kann man wohl genauer von einer Neuauflage sprechen, wobei diesmal wirklich die Betonung auf »neu« liegt, denn mit einer komplett umgekrempelten Inszenierung samt dem erstmals angestrebten Gesamtbild vom Park beginnt ein neues Kapitel in der Präsentation von Plastiken innerhalb einer künstlich angelegten Landschaft. Skulpturengärten genießen seit einiger Zeit eine wachsende Aufmerksamkeit, doch das Kölner Beispiel hat schon einen hohen Stellenwert. Das war nicht immer so, schlimmer noch: Dieser etwas am Rand der Kölner Innenstadt an einer breit befahrenen Straße gelegene Park drohte zur künstlerisch ambitionierten und öffentlich zugänglichen, aber lieblos gepflegten und daher nur noch wenig frequentierten Naherholungsecke zu werden. Heute ist der Park erweitert und lädt die Besucher zum intellektuellen Gang durch ein Stück Kunstgeschichte ein. Erklärtes Ziel ist es, sich selbst – nach fünf Präsentationen – neu zu erfinden.

Das Gelände umfasst knapp über 40 Plastiken, die sich entweder schrillbunt in die Blickbahn stellen (Jorge Pardo, Tomatensuppe) oder sich im Verborgenen halten (Leiko Ikemura, Katzenmädchen mit rhein-Blick), die als Kunstwerke erst auf den zweiten Blick erkennbar werden (Sofia Hultén, On a Fixed Centre; Mandla Reuter, Der Park) oder eine außerordentliche Grandezza entfalten (Sou Fujimoto, Garden Gallery). Gerade Fujimotos offene Architektur spielt mit der Park-Idee und ist zudem ein Dreh- und Angelpunkt der gesamten Gartenkomposition, in der kaum ein Werk nur für sich steht – dialogische Umgangsformen pflegen die meisten Stücke oder sie meiden sich beziehungsreich. Ganz von allein hat sich die neuerdachte Parkidee nicht ergeben: Der Kunstsammler Boris Stoffel, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Skulpturenpark Köln, fing sich 2009 einen Rüffel des Kunstgurus Kasper König ein, der eine neue »starke Handschrift« forderte, »die Beliebigkeit muss aufhören, wenn Sie hier eine Zukunft haben wollen«. In Friedrich Meschede war daraufhin rasch ein Kurator gefunden, der die »KölnSkulptur« von der ersten Stunde an kennt und als Rückriem-Kenner das Rüstzeug mitbrachte, um souverän mit einer so durchdachten wie lockeren Platzierung, wie sie nun im Park zu sehen ist, einen Kunstraum mit Zukunftsperspektive zu gestalten: Dessen Protagonisten agieren für sich genauso souverän, wie sie im Zusammenspiel des Gesamtensembles miteinander in Einklang sind. Letzteres trifft vor allem für die Werke im Umfeld Fujimoto-Pavillons zu (innen: Hubert Kiecol, Rheinwein, u.a.; außerhalb: Rosemarie Trockel, L’Arc de Triomphe) sowie für die sogenannte »Kölner Reihe«, ein größenmäßig von Florian Slotawa geordnetes Defilee von fünf Werken (von Joel Shapiro, Martin Willing, Mark di Suvero, Günther Förg, Tobias Rehberger, Anish Kapoor und James Lee Byars). Highlights sind – vor allem aufgrund der spektakulär in einer Grube tiefergelegten Position – das Unfallauto von Dirk Skreber, eine vielschichtig-unaufgeregte Arbeit aus ungebranntem Ton von Katinka Bock sowie Werke von Ulrich Rückriem, Dauergäste des Parks, die so zeitlos gültig sind wie eh und je.

Die teilnehmenden Künstler sind – außer den genannten –:Martin Boyce, Tony Cragg, Jimmie Durham, Bogomir Ecker, Peter Fischli / David Weiss, Barry Flanagan, Roland Gätzschmann, Dan Graham, Olaf Holzapfel, Jenny Holzer, Jörg Immendorff, Peter Kamm, Stefan Kern, Thomas Kiesewetter, Jorge Pardo, Manfred Pernice, Michael Sailstorfer, Thomas Schütte, Andreas Slominski, Mauro Staccioli, Paul Suter, Benedikt Terwiel, Simon Ungers, Bernar Venet, Bernard Voïta, Johannes Wald, Paul Wallach, Jochen Weber, Martin Willing, Heimo Zobernig.

Im Verlag der Buchhandlung Walther König ist ein Katalog erschienen (hrsg. von Friedrich Meschede und der Stiftung Skulpturenpark Köln; ISBN 978-3-86560-998-4), der sich im Format und in der essayistischen Konzeption von seinen Vorgängerbänden unterscheidet, die großformatig die einzelnen Exponate vorstellten – nicht ohne Wiederholungen.


Im städtischen Raum sind Skulpturenparks naturgemäß selten oder auf wenige Arbeiten beschränkt, während sie in den regionalen Räumen freilich je nach Sammlerlaune breite Ausdehnung finden. Der Kölner Park ist da schon außergewöhnlich. Vergleichbar ist die zweijährlich stattfindende »Artzuid« in Amsterdam, die in diesem Jahr zum zweiten Mal präsentiert wurde – leider währt diese Skulpturenschau jeweils nur einen Sommer lang. Statt einen Park nutzt die niederländische Hauptstadt den primären Stadtraum, sprich: südlich der Innenstadt fand man auf den Grünstreifen der Apollolaan, Minervalaan und der Südachse rund 50 Plastiken, die zum Teil gigantische Ausmaße hatten – etwa die riesige Bronzeschildkröte von Jan Fabre (310 x 525 x 715 cm), die mit Thomas Morus‘ Utopia-Mythos spielt, oder Jean Tinguelys Heureka-Arbeit aus Eisen (780 x 660 x 410 cm). Die Initiative für das Plastik-Projekt geht auf Cinthia van Heeswijck zurück, die sich 2008 vornahm, den 100 Jahre alten Plan-Süd des bekannten Architekten H. P. Berlage durch eine kostenfrei zugängliche Skulpturenroute zu adeln. »Artzuid 2009«, die 90000 Besucher angezogen hatte, erhielt auch prompt den bildungspolitischen Europa Nostra Award. Gegenüber dieser schon bahnbrechenden Vermittlung von Kunst macht sich der Kölner Park fast bescheiden aus. Das mag auch daran liegen, dass dort zwar eine beachtliche, aber doch recht vertraute Auswahl (mit alle Jahre wiederkommenden Positionen) zur Schau gestellt wird: In Amsterdam mischt sich unter so manche schon geschichtlichen und zeitgenössischen Starkünstler (etwa Karel Appel, Hans Arp, Stephan Balkenhol, Anthony Caro, Sandro Chia, Corneille, Jean Dubuffet, Silvie Fleury, Antony Gormley, Georg Herold, Dennis Oppenheim, Jaume Plensa, Niki de Saint Phalle, Auke de Vries) auch internationale, nichtwestliche Bildhauer mischen, die zu Entdeckungen einladen – sie kommen aus Ghana und Südafrika, Brasilien, Curacao und Surinam sowie aus Indien und Indonesien. Nun darf man gespannt sein, ob es 2013 zu einer Neuauflage dieser grandiosen Skulpturenschau kommen wird. Auch zu den beiden Artzuid-Ausstellungen sind Kataloge erschienen (Kontakt und Informationen unter www.artzuid.nl).

Öffnungszeiten & Preise
Eintritt ist kostenlos; täglich geöffnet in der Zeit von Oktober - März 10:30 – 17 Uhr, April bis September 10.30 – 19 Uhr

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