Ausgehend vom wandelbaren Retabel des Prämonstratenserinnenklosters Altenberg an der Lahn betrachtet das Kolloquium in siebzehn Fachvorträgen die Rolle von Hochaltarbildern im Mittelalter. Dem Altenberger Retabel werden dabei verschiedene Fallbeispiele gegenübergestellt.
Das Kernstück der frühen Ausstattung der zwischen 1260 und 1270 errichteten Kirche des Prämonstratenserinnenklosters in Altenberg an der Lahn war das wandelbare Retabel, das seit etwa 1330 den Hauptaltar schmückte. Seine Flügel sind seit 1925 im Städel beheimatet und gehören zum herausragenden Bestand der frühen deutschen Malerei des Museums. 2014 konnte der zugehörige Schreinkasten aus Schloss Braunfels als Leihgabe ins Städel gebracht werden, wo er seitdem untersucht und ab Oktober 2015 in der Jubiläumsausstellung „Dialog der Meisterwerke“ zusammen mit der Schreinmadonna aus Privatbesitz präsentiert werden wird.
Anlässlich dieser bedeutsamen Zusammenführung, aber auch anknüpfend an die Ergebnisse der Habilitationsschrift von Stefanie Seeberg zum Ensemble der Altenberger Hochaltarausstattung und der jüngsten Entdeckung einer ursprünglichen Seiten- und Rückwandbemalung des Schreinkastens widmet das Städelsche Kunstinstitut sein diesjähriges Passavant-Kolloquium dem mittelalterlichen nordalpinen Hochaltarbild und veranstaltet am 13. und 14. November 2015 eine Fachtagung unter dem Titel „Aus der Nähe betrachtet. Bilder am Hochaltar und ihre Funktionen im Mittelalter“.
Der Fokus soll auf Bildern und Inschriften am Hochaltar liegen, die – wie die neuen Funde am Altenberger Retabel nahelegen – offensichtlich dafür konzipiert waren, bei näherem Herantreten oder Umschreiten des Altares betrachtet beziehungsweise gelesen zu werden. So stellen sich Fragen zur Zugänglichkeit des Chor- und Altarbereichs, zur zeitgenössischen, Gattungsgrenzen überschreitenden Rezeption, insbesondere bemalter Retabelrückseiten. Die Ergebnisse des Kolloquiums werden unmittelbar für die Ausstellung „Schaufenster des Himmels. Der Altenberger Altar und seine Bildausstattung“ vom 15.6. bis 25.9.2016 fruchtbar gemacht werden und in den Katalog einfließen.
Freitag, 13. November 2015
9.45 Uhr
Begrüßung und Einführung
Das Altenberger Altarretabel (I)
10.00 Uhr
Stefanie Seeberg (Köln): Der Altenberger Hochaltar um 1330. Seine Ausstattung im medialen und funktionalen Kontext
10.45 Uhr
Christiane Weber (Frankfurt/Wiesbaden): Ergebnisse der gemäldetechnologischen Untersuchung des Altenberger Altars
11.30 Uhr
Jochen Sander (Frankfurt): Zur nachmittelalterlichen Nutzung des Altenberger Altarretabels
12.30 Uhr Mittagspause
Das Altenberger Altarretabel (II)
14.30 Uhr
Angela Kappeler-Meyer (Marburg): Die Außenseiten der Altenberger Altarretabelflügel
15.15 Uhr
Fabian Wolf (Frankfurt): Aus der Nähe betrachtet. Ergänzende Überlegungen zum Bildprogramm des Altenberger Retabels aus kunsthistorischer und frömmigkeitsgeschichtlicher Sicht
16.00 Uhr Pause
Die Zugänglichkeit des Chor- bzw. Altarbereichs und die Nutzungsmöglichkeiten von Retabelrückseiten
16.30 Uhr
Christian N. Opitz (London/Wien): „...warum in der gothischen Zeit auch die Rückseiten der Altäre mit Bildern geschmückt worden seyen...“ – Neue Antworten auf eine alte Frage
17.15 Uhr
Stephan Kemperdick (Berlin): Außerliturgische Wandlungen. Die Zugänglichkeit von Retabeln außerhalb des Gottesdienstes
18.00 Uhr
Johannes Tripps (Leipzig): Flügel in Retabelrückseiten. Eine Bestandsaufnahme und sich erhebende Fragen
19.30 Uhr Öffentlicher Abendvortrag
Thomas Lentes (Münster): Liturgie und Bild im Mittelalter
Samstag, 14. November 2015
Fallbeispiele (I)
09.00 Uhr
Xenia Stolzenburg (Marburg): In, um und auf dem Hochaltar der Elisabethkirche in Marburg
09.45 Uhr
Gerhard Weilandt (Greifswald): Das Hochaltarretabel im Kontext der Chorausstattung des Doberaner Münsters
10.30 Uhr Pause
10.45 Uhr
Peter Knüvener (Hannover): Hochkunst im Neusiedelland. Überlegungen zur Altarausstattung um 1300 im Brandenburger und im Havelberger Dom
11.30 Uhr
Susanne Wittekind (Köln): „Miserere mei deus“ – Überlegungen zur Umgestaltung des Klosterneuburger Ambos in ein Flügelretabel
12.30 Uhr Mittagspause
Blick über den Tellerrand
14.00 Uhr
Jörg Widmaier (Tübingen): Das Gotländische Altarensemble. Der Hochaltar im Kontext seines Kirchenraumes
14.45 Uhr
Victor M. Schmidt (Utrecht): Polyptychon vs. Flügelretabel. Zur Herausbildung zweier Altartypen im 14. Jahrhundert
15.15 Uhr Pause
Fallbeispiele (II)
15.45 Uhr
Matthias Weniger (München): Graffiti als Zeugen der Kirchenraumnutzung
16.30 Uhr
Iris Grötecke (Passau/Köln): Nahsicht und Fernwirkung: Schrift, Zeichen und Pseudo-Heraldik am Wildunger Retabel
17.15 Uhr Abschlussdiskussion
Das Kolloquium findet im Vorfeld der Sonderausstellung „Schaufenster des Himmels. Der Altenberger Altar und seine Bildausstattung“ vom 15. Juni bis 25. September 2016 im Städel Museum statt.