Ausstellungsbesprechungen

Konkret. Die Sammlung Heinz und Anette Teufel. Kunstmuseum Stuttgart, Stuttgart, noch bis 10. Januar 2010

Wer kann schon so aus dem Vollen schöpfen! Rund 200 Werke aus der Sammlung Heinz und Anette Teufel sind – nicht allzu überraschend – in den Bestand des Stuttgarter Kunstmuseums übergegangen. Als Dauerleihgaben kannten die Besucher viele der Arbeiten ohnehin, das Märchenhafte dieser Story ist: Mit der Schenkung dieser Sammlung verschoben sich die Grundkoordinaten des Hauses – die vorwiegend konkreten Arbeiten wiegen so schwer, dass sie nun als ein weiteres Standbein das Museum tragen.

Die Ausstellung macht deutlich, um welch hochkarätige Bilder es da geht. Schon die Liste der gezeigten Künstler ergibt ein rundes Bild: Josef Albers, Max Bill, Bob Bonies, Andreas Brandt, Antonio Calderara, Ad Dekkers, Piero Dorazio, Eberhard Fiebig, Christoph Freimann, Günter Fruhtrunk, Raimund Girke, Camille Graeser, Auguste Herbin, Jan Kubicek, Richard Paul Lohse, Manfred Luther, Manfred Mohr, François Morellet, Bridget Riley, Jan J. Schoonhoven, Anton Stankowski, Friedrich Vordemberge-Gildewart, Herman de Vries und Beat Zoderer sind nur die klangvollsten Namen aus der Sammlung.

Die Fülle kann allerdings auch eine sehr erträgliche Last sein: Zwischen der Willikens-Ausstellung, der Dieter-Roth-Präsentation aus dem Fundus sowie der jüngst eröffneten Esser-Schau nimmt mancher Betrachter diesen großartigen musealen Flanierweg durch die Entwicklung der konkreten Kunst gar nicht so bewusst wahr. Womöglich lässt er sich auch kaum die Zeit, die notwendig ist, um den Charme der Liebhaberei zu spüren, den die Sammlung noch atmet. Es war Max Bill, der den2007 verstorbenen Stuttgarter Schaufenstereinrichter Heinz Teufel einst so von sich und seiner künstlerischen Prägung begeisterte, dass dieser als frischgebackener Galerist fortan »auf konkret« machte. Anton Stankowski erwiderte einmal auf die Frage, ob die konkrete Kunst nicht begrenzt in ihren Mitteln sei, dass er im Gegenteilallein mit seiner Diagonalen unendlich viele verschiedene Bilder schaffen könne. In der Tat reicht die Ausstellung von malerischen Arbeiten bis zur Computerkunst, von der niederländischen bis zur Schweizer Fraktion, Op Art ist genauso vertreten wie die reine Geometrie. Überdies belegt die Schau, dass die konkrete Kunst auch vor sinnlichen Erfahrungen nicht Halt macht. Das die Schau begleiteende einstündige Video ist durchaus empfehlenswert und gibt zur gezeigten Sammlung einen personenbezogenen Hintergrund, es ist zudem als DVD erhältlich.

Wer einmal Abstand von der sur-, hyper- oder auch nur realistischen Malerei sucht, sollte sich die Werke nicht entgehen lassen, in denen all das in der Abstraktion stattfindet, was auch in jenen Arbeiten passiert – eben figurativ. Letztlich haben die konkrete wie die figurative Kunst ein gemeinsames Rückzugsgebiet. In der konkreten Kunst sind es besonders die Farben und Linien, die in ein Verhältnis zueinander treten, sich in Gegensatz dazu stellen oder sich in trauter Harmonie wiederfinden. Spannung verspricht auch die Konzentration auf die Form, wenn etwa das Quadrat vor der eigenen Gleichseitigkeit rebelliert, wenn sich andere beliebige Formen in sich selbst genügen oder, sich unterordnend, der Farbe freien Lauf lassen. Im Unterschied zur figurativen Kunst sind nicht die zweckgebundenen Personen, sondern die Mittel der künstlerischen Gestaltung die Protagonisten (aber bekanntlich bestehen gemalte Figuren auch nur aus Farbe). Es ist freilich nur ein Teil der Sammlung, der in der Stuttgarter Schau gezeigt wird: sie umfasst mehr als doppelt so viele Arbeiten. So darf man gespannt sein auf die nächste Auswahl, die sicher noch kommen wird.
 

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