Ausstellungsbesprechungen

Konrad Hummel & Karl Vollmer, Wechselgesang

Der Reutlinger Kunstverein hat zum Wechselgesang aufgerufen – und die Ausstellungsflächen kommen tatsächlich ins Vibrieren, wenn die rund 75 Arbeiten von Konrad Hummel und Karl Vollmer aufeinander treffen, das heißt, beide für sich haben so viel Schwungkraft, dass sie einander eigentlich nicht bedürften.

Und doch: So sehr sich beide im Grenzgebiet zwischen Zeichnung und Malerei bewegen, so unterschiedlich sind Hummels und Vollmers Handschriften.

 

Konrad Hummel, 1955 geboren in Göppingen, scheint ein Piranesi unsrer Zeit zu sein: Zugegeben, der Konstrukteur surrealer Kerkerräume stand immerhin noch so fest auf dem Boden einer Seinsgewissheit, dass man sich als Betrachter in Gedanken durchaus in diesen Räumen einrichten könnte, selbst wenn sie ihre geometrischen Koordinaten in Frage stellten.

 

Nun stelle man sich vor, diese Welt gerät ins Wanken, Nebelschwaden lösen die Konturen auf, ein diffuses Licht taucht die fliehende Räumlichkeit in dezent-monochrome Farbigkeit, und nicht zuletzt entwickeln die unbestimmten Gegenstände ein Eigenleben, das ein Durchdringen unmöglich machen, wo man sich bei Piranesi wenigstens noch verirren konnte.

 

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Faszinierend, mit welcher Sicherheit Hummel dabei religiöse Formstrenge (etwa im Triptychon) und eine an choralhafte Klänge gemahnende Bildlichkeit. Doch gelingt es Konrad Hummel, genau in dieser so gestimmten Musikalität die kafkaeske Hermetik aufzubrechen, eine Vertrautheit zu schaffen, die uns ins Bild drängen lässt: »Hörversuch« nennt Hummel sein aktuelles Werk, woraus man schon eine Art Aufbruch zu erlauschen glaubt, wohin auch immer die Reise geht – wer vermag das in unseren Tagen zu sagen. Nach Lehraufträgen in Marburg und Dortmund hat der Künstler zur Zeit eine Vertretungsprofessur in Stuttgart inne.

 

Karl Vollmer, im württembergischen Dürnau 1952 geboren, hält es eher mit der floralen als mit der architektonischen Welt. Wenn er seine Arbeiten unter das Wortfeld »Bodenhaftung« stellt, wird dabei allerdings eine Portion Ironie mitschwingen. Denn aus den farbornamentalen Pflanzenelementen erwachsen etwa »Blattzeichen«, »Wirbelfiguren« oder gar ein »Blut-Schuss«.

 
Als geballte Ladung rotieren Vollmers Farben über die Leinwand, doch im größten Pigmentsturm bleibt sich der Maler treu: Er schafft seine Bilder aus dem Nichts, doch geht es ihm nicht um die Ausstaffierung imaginärer Räume, sondern um den Moment, wo die Malerei in die Zeichnung übergeht, und umgekehrt sich die Zeichnung zur malerischen Aussage weitet. Gegenüber Konrad Hummel muten die Bilder Vollmers wie Nachklänge der COBRA-Malerei an, die seit geraumer Zeit eine neue Popularität genießt.

 

 

 

 

Öffnungszeiten

Mittwoch – Freitag 14 – 18 Uhr

Samstag, Sonntag, Feiertag 11 – 17 Uhr

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