Meldungen zum Kunstgeschehen

Krieg dem Museum?

Mit der kürzlich gestarteten Online-Ausstellungsplattform ArtOnYourScreen (AOYS) will das ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe nicht nur die Grenzen zwischen den Gattungen einreißen, sondern auch die Öffnung des Kunstraums herbeiführen. Das klingt zunächst drastisch, ist es aber nicht wirklich. Ein Kommentar von Rowena Fuß.

Es mutet wie eine Attacke auf die altehrwürdige Institution Museum an. ArtOnYourScreen, so steht es auf der Website des ZKM, »definiert einen Ort für künstlerische Produktion und Vermittlung unter den Bedingungen der vernetzten Welt zu Beginn des 21. Jahrhunderts«. BAAAM. Doch sieht es wirklich so schlimm aus? Werden wir in Zukunft nur noch Ausstellungen im Netz haben? Kunstvermittlung nicht in Führungen, sondern mittels Pop ups, die aufspringen, sobald der User auf einen Gegenstand klickt? Werden Museumsbauten also zu Ruinen, die friedlich vor sich hin verwittern? Nein, sicherlich nicht. Es stimmt, dass das ein oder andere Museum mit einem Besucherschwund zu kämpfen hat. Aber das liegt vermutlich eher an fehlender PR. Wer sich nicht bekannt macht, geht unter. Das war schon immer so. Worum es sich bei AOYS handelt, ist der Versuch, über sich und seinen Museumsbau hinauszuwachsen. Es geht hier um die Eroberung neuer Ausstellungsflächen und Vermittlungswege. In Bezug auf Medienkunst mag die Plattform in jedem Fall geeigneter sein als es die heiligen Hallen eines Museums sein könnten.

Doch ist das nicht alles. Im Schatten lauert ein anderes Problem. Es ist schön, dass die Medienkunst mit einer neuen Plattform bedacht wird, aber was ist mit der Kunst der Alten Meister, Ölschinken und Skulpturen hervorragender, aber etwas vermuffter Künstler? Lassen wir die jetzt hinten runter fallen? Nur weil Michelangelos Pietà schon ein paar Jahrhunderte alt ist, ist sie noch längst nicht »out« oder schwer vermittelbar. Im Gegenteil: Der zur Schau gestellte stille Schmerz der Muttergottes ist heute genauso aktuell für 9/11 wie für die Verluste durch die Überschwemmungen in Serbien oder das Grubenunglück im türkischen Soma. Dieses Gefühl, das Michelangelo um 1500 in Marmor meißelte, wird auch die nächste Generation ansprechen. Und noch etwas: Anders als die aktuelle One-way-Interaction Sculpture von fur auf AOYS muss sich die Pietà keine Gedanken darüber machen, was passiert, wenn der Strom mal ausfällt.

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