Ausstellungsbesprechungen

Künstlerbücher. Outside of a dog: Paperbacks and other Books by Artists

So verwirrend und absurd der auf Graucho Marx’ Aussage ,Outside of a dog a book is man’s best friend. Inside of a dog it is too dark to read´basierende Titel dieser noch bis Ende Mai im BALTIC Center for Contemporary Art zu sehenden Ausstellung im ersten Moment erscheinen mag, er liefert den Kontext für die außerordentlich breitgefächerte und überraschungsreiche Kompilation von ‚paperbacks and other books by artists since 1950’.

Neue Technologien wie Xeroxkopien und Offsetdruck förderten in der Mitte des letzten Jahrhunderts das Erscheinen schnell produzierter, kleinformatiger, billiger und vor allem von Künstlern und Galerien selbstverlegter Broschüren und Bücher und damit auch die Tendenz, das Buch als kritisches und poliltisches künstlerisches Medium zu verwenden. So wurde es nicht nur möglich, Kunst weltweit zu zeigen und zu verbreiten, sondern der Künstler/die Künstlerin konnte den ganzen Prozess von der Idee, über die Ausführung bis zur Präsentation und Distribution auch selbst kontrollieren. Die Publikation von VertreterInnen der Minimal-, Conceptual- und Land-, Pop-Art und Fluxusbewegung, von visuellen und konkreten Poeten sowie zahlreichen politisch motivierten Künstlergruppierungen spiegeln einerseits die zeittypischen Bestrebungen zur Demokratisierung des Kunstsystems, stehen aber andererseits auch ganz unter dem Zeichen eines sich radikal verändernden Kunstbegriffs, u.a. der Entmaterialisierung und der Intermedialität. Generell werden Künstlerbücher als Bücher definiert, welche sich nicht dem Schaffen von Künstlern und Künstlerinnen widmen, sondern vielmehr von Kunstschaffenden kreiert worden sind und die, gemäss Katalog, vom Publikum nicht nur bloßes Lesen sondern auch viel Schauen erfordern.

Gastkurator Clive Phillpot, ehemaliger Direktor der MoMA library in New York und Gründer der dortigen Künstlerbuchsammlung, sowie Sune Nordgren, scheidender Direktor des BALTIC Centre for Contemporary Art, luden im Vorfeld zur Ausstellung 24 Kunstschaffende, Sammler, Kuratorinnen, Verleger und Professorinnen aus aller Welt ein, je sechs bis zehn Künstlerbücher für den Zeitraum von 1950-1999 respektive drei bis sechs solcher Bücher aus den Jahren 2000-2003 auszuwählen. Diese Unterteilung in zwei Gruppen, wobei die Jahrtausendwende als Scheidepunkt fungiert, ist ein zweiter Punkt, der auf den ersten Blick etwas irritieren mag. Auch dieser macht jedoch ausstellungs-organisatorischen Sinn, indem die älteren, meist vergriffenen, Bücher unter Glas präsentiert werden, wogegen die jüngeren, in der Regel noch erhältlichen Exponate, anfasst und durchgeblättert werden dürfen.

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Es ist charakteristisch für die meisten Künstlerbücher, dass sie sich der Leserschaft erst richtig erschließen, wenn sie auch tatsächlich in die Hände genommen und visuell und/oder verbal gelesen werden können. So sind es denn auch vor allem die neueren Publikationen, die bei den Besuchern und Besucherinnen auf Interesse zu stoßen scheinen und eine intensive Auseinandersetzung ermöglichen. In diesem Zusammenhang sei denn auch der einzige nachhaltig irritierend Punkt erwähnt, nämlich dass der Büchergenuss ,outside of a dog´sitzend erheblich grösser ist als im Stehen.

 

Im Großen und Ganzen ist ,Outside of a dog´ als Erfolg zu werten, gelingt doch dem Organisatorenteam gleich dreierlei: Die Zusammenarbeit verschiedenster Schlüsselfiguren garantiert einerseits einen umfassenden Überblick über die Künstlerbücher seit deren frühen Anfängen in den fünfziger Jahren, andererseits behält die Ausstellung gleichzeitig immer auch einen etwas zufälligen Charakter sowie zahlreiche Überraschungsmomente; während sie einerseits zum Überdenken der euro-amerikanisch dominierten Historisierungsbestrebungen dieses immer noch relativ jungen Mediums einlädt, indem neben nahe liegenden Kontributoren wie Barbara Wien und Hansjörg Mayer hauptsächlich Mitwirkende aus Lateinamerika, Japan, Island und Ungarn die Auswahl der ausgestellten Exponate bestimmen, festigt sie mittels der entstehenden Überschneidungen gleichzeitig einen kanonischen Kern; und nicht zuletzt ermöglicht die Gewichtung junger und jüngster Publikationen sowohl dem informierten als auch dem Laienpublikum eine ganze Reihe spannender und erfrischender Buchentdeckungen.

Im Rahmen von ‚Outside of a Dog’ wurde in Zusammenarbeit mit Lawrence Weiner ein interessanter kleiner Katalog unter demselben Titel und im ‚non-design-Stil’ des Hauses (Sune Norgren) publiziert. Zusätzlich erschienen bei der Morning Star Press sechs Bücher des schottischen Künstlers Alec Finlay, die während seiner zeitgleich zur Ausstellung stattfindenden Zeit als ‚Artist in Residency’ im BALTIC Centre enstanden.

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