Meldungen zum Kunstgeschehen

Kunst im Saarland August/September 2012

Das Saarland präsentiert im August und September 2012 einen bunten, sommerlichen Ausstellungsstrauß, den es zu genießen gilt. Verena Paul hat Ihnen einige Highlights aus der saarländischen Kunst- und Kulturlandschaft herausgepflückt.

Kunst im Saarland
Kunst im Saarland

Im Westen viel Neues

Mit »Flug durch Licht und Schatten« präsentiert die Produzentengalerie Köcher vom 2. September bis 18. November 2012 Malerei, Grafik und Objekte Ingrid Lebongs im fruchtbaren Dialog mit den aktuellen Arbeiten des Hausherrn Peter Köcher. Während Ingrid Lebong uns in ihren Werken ein hauchdünnes Zwischenreich entdecken lässt, in dem menschliche Sehnsüchte und Träume verrätselt erscheinen, greifen Peter Köchers form- und farbexpressive Styroporarbeiten in den Raum und sein konstant weiter geführtes Projekt »Kunstbevölkerung«, das menschliche Beziehungen mit großem Fingerspitzengefühl hinterfragt, berührt den Betrachter in seinem tiefsten Innern. Eine Präsentation, auf die ich mich schon sehr freue und der ich viele Besucher wünsche!

In der Ausstellung »Momente« sind bis Ende September 2012 im Martin-Niemöller-Haus (Frankenholz) die Arbeiten Ruth Engelmann-Nünninghoffs und Ulf Sauerbaums zu sehen. Die kraftvollen, farbenfrohen Malereien Engelmann-Nünninghoffs treten dabei in einen lebhaften Austausch mit den zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion oszillierenden Keramiken Sauerbaums, die sich durch Experimentierfreude ebenso auszeichnen wie ein ausgeprägtes Gespür für Farb- und Formharmonien.

Die galerie m beck in Homburg/Schwarzenacker zeigt bis zum 7. September 2012 in der Parallelausstellung »Tabula« die Arbeiten von Sven Schalenberg, Walter Henn, Cecil King, Eric R Simpson und Timo Link. Im Zentrum steht der Werkstoff Holz, wobei der Bogen von traditioneller Ölmalerei auf Holz, über die Verwendung von Holz als Druckstock, in Form von Papier bis hin zur Verwendung als Rohstoff im aktuellen (Möbel)-Design geschlagen wird. Eine spannende Ausstellung, die eines Besuches lohnt!

Bis zum 9. September 2012 präsentiert die Städtische Galerie Neunkirchen mit »Black & Wide« Werke Peter Schlörs. Geprägt von einer großen kompositionellen Strenge, starken Hell-Dunkel-Kontrasten und einer surrealen Lichtregie oszillieren Schlörs Bilder zwischen Ruhe und Dramatik. In menschenleeren, bisweilen archaisch anmutenden Szenerien entfaltet der Künstler weite Landschaftspanoramen, die in ihrer mystischen Erscheinung an Naturdarstellungen der Romantik gemahnen. Auf den kanarischen Inseln ist die jüngste Werkgruppe des Fotografen entstanden, die er im Rahmen des grenzüberschreitenden Ausstellungsprojektes MONO gegenwärtig in der Städtischen Galerie Neunkirchen vorstellt. Der Ausstellungstitel verweist auf die überwältigende Weite dieser Landschaften, deren permanente Veränderungen durch heftige Passatwinde, einzigartige Wolkenspiele und überraschende Lichterscheinungen Schlör in reduzierten und doch atmosphärisch dichten Schwarz-Weiß-Bildern festhält. So unwirklich diese Arbeiten erscheinen mögen, sind sie doch beinahe dokumentarisch. Fazit: Eine tolle Ausstellung!

2010 wurde der erste Fotopreis »Regards sans limites. Blicke ohne Grenzen« der Großregion an vier Künstlerinnen und Künstler vergeben, deren Arbeiten nun vom 18. August bis 23. September 2012 im Saarländischen Künstlerhaus präsentiert werden. Zu den Preisträgerinnen und Preisträgern gehören Patrick Galbats, François Goffin, Henrike Kreck und Chantal Vey. Der 1978 in Esch/Alzette (Luxemburg) geborene Fotograf Patrick Galbats fotografiert für sein Projekt mit dem Titel »Café Odyssée« die Zimmer von Arbeitsmigranten, die in meist ärmlichen Verhältnissen leben: »Die daraus resultierenden Bilder« seien, wie Galbats erklärt, »eine persönliche Hommage an die Arbeiterklasse der Migranten.« Für den 1979 in Wanze (Belgien) geborenen Künstler François Goffin ist die Fotografie eine Art Visualisierung von Poesie. »Yollarda, autour des portes« ist eine Arbeit in vier Phasen. Nach einer Serie über Städte in der Zentraltürkei (Kütahya, Konya, Kayseri) aus dem Jahre 2009 knüpft er mit einer Serie über den Südosten der Türkei an. Dabei seiht Goffin sich vor die Frage gestellt, wie sich das Zusammenleben der Türken mit ihren Nachbarländern Irak und Syrien gestaltet, denn das türkische »Yollarda« meint »unterwegs sein« und symbolisiert den Weg, den die Türkei zu ihrer Bestimmung beschreitet. Die 1973 in Marburg geborene und im Saarland lebende Medienkünstlerin Henrike Kreck arbeitet mit inszenierten Digitalcollagen. In der seit 2003 als work in progress entwickelten Werkserie mit dem Titel »External affairs« variiert sie das Motiv des Tatortes im Kontext dunkler Wälder, verwilderter Gärten, düsterer Räume oder leerstehender Gebäude. Durch Übereinanderlegen einzelner Ausschnitte eines Gesamtmotivs verdichten sich dergestalt ihre Arbeiten zu großformatigen Panoramen, die die Augen auf Entdeckungsreise schicken. Die 1970 in Sainte-Agrève (Frankreich) geborene und heute in Brüssel lebende Fotografin Chantal Vey rückt in ihrer Arbeit »Faire le tour de la Belgique« das Prinzip des Ortswechsels ins Zentrum, wobei sie sich auf die »Übergänge« konzentriert. Innerhalb von vier Monaten fuhr Vey die aktuellen Grenzlinien Belgiens ab und sammelte Bilder und Tonaufnahmen in einer Art Reisetagebuch. Mit dieser Parallelausstellung zeigt das Saarländische Künstlerhaus vier ganz unterschiedliche Positionen von Gegenwartsfotografie, die den Blick über soziale, nationale, räumliche und territoriale Grenzen hinweg schweifen lassen – ein wunderbares Projekt, auf das ich schon sehr gespannt bin!

Mit » New Photography 1984-2012« zeigt das Saarlandmuseum im Rahmen des Ausstellungsprojektes MONO bis 16. September 2012 die größte monografische Ausstellung Roland Fischers mit über 100 Arbeiten. Fischers künstlerisches Schaffen umfasst visuelles Denken im Spannungsfeld von Individualität und Kontext, Massengesellschaft und Subjektivität sowie von Freiheit und Bestimmung. In seinen großen Formaten rückt der Fotograf Architekturelemente oder Menschen ins Zentrum, wobei gerade die zuletzt Genannten einen unglaublichen Zauber auf den Betrachter ausüben. Eine Ausstellung, die Sie sich nicht entgehen lassen sollten!

Das Saarlandmuseum präsentiert am Saarbrücker Schlossplatz bis 31. Dezember 2013 die Lichtinstallation »Gelb Rot Blau« des Künstlers Michael Seyl. Mit dieser Arbeit lotet der Künstler das Phänomen des farbigen Lichts aus, wie es im Innern der Saarbrücker Schlosskirche mit ihren prägnanten Meistermann-Fenstern zu erleben ist. Durch die Illuminationen der Fassaden des Museumsgebäudes am Schlossplatz ermöglicht Seyl einen neuen Blick auf das vermeintlich altgewohnten Gebäude. Ist der Zyklus der Glasfenster gemeinhin – im Innenraum – in seiner Gesamtheit erlebbar, so rückt die Lichtinstallation das einzelne Kunstwerk in der nächtlichen Außenansicht in den Blickpunkt des Betrachters.

Wie in den vergangenen Monaten möchte ich auch jetzt nicht versäumen, die »Straße der Skulpturen« als wunderbares Ausflugsziel für Kunst- und Naturliebhaber zu empfehlen. Die »Straße der Skulpturen« wurde im Jahr 1971 von dem saarländischen Bildhauer Leo Kornbrust initiiert und führt von Sankt Wendel bis zum Bostalsee. Inzwischen haben fast 60 Skulpturen entlang des circa 25 km langen Teilstücks des Saarland-Rundwanderwegs ihren Platz gefunden. Diese Werke, die mit der Landschaft auf beeindruckende Weise verschmelzen, sind jedoch nicht nur eine Augenweide, sondern auch kleine Mahnmale. Schließlich ist die »Straße der Skulpturen« dem von den Nationalsozialisten ermordeten deutsch-jüdischen Bildhauer und Maler Otto Freundlich gewidmet, der bereits in den 1930er Jahren die Idee zu einer die Völker verbindenden Skulpturenstraße entwickelte.

Das Weltkulturerbe Völklinger Hütte hat die Ausstellung »Asterix & Die Kelten« noch bis zum 15. August 2012 verlängert und so können sich die Besucher weiterhin auf 128 Zeichnungen und Szenarien der Asterix-Väter René Goscinny und Albert Uderzo freuen. In der Gebläsehalle erwacht der Mythos um das kleine gallische Dorf mit seinen unbeugsamen Bewohnern zu neuem Leben. Für die Besucher, die dieses ‚Dorf‘ betreten, entwickelt sich eine fesselnde Entdeckungsreise durch die Geschichte von Kelten und Römern. Zum einen spiegeln Zeichnungen und Szenarien das Alltagsleben des gallischen Dorfes wieder, zum anderen treten Exponate der gallo-römischen Epoche und der Zeit des Gallischen Krieges in einen faszinierenden Dialog mit diesen dörflichen Szenen. Nicht zuletzt geben Bilder mit Persönlichkeiten und Szenen aus dem Asterix-Comic, die berühmte Werke der bildenden Kunst zitieren, Computerspiele und Souvenirs der Kultfiguren Einblick in den Asterix-Mythos unserer Tage.

Wie kein anderes bildkünstlerisches Medium ist die Fotografie essentieller Teil der Industriekultur und so wird mit »Behind the Future« – zu sehen bis zum 1. November 2012 – eine Reihe bedeutender Fotoausstellungen in der Völklinger Hütte fortgesetzt. In seinem 30 Arbeiten umfassenden Werkzyklus entwirft Nicolas Dhervillers eine Sicht auf das Weltkulturerbe Völklinger Hütte, die ein wichtiges Statement der Neuen Fotografie des zweiten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts darstellt. Dhervillers spürte verborgene, in Vergessenheit geratene Orte der Völklinger Hütte auf und rückte sie in den Fokus seiner Kamera. Die dargestellten Areale und Räume wandeln auf den Spuren der Vergangenheit und sind zugleich Zukunftsvisionen. Insofern erscheint die Völklinger Hütte einerseits als Ort, an dem die Zeit still steht und andererseits sieht sich der Betrachter einer surrealen, fremden Wirklichkeit gegenüber.

Das Deutsche Zeitungsmuseum in Wadgassen präsentiert bis 2. September 2012 in der Jubiläumsausstellung »Wurzeln und Flügel – Schriftkunst von Katharina Pieper 1982 bis 2012« die kalligrafischen Arbeiten der international erfolgreichen saarländischen Künstlerin. Zu sehen sind atmosphärisch aufgeladene Werke auf Papier, Leinwand, Plexiglas respektive dreidimensionale Objekte und Buchunikate. Katharina Piepers Kalligrafien verschmelzen tänzerische Leichtigkeit der Buchstaben mit farbdurchglühten Kurvaturen und ziehen dergestalt den Betrachter an unsichtbaren Fäden an, lassen ihn einfach nicht mehr los. Insofern ist diese Ausstellung ein echter Geheimtipp!

»Gelassenheit ist ein Riemen, / der die Geschichte aufrecht hält. / Man sollte sich hinsetzen / und den Himmel in der / offenen Konservendose / am Ufer erblicken«, lässt Nikola Madzirov sein Gedicht »Gedanken zum Wetter« [Nikola Madzirov: Versetzter Stein, S. 34] ausklingen. Mit Gelassenheit, die täglichen Wunder um uns wahrzunehmen, sie aufzusaugen und zu genießen – dies ist ein wertvoller Hinweis, den man sich auch bei der Betrachtung von Kunstwerken vergegenwärtigen sollte. Denn die Konserve steht einladend für jeden offen, es muss nur noch der Blick in diese aufregend vielseitige und bereichernde Welt gewagt werden. Auf jene Entdeckungsreise nehmen Sie beispielsweise die aktuellen Ausstellungen mit – und hierbei wünsche ich Ihnen viel Freude! Ihre Verena Paul

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