Meldungen zum Kunstgeschehen

Kunst im Saarland im August und September 2010

Auch im August und September 2010 dürfen sich die Besucher der saarländischen Kunst- und Kulturlandschaft wieder auf qualitativ hochwertige, abwechslungsreiche Ausstellungen in Galerien und Museen freuen. Unsere Autorin Verena Paul hat für Sie eine kleine Auswahl zusammengestellt.

Kunst im Saarland
Kunst im Saarland

Im Westen viel Neues

In Bexbach zeigt die Produzentengalerie Köcher/temporärer schauraum bis zum 31. August 2010 die Arbeiten der Wiener Gastkünstlern Gerhard Fassel und Herbert Hofer, dem in Frankreich lebenden Schmal sowie die neue Rauminstallation des Hausherrn. Peter Köcher, der künstliche Wesen in seiner Galerie positioniert, reflektiert damit einen futuristischen Lebenszustand, denn die Figuren – die inzwischen auch im benachbarten Ausland einen Platz finden – sind mittels Schläuchen untereinander verbunden oder über Andockstellen an dem globalen Versorgungssystem der Erde angeschlossen. Damit reflektiert der Künstler kritisch unsere Abhängigkeit von den scheinbaren Wunderwerken der Technik und Wissenschaft, schließlich zeigen seine Figuren, dass ein Existieren ohne Andockstellen nicht mehr möglich ist. Werden wir also von den über Jahrhunderte hinweg erkämpften Errungenschaften letzten Endes dominiert, so dass wir zu Marionetten mutieren, die keine Gewalt mehr über den weiteren Fortgang der Geschichte haben? Elegante, mit majestätischer Würde sitzende, ästhetisch gestaltete Geschöpfe, deren Arme sich in Schläuche aufgelöst haben, irritieren, ziehen an und stimmen nachdenklich und reiben sich spannungsvoll mit den sie umgebenden Werken der drei Gastkünstler. Diese Ausstellung ist eines meiner Ausstellungshighlights!

Das Martin-Niemöller-Haus in Frankenholz zeigt bis zum 30. September 2010 die zwischen Paul Klee und Rosina Wachtmeister pendelnden Arbeiten in Mischtechnik der Diplom Designerin Stefanie Weber. „Notizen aus dem Land der Träume“ gewährt dem Besucher Einblick in bizarre, phantastische Welten, wobei abstrakte Elemente auf vertraute Motive treffen und so nicht ausschließlich zur ernsten Betrachtung, sondern zum Schmunzeln und Weiterspinnen von Gedanken animieren.

Bis 10. September 2010 empfängt die galerie m beck in Homburg/Schwarzenacker den Besucher mit zwei spannenden Präsentationen: „Harmut Kuhnke – Glück“ und „Norbert Schmitt – Macht Sinn. Schriftbilder“. „Kunst beginnt dann, wenn Inhalte auf sinnlich erfahrbare Weise vermittelt werden“, so Hartmut Kuhnke. Und in der Tat gelingt dem Künstler genau dieser schwierige Spagat in seinen Farbholzschnitten, die bisweilen grob und provokant erscheinen, dabei aber stets lebendig und komplett eigenständig sind. Subtil verdichtet und dynamisch zugleich erinnern die Werke Norbert Schmitts „in ihrer lichten Erscheinung und äußeren Form mitunter an sakrale Objekte und Tafeln“ [Rinalda Truffi]. Spannend ist dabei vor allem die Zusammenfügung von äußeren und inneren Realitäten. „Das Wesentliche passiert eigentlich während der Schaffensphase“, sagt Schmitt, „ich überlasse meine Malerei dem Spiel der Kräfte und somit wird der Prozess zu einem meditativen Vorgang“. Eine Galerie, in die ich immer wieder gerne gehe, weil sie in spannender Raumaufteilung stets wunderbar abwechslungsreiche Kunst präsentiert!

Eine Metamorphose aus Kunst und Naturspektakel können Sie – und dies fast das ganze Jahr über – im Skulpturengarten von Schloss Fellenberg in Merzig bestaunen. Hier sind Arbeiten von Leo Kornbrust, Liselotte Netz-Paulik, Heinz Oliberius, Paul Schneider, Thomas Link und Gerard Höweler in wunderbarer Weise präsentiert. Ein Ausflug, der sich nicht nur für Kunst-, sondern auch für Gartenfreunde lohnt und den ich den Besuchern des Saarlandes nur empfehlen kann!

Das Saarlandmuseum in Saarbrücken greift mit der Ausstellung „Katja Strunz – Im Geviert“ (bis 28. September 2010) im Rahmen des Jahres der Bildenden Kunst in Saarbrücken das Motto „Kunstraum Saarbrücken“ mit dem Schwerpunkt temporärer Kunstprojekte im öffentlichen Raum auf. Als stilistisches Erkennungsmerkmal der Arbeit von Katja Strunz (*1970) gelten ihre „Faltarbeiten“, die aus Materialien wie Holz, Stahl oder Papier beschaffen sind. Daneben umfasst das Œuvre der Künstlerin weiterhin unterschiedliche Metall- und Holzobjekte, reliefartige Skulpturen, Foto und Papiercollagen sowie architektonische, raumgreifende Installationen, die Assoziationen ungegenständlicher künstlerischer Positionen des 20. Jahrhunderts hervorrufen. Dabei untersuchen die häufig ortspezifischen Arbeiten stets die Dimensionen von Form, Raum und Zeit. So auch die eigens für diese Ausstellung geschaffenen Werke: eine die Architektur der Modernen Galerie aufgreifende Installation und zwei skulpturale Arbeiten der Künstlerin im Skulpturengarten.

Bis 22. August 2010 präsentiert die Stadtgalerie Saarbrücken mit „nachtgelände // maschine“ die Arbeiten des 1976 in Waiblingen geborenen Hannes Woidich. In einer Einzelausstellung werden drei seiner fotografischen Serien gezeigt: die „tänzerische“ Sequenz „Loom“, die neu entstandene Folge „Maschine“, bei der mit einem aufwändigen Beleuchtungsverfahren Industrieanlagen oder Großcomputer aufs Bild gebannt werden, sowie die titelgebende Folge „Nachtgelände“, in der ganz gewöhnliche Orte in Parks und an Seeufern eine geheimnisvolle Aura erhalten. Die Ausstellungsbesucher dürfen sich also auf die Werke vom Gewinner des Canon Profifoto Förderpreises freuen.

Eine vielversprechende Ausstellung, auf die ich mich schon sehr freue, zeigt das Saarländische Künstlerhaus vom 19. August bis 26. September 2010: „Anne-Marie Klenes. Skulpturen“. Die 1959 in Vielsam geborene Künstlerin lebt und arbeitet heute in Lüttich und im belgischen Prouvy. Sie studierte Bildhauerei an der Académie Royale des Beaux-Arts in Lüttich und ist seit 1985 dort als Dozentin tätig. Klenes Werkstoff ist Schiefer, wobei sie hin und wieder auch auf Blei oder Wachs zurückgreift. Doch die aktuellen Arbeiten sind in flachen Schieferziegeln gearbeitet, die – in Kreisen aufeinander geschichtet – Ringe bilden. Dergestalt entsteht ein innerer Rundraum, der zu einem Kraftzentrum avanciert und den Betrachter fesselt.

Die Ausstellung „MAGNUM’s first – Gesicht der Zeit“ im Museum Haus Ludwig für Kunstausstellungen in Saarlouis präsentiert bis zum 5. September 2010 die sensationelle Wiederentdeckung der frühesten Magnum-Gruppenausstellung, die unter dem Titel „Gesicht der Zeit“ 1955/56 in fünf österreichischen Städten gezeigt worden war. Über fünfzig Jahre lang lagerten die damals ausgestellten Werke, in Holzkisten verpackt, vergessen im Keller des Institut Français in Innsbruck. Erst kürzlich wurden die 83 Vintage Prints von Werner Bischof, Henri Cartier-Bresson, Robert Capa, Ernst Haas, Erich Lessing, Jean Marquis, Inge Morath und Marc Riboud wieder entdeckt. Alle acht Reportagen – montiert auf farbige Hartfaserplatten – sind erhalten. Menschen und ihre Lebensräume jenseits der Sensationen werden hier von engagierten Fotoreportern in bewegenden Bildern festgehalten. Das Herzstück der Ausstellung bilden 18 Schwarzweißaufnahmen über die letzten Lebenstage und die Totenfeier von Mahatma Gandhi, die Henri Cartier-Bresson, der Meister des „entscheidenden Augenblicks“ aufgenommen hat. Sie basieren auf seiner im Februar 1948 in der amerikanischen Zeitschrift Life veröffentlichten Reportage. Eine Schau, die Sie sich nicht entgehen lassen sollten!

Mit „Staatsgeschenke – 60 Jahre Deutschland“ präsentiert das Weltkulturerbe Völklinger Hütte bis zum 5. September 2010 in einer umfassenden Ausstellung Geschenke von Königen, Präsidenten, und Ministerpräsidenten aus insgesamt 75 Staaten. Es ist die erste systematische Darstellung, die zudem diese Staatsgeschenke in den Zusammenhang mit den großen Ereignissen der Zeitgeschichte einordnet.

Mit „Science-Ausstellung Schrift“ widmet sich das Deutsche Zeitungsmuseum in Wadgassen vom 21. August (die Vernissage ist am 20. August 2010, um 19 Uhr) bis 31. Dezember 2010 dem Thema Schrift. Sie ist allgegenwärtig und obgleich kaum jemand ihr Beachtung schenkt, ist sie trotzdem, auch im Zeitalter des Cyberspace, unverzichtbar. Sie blickt auf eine lange Erfolgsgeschichte zurück. Kommen Sie mit auf eine spannende Reise durch die Welt der Schrift. Im Mittelpunkt stehen das Mitmachen, Ausprobieren und Staunen. Vor allem für Kinder und Jugendliche ist die interaktive Ausstellung konzipiert – aber auch für alle Erwachsenen, die Schrift einmal aus einem etwas anderen Blickwinkel betrachten. Die Ausstellung gliedert sich in drei große Teile: Als Einstimmung wird dem Besucher in der Galerie das Thema „Schrift“ auf ganz spezielle Weise präsentiert, um dieses Kommunikationsmittel bewusst zu machen. Danach geht es weiter in die Ausstellung „Schrift-ABC“, die viel Interessantes, Lustiges und Wissenswertes rund um das Thema bietet. „Alphabete“ bilden den Auftakt, dann erfährt man etwas von „B wie Blindenschrift“ über „C wie Cicero“ bis „Z wie Zeitungen“. Zu guter Letzt geht es im Typo-Lab, dem Schriftlabor, ans Ausprobieren und Experimentieren.

„Das Kunstwerk ist das allergrößte Rätsel, aber der Mensch ist die Lösung“, so hat Joseph Beuys den wünschenswerten Dialog zwischen Kunst und ihrem Gegenüber auf den Punkt gebracht. Insofern wünsche ich allen Besuchern der spätsommerlichen Kunst- und Kulturlandschaft des Saarlandes einen intensiven, bereichernden Austausch sowie überraschende Seherlebnisse – die Ihnen das kleine Bundesland im Westen durchaus bieten kann!

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