Draußen herrscht tiefer Winter mit Schnee und klirrender Kälte, doch in den saarländischen Museen und Galerien herrscht ein emsiges, buntes Treiben. Unsere Autorin Verena Paul hat für Sie einige Highlights zusammengestellt.
Im Westen viel Neues
In Bexbach zeigt die Produzentengalerie Köcher vom 21. Februar bis 16. April 2010 mit „cogovalmer“ einen temporeichen, horizonterweiternden, ästhetisch hochwertigen und nicht selten kühnen Kunstdialog der Arbeiten von Brunhilde Gierend und Peter Köcher. Wie immer kann sich der Besucher auf eine mit Überraschungen versehene Präsentation freuen!
Bis 26. Februar 2010 präsentiert die galerie m beck in Homburg/Schwarzenacker in einer sehenswerten Parallelausstellung die Werke von Jürgen Huber, Rainer Magold und Elmar Göppl. Während Huber scheinbar naive, unbeschwerte Sujets entwirft, denen jedoch Details – etwa Schriftzüge – einen nachdenklichstimmenden, kritischen Zug verleihen, bemüht sich Magold, wie Mathias Beck pointiert formuliert, „im Malprozess um den Ausdruck von seelische Gegebenheiten, die nicht in Worte, sondern in Form gefasst werden. Alles Erfahrene, Erlebte, Erdachte, Erträumte fließt ein, und zwar ohne Reflexion des Bewusstseins.“ Ganz im Gegensatz zu dieser expressiven Malweise, sind Göppls Arbeiten in der Formensprache wesentlich reduzierter, wobei auch er bisweilen den Weg zu verspielten, bunten Arbeiten einschlägt.
Im Bildungszentrum der Arbeitskammer Kirkel können die Besucher bis 30. März 2010 in der Parallelausstellung „Menschenbilder – Menschenwerk“ die Arbeiten von Christel und Patrick Hartz erkunden. Während Christel Hartz in Zeichnungen und Druckgrafiken sich dem Menschen in einfühlsamen Porträts, Hand- und Körperskizzen annähert, fängt Patrick Hartz mit seiner Kamera menschenleere, urbane Räume ein, denen jedoch Spuren menschlichen Wirkens eingeschrieben sind. Dass der Photograph sich dabei in einer motivgeschichtlichen Traditionslinie bewegt, ist ihm durchaus bewusst. Doch er erarbeitet sich durch unterschiedliche Perspektiven auf das scheinbar Vertraute eine innovative Wahrnehmung von Wirklichkeit. Dabei ist Hartz nicht an klinischer Perfektion in den Aufnahmen gelegen, da – so seine Formulierung – „diese Perfektion [...] langweilig“ sei. So entsteht zwischen den filigranen, vielschichtigen und bisweilen in die Abstraktion gleitenden Arbeiten von Christel Hartz und den stimmungsvollen, technisch versierten Photoarbeiten Patrick Hartz’ ein lebendiger Dialog. Ein Besuch dieser Präsentation sollte auf jeden Fall eingeplant werden!
Die Städtische Galerie Neunkirchen präsentiert bis zum 5. April 2010 die Arbeiten des Berliner Photokünstlers Sven Hoffmanns, für den das Zusammenspiel von Wasser, Licht und Bewegung eine unerschöpfliche Quelle ästhetischer Betrachtung darstellt. Seit Anfang der 90er Jahre bereist Hoffmann im Rahmen seines photographischen Langzeitprojekts die verschiedensten Länder der Welt, um der nahezu unbegrenzten Farb- und Formenvielfalt des Wassers nachzuspüren. Seinen Blick richtet er dabei nicht auf die Gewässer in ihrer landschaftlichen Umgebung, sondern er fokussiert das Medium selbst. Der 1965 geborene Meisterschüler an der Hochschule der Künste Berlin ergründet die individuellen Erscheinungsweisen der Wasserflächen und lässt den Betrachter faszinierende Lichtreflexionen, dynamische Strukturen, ihre schillernden Transparenz und ihre poetische Sprache entdecken. In Zusammenarbeit mit der Stadt Neunkirchen hat der Künstler eine Photoserie vor Ort geschaffen: Bei Schneetreiben und Minus-Temperaturen fing er dieser Tage Eindrücke der winterlichen Blies mit seiner Kamera ein, die nun erstmals öffentlich präsentiert werden. Eine tolle Ausstellung, die begeistert und Lust auf mehr macht!
Der Künstlerkreis Neunkirchen präsentiert bis 27. Februar 2010 mit der Ausstellung „Von Affen und anderen Menschen“ die Arbeiten Marliese Jung-Dörrs. Durch die Nähe zum Menschen in seinem Verhalten, seiner Gestik und Mimik ist der Affe für die Künstlerin das beunruhigende Alter Ego des Menschen, denn den Portraits der Affen sind vielschichtige menschliche Gefühlsebenen eingeschrieben. Im Gespräch mit Ingeborg Besch erzählte die Künstlerin, dass es ein Plakat mit Fotos von George W. Bush gewesen sei, das sie letzten Endes zu dieser Bilderserie inspirierte. Darauf waren unterschiedliche Porträts von Bush abgebildet, jeweils versehen mit dem passenden Äquivalent eines Affenporträts. „Vielleicht sind die Affenporträts Vermittler, um unser Gegenüber besser kennen zu lernen.“ Eine ebenso komische wie nachdenklich stimmende Werkschau.
Bis 28. Februar 2010 zeigt das Saarlandmuseum in Saarbrücken in der groß angelegten Jahresausstellung Werke des Künstlers Marc Chagall. Die Präsentation umfasst rund 200 Arbeiten auf Papier, begleitet von einer Gruppe von Gemälden aus bedeutenden europäischen Sammlungen. Das Saarlandmuseum selbst besitzt weit über 500 Arbeiten auf Papier aus allen Schaffensperioden von Marc Chagall, darunter mehrere bedeutende lithographische Serien nach literarischen Vorbildern wie Daphnis und Chloé, die Fabeln von La Fontaine, die Toten Seelen von Gogol oder Motiven aus der Bibel. Aus diesem Bestand sind die wichtigsten Werkgruppen zu sehen, die durch präzise ausgewählte Gemälde akzentuiert werden. Dergestalt ist die Zielsetzung des Saarlandmuseums, die tieferen Ideen und Entwicklungslinien des Schaffens von Marc Chagall nachzuzeichnen. Die Arbeiten auf Papier sind nicht ausschließlich, aber sehr häufig mit literarischen oder mythologischen Themen verbunden. So wird ein Schwerpunkt auf die literarische Seite im Werk Chagalls gelegt, wobei die Fragen nach den lyrischen und mythologischen Tendenzen wie auch nach dem spezifischen Surrealismus Chagalls in Stil und Ikonographie näher untersucht werden sollen.
Die Galerie der HBKsaar präsentiert bis zum 28. Februar 2010 in der Ausstellung „See-saw“ im Rahmen des Rundgangs 2010 der HBKsaar die Arbeiten Miriam Elburns, die 2009 ihr Studium der Malerei bei Prof. Sigurd Rompza mit dem Diplom abschloss. In ihrer künstlerischen Gestaltung bilden Haare den Grundwerkstoff, die als gleichermaßen organische wie auch unbelebte Materie die Merkwürdigkeit der Auswüchse des menschlichen Körpers zeigen. Die Zustände, die Haare in den Werken von Elburn annehmen, sind schwer zu fixieren. Zwischen dem einzelnen und dem verbundenen Haar entstehen fremdartige und irritierende Korrelationen, Viel- und Einheiten, die nicht zur Ruhe kommen und sich weder einordnen noch festlegen lassen. Als filigrane Gebilde greifen sie jedoch lebhaft in den Raum und lassen unsere Augen auf Entdeckungsreise gehen. Es sind Arbeiten, die mit Feingefühl die Ästhetik der Materie erkunden, neue Perspektiven eröffnen und deshalb bedacht werden wollen. Diese Präsentation sollte man sich nicht entgehen lassen!
Im Haus der Unternehmensverbände (galerie m beck) werden bis 26. Februar 2010 die Arbeiten Armin Hotts gezeigt, der sich augenzwinkernd und doch mit satirisch gespitzter Feder an gesellschaftliche Schieflagen, unsere Charakterschwächen und den ein oder anderen Spleen herantastet und dabei das Abgründige des Menschen in Tiergestalt dekuvriert. Dabei können die Betrachter zwischen Lachen und Nachdenken den Wert der mit Verve geführten Zeichenfeder genießen. Der Besuch dieser Ausstellung – ein Muss!
Bis 26. Februar 2010 präsentiert die Hochschule für Musik Saar (kunstWA|BE) die farbintensiven Arbeiten Lavih Serfatys. Seine jüngsten Arbeiten bestehen aus Aluminium, das wie Papier Faltspuren trägt und in leuchtende Acrylfarben getaucht ist. Dass der Künstler auf ein strahlend reines Couleur zurückgreift, ist Ergebnis einer eingehenden Auseinandersetzung mit Meditation, Musik und primär mit der Kraft von Farben, welche die Atmosphäre eines Raumes gänzlich verändern können. Der Gebrauch der richtigen Tonwerte am entsprechenden Ort kann neue Energien freisetzen. Lavih Serfaty beschreibt den künstlerischen Entstehungsprozess mit den Worten: „I use the theories of color therapy, ‚feng shui’ and ‚chakra energy’ in my painting. The idea of making those painting is a result of long period of meditation and listening to music. Then I decided to paint with just one color according to state of mood I am, after I meditate. The aluminum is folded before I put the color on. When the painting is hanging on the wall, the color change as the light is changing during the day, the shade accentuate the color and change them to deep, darker or lighter. It's fill the room with bright and clear energy. The colors I choose are from the Chakras colors, so every one who choose a painting can take the color he likes most.“
Die Stadtgalerie Saarbrücken präsentiert vom 27. Februar bis 11. April 2010 die Arbeiten Veronika Wittes, die häufig Versuchsanordnungen darstellen. Ausgehend von den Antworten auf Befragungen oder von graphischen Darstellungen, setzt die Künstlerin diese im Anschluss in komplexe Installationen um. Dazu gründete Witte 2001 das fiktive Meinungsforschungsinstitut „ISF – Institut für sozio-ästhetische Feldforschung Berlin“. So basiert etwa die Projektion „Phu Quoc“ auf Umrisszeichnungen einer vietnamesischen Insel, die Dorfbewohner während einer Befragung über ihre Zukunftschancen machten. In „hybrid figures“ von 2006 und den nachfolgenden Projekten untersuchte die Künstlerin die Auswirkungen der Gentechnologie auf das Körperbild von Männern und Frauen. Hierbei fertigten die Probanden unter anderem Darstellungen von Wesen, die als „flüssige“ Zeichnungen zunächst in eine Videoprojektion und dann in eine Gruppe von Figuren aus Acrystal und Chromlack transformiert wurden.
Der Rundgang durch die Ausstellung „Epiphaneia“ im Museum Haus Ludwig in Saarlouis, die bis zum 2. Mai 2010 zu sehen sein wird, gestaltet sich wie ein Streifzug durch die Kunstgeschichte des Abendlandes: Während uns einerseits griechische Vasen der Antike begegnen, treffen wir andererseits in einem spannenden Wechselspiel auf erlesene Beispiele künstlerischer Druckgrafik von den frühen Kupferstichen aus der Hand Albrecht Dürers (1471–1528) oder aus den Werkstätten Raffaels (1483–1520), zu denen er eigenhändig Zeichnungen seiner berühmten Gemälde lieferte. Weiterhin erhält der Besucher erschütternde Einblicke in die „Gräuel des Krieges“ von Francisco de Goya (1746–1828), begegnet den satirischen Persiflagen der antiken Helden von Honoré Daumier (1808–1879) während der turbulenten Jahre der bürgerlichen Revolution im 19. Jahrhundert sowie den meisterhaften Radierfolgen Max Klingers (1857–1920), die er zu Ovids „Metamorphosen“ und andere antike Mythen geschaffen hat. Die Ausstellung endet mit Radierungen von Pablo Picasso zum „Minotaurus“ und anderen Mythen, die mit größtem Einfühlungsvermögen dem Geist der Antike nachempfunden sind. Neben der Werkwahl überzeugt zugleich die Präsentation, so dass ein Besuch lohnt!
Im Kunstraum max g. in Sankt Ingbert können wir bis zum 6. März 2010 die Graphikausstellung „minimale 2“ besuchen. G. Grand-Montagne zeigt hier zeitgenössische Farbholzschnitte. Die minimalistisch-abstrakten Kompositionen leuchten in kraftvollen Farben und sind infolgedessen von Dynamik und Vitalität durchdrungen. Bei aller Strenge des Bildaufbaus gelingt es dem Künstler die Bildwirkung leicht, unbeschwert, ja beinahe tänzerisch erscheinen zu lassen und unseren Augen damit eine wirkliche Freude zu bereiten.
Missverständnisse haben oftmals eine komische Komponente und kommen daher als effektvolles Stilmittel in Literatur, darstellender und bildender Kunst zum Einsatz. Die Ausstellung „Missverständnisse. Stolpersteine der Kommunikation“, die bis 13. Juni 2010 im Deutschen Zeitungsmuseum in Wadgassen zu sehen ist, widmet sich den Ursachen, Formen und Folgen missverständlicher Kommunikation und fördert dabei eine breite Palette an interessanten, lustigen sowie skurrilen Fallbeispielen zutage. Entstanden ist eine bunte Schau, die unterhaltsame Anekdoten mit den wissenschaftlichen Hintergründen zwischenmenschlicher Kommunikation verbindet.
In diesem Sinne wünsche ich allen Besuchern der saarländischen Kunststätten kindliche Neugierde, viel Phantasie und Bereicherung im Dialog mit der präsentierten Kunst! Denn Kunst, so die treffende Wortwahl des Politikers Lothar Späth, "will, dass man sich an ihr reibt! Ich glaube Kunst hilft uns spiritueller zu werden und das wiederum hilft uns mehr Eigenverantwortung zu entwickeln für den Umgang mit Techniken, mit Gedankenwelten und dem was wir tun.“