Meldungen zum Kunstgeschehen

Kunst im Saarland im Juni/Juli 2011

Auch im Juni und Juli 2011 kann das kleine Bundesland im Westen wieder einmal mit einem vielfältigen und hochrangigen Angebot an Ausstellungen in Galerien und Museen auftrumpfen. Unsere Autorin Verena Paul stellt Ihnen einige ihrer Highlights vor.

Kunst im Saarland
Kunst im Saarland

Im Westen viel Neues

Die Galerie Kulturzentrum Saalbau in Homburg präsentiert noch bis 5. Juni 2011 mit »Farb- und Formereignisse« die Arbeiten Artur Bozems, die durch das Wechselspiel von Formen, Figuren und Farben geprägt sind. Dabei wird der Ausstellungsbesucher zudem durch Experimentierfreude in Bezug auf die Auswahl der Materialien überrascht, zu denen Packpapierstreifen und Teerpapier ebenso gehören wie Mörtelputz, Scheuersand oder Kaffeesatz.

Mit dem Ausstellungskonzept »Auftragskunst« präsentieren sich die beiden Illustratoren Klaus Voormann und Alfons Kiefer bis 10. Juli 2011 im Museum Schloss Fellenberg in Merzig als Auftragskünstler und Freunde. Nachdem Museum Schloss Fellenberg bereits im September 2010 fotorealistische Meisterwerke von Alfons Kiefer präsentierte, folgt nun Teil 2 mit Grafiken und Illustrationen des bekannten Berliner Grafikdesigners, Musikers und Produzenten Klaus Voormann. Zu sehen ist eine Auswahl an Original-Illustrationen, Grafiken, Kunstdrucken und Radierungen aus 50 Jahren Pop- und Rockmusikgeschichte. Ergänzend dazu werden erstmalig Entwicklungsstufen der Zusammenarbeit von Voormann und Kiefer an dem fotorealistischen Gesamtwerk »The Beatles Anthology« präsentiert. Mit Voormanns Kult-Coverdesign für das Beatles Album »Revolver« setzte er einen Meilenstein in der internationalen Covergestaltung, wofür er als erster deutscher Grafikdesigner 1967 einen Grammy der U.S. Recording Academy erhielt. Museum Schloss Fellenberg ist nicht nur eine spannende Ausstellung, sondern zugleich ein wunderbares Ausflugsziel. Denn in den Sommermonaten ist es ganz besonders reizvoll nach dem Museumsbesuch durch den Skulpturengarten »Garten der Künste« zu streifen.

Individualisten und Grenzgänger, gesellschaftliche Randgruppen und Subkulturen: das Interesse der Fotokünstlerin Petra Arnold gilt vor allem Menschen, die sich abseits konventioneller Pfade und Normen bewegen. Unter dem Titel »Turn on the Bright Lights« präsentiert die Städtische Galerie Neunkirchen bis zum 31. Juli 2011 eine umfassende Werkschau der aus Heidelberg stammenden Fotografin. Arnolds eindringliche Bildnisse, die sie in traditioneller, analoger Technik und überwiegend schwarzweiß gestaltet, orientieren sich an den klassischen fotografischen Genres. Doch die Grenzen zwischen Porträt- und Reportagefotografie sind oft fließend. So auch in einer einzigartigen Werkserie über den legendären Motorradclub „Hell’s Angels“, dessen Mitglieder sie seit Jahren fotografisch begleitet. Entstanden sind sehr private, teilweise provokante und oft überraschend einfühlsame Fotografien von großer Authentizität. Neben einer Reportage über den Wanderzirkus „Starlight“ bildet die so genannte Straßenfotografie einen weiteren Schwerpunkt ihrer künstlerischen Arbeit. Auf fotografischen Streifzügen durch die Musik- und Undergroundszenen fängt die Fotografin die Licht- und Schattenseiten von San Francisco oder New Orleans ein. In zahlreichen Porträts unterschiedlichster Charaktere verleiht sie der multikulturellen Stadt Mannheim ein schillerndes Gesicht. Wie immer gelingt der Städtischen Galerie Neunkirchen eine einfühlsame Werkpräsentation, die ich an dieser Stelle uneingeschränkt empfehlen möchte!

Das Ausstellungsmotto »Gegen den Strich« ist bei den Werken der 1958 in Ratingen geborenen Künstlerin Annebarbe Kau wörtlich zu nehmen. Denn die Auffassung von Linie und ihre Artikulation im Raum widerspricht bei ihr durchaus eingeübten Erwartungen. Nicht nur auf Papier und Leinwand entwickelt sie ihre lineare Poesie, sondern ebenso souverän in ihren zwei Klanginstallationen »Die Wand« und »Gegenstrich«, die zum Hören und Sehen gemacht sind. Bis zum 10. Juli 2011 sind die Arbeiten von Annebarbe Kau in der Galerie des Saarländischen Künstlerhauses in Saarbrücken zu bestaunen.

Mit dem Ausstellungstitel »Disparition« bezieht sich die 1962 in Saarlouis geborene Künstlerin Monika Romstein auf den gleichnamigen Roman Perecs aus dem Jahr 1969. Darin verzichtet der französische Autor vollständig auf den Vokal „e“. Perec verwendete in seinen Werken Verfahren, Strukturen und Methoden als Möglichkeiten, um sich von Inspiration zu lösen. Fotografien, Filme, Texte, Gemälde bilden häufig die Quellen der Bilder Monika Romsteins, womit sich die Vielfalt der Themen und Motive erklärt. Alle ihre Bilder sind durch einen skizzenhafte Duktus und die beinahe monochrome Farbigkeit bestimmt, wie gegenwärtig im Studio des Saarländischen Künstlerhauses beobachtet werden kann.

Der in Saarbrücken und Istanbul lebende Künstler Mert Akbal zeigt im Studioblau des Saarländischen Künstlerhauses – ebenfalls bis 10. Juli 2011 – eine Scherenschnitt-Animation mit dem Titel »Dogma«: ein aus mehreren kurzen, ineinander fließenden Episoden bestehender Film. Jede dieser Geschichten erzählt von Protagonisten und Antagonisten, die ihre Selbstverwirklichung anstreben, die für sie das Erreichen heroischen Ruhmes oder allumfassenden Wissens bedeutet. In der Ausstellung werden neben der filmischen Arbeit zudem die Scherenschnitte, aus denen der Film entstanden ist, als eigenständige Kunstwerke ausgestellt. Wie immer gelingt dem Saarländischen Künstlerhaus ein vielstimmiges und absolut sehenswertes Highlight, das bei Ihrem Saarlandbesuch unbedingt eingeplant werden sollte!

Vom 23. Juni bis 31. Juli 2011 präsentiert die Stadtgalerie Saarbrücken mit »Expatriate – Home Sweet Home« die facettenreichen, tiefgründigen und den Betrachter fesselnden Werke Leslie Hupperts. Sie selbst erklärt ihr künstlerisches Schaffen wie folgt: »Wichtig in allen meinen realisierten Konzeptionen ist der partizipatorische Ansatz und die Verbindung zwischen Internet und Materialität, virtuelle Elemente, die sich in realen Ausstellungen manifestieren um wieder mittels Web-Cams ins Netz gespeist zu werden. Meine künstlerische Position beinhaltet vielschichtige interdisziplinäre Projekte sowie Mixed Media Installationen, deren Fokus auf der Vermischung verschiedener Techniken und auf der Interaktion mit Menschen und deren Umgebung liegt. In meiner Arbeit kombiniere ich häufig Malerei, Zeichnung, Fotos und Objekte mit Video«. Eine Ausstellung, die ich mit Spannung erwarte und auf die ich mich schon jetzt sehr freue!

Die Alte Sammlung des Saarlandmuseums präsentiert bis 28. August 2011 die Ausstellung »Der Zauber der Landschaft. Zeichnungen aus dem Besitz der Alten Sammlung«. Die hier gezeigten, zum überwiegenden Teil erstmals publizierten Werke – hauptsächlich aus der Zeit der Aufklärung und der Romantik – geben zumeist natürlich belassene, teils reale Landschaften wieder, die vielfach durch architektonische Versatzstücke bestimmt werden. Häufig transportieren die Zeichnungen, wie etwa die von Jacob Philipp Hackert oder Ferdinand Kobell, ideengeschichtliche Inhalte, die Folge glaubensspezifischer und politischer Umbrüche einer Idealisierung Arkadiens sind. Andere Werke, beispielsweise jene Carl Blechens, werden durch eine starke religiöse Mystifizierung geprägt. Ausklingen wird die Ausstellung mit Landschaftszeichnungen von Karl Friedrich Johann von Müller aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in denen das Ringen um eine gesellschaftliche oder politische Verortung abgeschlossen zu sein schien und Landschaften durchaus auch reine Reiseerinnerungen sein durften.

Das Weltkulturerbe Völklinger Hütte präsentiert bis 1. November 2011 mit »Urban Art – Graffiti 21« 56 Werke von 36 Street Art Künstlern (darunter auch der Pariser Graffiti-Pionier Blek le Rat) in der atemberaubenden Atmosphäre der Möllerhalle mit ihren rostbraunen Staubwänden und den begehbaren Silotaschen. Ihr rauer Charme macht diese Halle zu einem passenden Ausstellungsraum für eine Kultur, die ihren Weg endlich von der Straße in die Museen und Galerien gefunden hat. Ein absolutes Muss für Liebhaber von Street Art und diejenigen, die es noch werden möchten.

Mit der Ausstellung »Menschen machen Zeitung. 250 Jahre Saarbrücker Zeitung« empfängt das Deutsche Zeitungsmuseum Wadgassen die Besucher bis 28. August 2011. Aus Anlass des 250-jähriges Bestehens der Saarbrücker Zeitung, die damit eine der ältesten Tageszeitungen Deutschlands ist, präsentiert die Ausstellung die ereignisreiche Geschichte des Blattes: Von den Anfängen als Anzeigenblatt im 18. Jahrhundert bis zur auflagenstarken Regionalzeitung im 19. und 20. Jahrhundert. Vieles hat die Zeitung in den 250 Jahren ihres Bestehens mitgemacht: Kriege und Zerstörung, Besatzungszeiten, Zensur bis hin zu Ausweisungen von führenden Mitarbeitern, Verbote, Boykottmaßnahmen und nicht zuletzt auch zahlreiche Umbenennungen des Blattes. Ein Schwerpunkt der Ausstellung bildet die Darlegung der Veränderungen im Herstellungsprozess in den vergangenen 50 Jahren. In einer Gegenüberstellung werden mithilfe von Abbildungen die unterschiedlichen Arbeitsabläufe einerseits der Nachkriegszeit, andererseits der heutigen Zeit dokumentiert. Auf diese Weise sollen die Menschen, die täglich dafür sorgen (und dafür gesorgt haben), dass die Zeitung pünktlich erscheinen kann, in den Mittelpunkt der Ausstellung gerückt und der Wandel in der Arbeitswelt im Druckbereich veranschaulicht werden.

»Die Kunst verkündet den Menschen ihre Daseinsberechtigung. Sie enthüllt ihnen den Sinn des Lebens, klärt sie über ihre Bestimmung auf, läßt sie in ihrer Existenz sich zurechtfinden«, so der französische Bildhauer Auguste Rodin. Und damit trifft er auch oder vielleicht gerade die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts, die sich in den Weiten virtueller Räume zu verlieren droht, die ruhelos und verzweifelt in so vielen Dingen nach dem Sinn des Lebens sucht. Vielleicht geht es Ihnen ähnlich wie mir beim Betreten einer Ausstellungsraum. Plötzlich fallen die Kleinigkeiten des Alltags von einem ab und man kann mit neugierigen Kinderaugen in die wunderbare Welt von Farben und Formen eintauchen, um schließlich wieder ganz bei sich selbst anzukommen. Insofern „enthüllt“ Kunst in der Tat ein Stück weit „den Sinn des Lebens“ – oder? Auf jeden Fall aber wünsche ich Ihnen bei Ihren Streifzügen durch die saarländischen Museen und Galerien viel Freude! Ihre Verena Paul.

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