Meldungen zum Kunstgeschehen

Kunst im Saarland Juni/Juli 2012

Das Saarland präsentiert im Juni und Juli 2012 wieder eine Vielzahl hochrangiger Ausstellungen, die es zu entdecken und zu genießen gilt. Unsere Autorin Verena Paul hat Ihnen einige Highlights zusammengestellt.

Kunst im Saarland
Kunst im Saarland

Im Westen viel Neues

Die galerie m beck in Homburg/Schwarzenacker zeigt bis zum 13. Juli 2012 in der Parallelausstellung »Ich bin du« die Werke von Dina Draeger, Friedrich Siegel und Christian H. Cordes. »Ich bin Du – Du bist Er – Er ist Wir – Wir sind Ihr – Ihr seid Sie« ist ein Verwechslungsspiel nicht nur in grammatischer, sondern auch in geschlechtlicher Hinsicht. Dabei bilden die Grafiken von Friedrich Siegel das Verbindungsstück zwischen den malerischen Arbeiten von Dina Draeger und den Schriftarbeiten von Christian H. Cordes. Die vielschichtige, anregende und perspektivschärfende Präsentation kann deshalb uneingeschränkt empfohlen werden!

Bis zum 9. September 2012 präsentiert die Städtische Galerie Neunkirchen mit »Black & Wide« Werke Peter Schlörs. Geprägt von einer großen kompositionellen Strenge, starken Hell-Dunkel-Kontrasten und einer surrealen Lichtregie oszillieren Schlörs Bilder zwischen Ruhe und Dramatik. In menschenleeren, bisweilen archaisch anmutenden Szenerien entfaltet der Künstler weite Landschaftspanoramen, die in ihrer mystischen Erscheinung an Naturdarstellungen der Romantik gemahnen. Auf den kanarischen Inseln ist die jüngste Werkgruppe des Fotografen entstanden, die er im Rahmen des grenzüberschreitenden Ausstellungsprojektes MONO gegenwärtig in der Städtischen Galerie Neunkirchen vorstellt. Der Ausstellungstitel verweist auf die überwältigende Weite dieser Landschaften, deren permanente Veränderungen durch heftige Passatwinde, einzigartige Wolkenspiele und überraschende Lichterscheinungen Schlör in reduzierten und doch atmosphärisch dichten Schwarz-Weiß-Bildern festhält. So unwirklich diese Arbeiten erscheinen mögen, sind sie doch beinahe dokumentarisch. Eine wunderbare Ausstellung, auf deren Besuch Sie sich sehr freuen dürfen!

Mit »Ein Koffer aus Berlin« werden bis 29. Juli 2012 in der Galerie des Saarländischen Künstlerhauses die Arbeiten des 1974 in Bad Homburg geborenen Künstlers Gregor Hildebrandt gezeigt. Die Ausstellung wird aus einem einzigen Koffer heraus entfaltet. In das Erbstück von Tante Renate hat der in Berlin lebende Künstler fast 50 Kunstwerke ineinander gestapelt, die frühere Arbeiten in einem kleineren Format nachahmen und nun an der Wand im Saarländischen Künstlerhaus einen Überblick über sein bisheriges Schaffen geben. Hildebrandt zitiert in seinen Arbeiten, wie Stefanie Gerke erklärt, »mit Tonbändern auf Tafelbildern nicht nur wichtige Stationen der Musik- und Filmgeschichte, sondern auch Formen seines direkten Umfelds. Mit einem durchaus als romantisch interpretierbaren Gestus eignet er sich Objekte an, die ihn beschäftigen, um daraus eigene Ausdrucksformen zu generieren.«

Ebenfalls bis 29. Juli 2012 wird im Studio des Saarländischen Künstlerhauses mit »Portraits and Prayers« eine für die Ausstellung konzipierte Arbeit der 1972 in Saarbrücken geborenen Künstlerin Nina Jäger präsentiert. Es ist eine unabgeschlossene Reflexion über die Wahrnehmung des Anderen und über unsere Sichtbarkeit, die so rätselhaft ist, dass der Mensch nicht müde wird, sich an seinem eigenen Bild abzuarbeiten. Die Ausstellung zitiert eine 1934 erschienene Sammlung von Prosatexten Gertrude Steins, die im Porträt das Zusammenfallen von Sehen, Zuhören und Sprechen versteht, so dass sich Geäußertes, Außen, Innen, Wahrgenommenes und Dargestelltes permanent reflektieren und ineinander verschränken. Jede Generation, sagt Stein, habe ihre eigene Art Porträts zu empfinden, und wir sind heute sicher von mehr Porträts und Abbildern umgeben als jede Generation vor uns. Die beiden im Saarländischen Künstlerhaus gezeigten Ausstellungen heben magische Schätze und lassen den Besucher zum Entdecker werden, gleichzeitig aber stellen sie ihn vor existenzielle Fragen und animieren ihn zum intensiven Reflektieren. Ein Besuch ist also absolut lohnenswert!

Mit » New Photography 1984-2012« zeigt das Saarlandmuseum in Saarbrücken im Rahmen des Ausstellungsprojektes MONO bis 16. September 2012 die größte monografische Ausstellung Roland Fischers mit über 100 Arbeiten. Fischers künstlerisches Schaffen ist visuelles Denken im Spannungsfeld von Individualität und Kontext, Massengesellschaft und Subjektivität sowie von Freiheit und Bestimmung. In seinen großen Formaten rückt der Fotograf Architekturelemente oder Menschen ins Zentrum, wobei gerade die zuletzt Genannten einen unglaublichen Zauber auf den Betrachter ausüben. Eine Ausstellung, die Sie sich nicht entgehen lassen sollten!

Bis 1. Juli 2012 hat das Saarlandmuseum die Ausstellung »Sterben für die Unsterblichkeit« verlängert. Gezeigt werden Radierungen, Lithografien und eine eigenhändige Zeichnung des belgischen Künstlers James Ensor, dessen radikale Modernität sich in der Wahl der Themen artikuliert, die auch heute noch verwundern und schockieren können. Seine Bilder maskierter Menschenmassen, die sich dem Betrachter entgegen drängen, sind angefüllt mit ebenso kritischen wie spöttischen Kommentaren zu seiner sozialen und kulturellen Umgebung. Zudem bringen sie den schwarzen Humor des Künstlers zum Ausdruck und verbinden gleichzeitig seine Gegenwart mit einer künstlerischen Tradition. Es finden sich künstlerische Bezüge zu Rembrandt wie auch zu Hieronymus Bosch und Pieter Brueghel dem Älteren. Sie werden einerseits sichtbar in den ungeschönten Darstellungen niederer Volkstypen und andererseits in Visionen kaum denkbarer Höllen. Der Tod ist ein steter Besucher seiner Bilder, man möchte fast sagen ein guter Freund des Künstlers. So ist er als Sensenmann, Mordopfer oder Skelett – mit oder ohne Zylinder – in zahlreichen Motiven präsent. Mindestens ebenso oft begegnet dem Betrachter Christus als lichtumgebene Erlöserfigur.

Am Saarbrücker Schlossplatz präsentiert das Saarlandmuseum  am Saarbrücker Schlossplatz bis 31. Dezember 2013 die Lichtinstallation »Gelb Rot Blau« des Künstlers Michael Seyl. Mit dieser Arbeit lotet der Künstler das Phänomen des farbigen Lichts aus, wie es im Innern der Saarbrücker Schlosskirche mit ihren prägnanten Meistermann-Fenstern zu erleben ist. Durch die Illuminationen der Fassaden des Museumsgebäudes am Schlossplatz ermöglicht Seyl einen neuen Blick auf das vermeintlich altgewohnten Gebäude. Ist der Zyklus der Glasfenster gemeinhin – im Innenraum – in seiner Gesamtheit erlebbar, so rückt die Lichtinstallation das einzelne Kunstwerk in der nächtlichen Außenansicht in den Blickpunkt des Betrachters.

Wie in den vergangenen Monaten möchte ich auch jetzt nicht versäumen, Ihnen die »Straße der Skulpturen« ans Herz zu legen. Die »Straße der Skulpturen« wurde im Jahr 1971 von dem saarländischen Bildhauer Leo Kornbrust initiiert und führt von Sankt Wendel bis zum Bostalsee. Inzwischen haben fast 60 Skulpturen entlang des circa 25 km langen Teilstücks des Saarland-Rundwanderwegs ihren Platz gefunden. Diese Werke, die mit der Landschaft auf beeindruckende Weise verschmelzen, sind jedoch nicht nur eine Augenweide, sondern auch kleine Mahnmale. Schließlich ist die »Straße der Skulpturen« dem von den Nationalsozialisten ermordeten deutsch-jüdischen Bildhauer und Maler Otto Freundlich gewidmet, der bereits in den 1930er Jahren die Idee zu einer die Völker verbindenden Skulpturenstraße entwickelte. Bei sommerlichem Wetter ist die »Straße der Skulpturen« ein wunderbares Ausflugsziel für Groß und Klein!

Das Weltkulturerbe Völklinger Hütte hat die Ausstellung »Asterix & Die Kelten« bis zum 15. August 2012 verlängert und so können sich die Besucher weiterhin auf 128 Zeichnungen und Szenarien der Asterix-Väter René Goscinny und Albert Uderzo freuen. In der Gebläsehalle erwacht der Mythos um das kleine gallische Dorf mit seinen unbeugsamen Bewohnern zu neuem Leben. Für die Besucher, die dieses ‚Dorf‘ betreten, entwickelt sich eine fesselnde Entdeckungsreise durch die Geschichte von Kelten und Römern. Zum einen spiegeln Zeichnungen und Szenarien das Alltagsleben des gallischen Dorfes wider, zum anderen treten Exponate der gallo-römischen Epoche und der Zeit des Gallischen Krieges in einen faszinierenden Dialog mit diesen dörflichen Szenen. Nicht zuletzt geben Bilder mit Persönlichkeiten und Szenen aus dem Asterix-Comic, die berühmte Werke der bildenden Kunst zitieren, Computerspiele und Souvenirs der Kultfiguren Einblick in den Asterix-Mythos unserer Tage.

Wie kein anderes bildkünstlerisches Medium ist die Fotografie essentieller Teil der Industriekultur und so wird mit »Behind the Future« – zu sehen bis zum 1. November 2012 – eine Reihe bedeutender Fotoausstellungen in der Völklinger Hütte fortgesetzt. In seinem 30 Arbeiten umfassenden Werkzyklus »Behind the Future« entwirft Nicolas Dhervillers eine Sicht auf das Weltkulturerbe Völklinger Hütte, die ein wichtiges Statement der Neuen Fotografie des zweiten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts darstellt. Dhervillers spürte verborgene, in Vergessenheit geratene Orte der Völklinger Hütte auf und rückte sie in den Fokus seiner Kamera. Die dargestellten Areale und Räume wandeln auf den Spuren der Vergangenheit und sind zugleich Zukunftsvisionen. Insofern erscheint die Völklinger Hütte einerseits als Ort, an dem die Zeit still steht und andererseits sieht sich der Betrachter einer surrealen, fremden Wirklichkeit gegenüber.

Das Deutsche Zeitungsmuseum in Wadgassen präsentiert vom 8. Juli bis 2. September 2012 in der Jubiläumsausstellung »Wurzeln und Flügel – Schriftkunst von Katharina Pieper 1982 bis 2012« die kalligrafischen Arbeiten der international erfolgreichen saarländischen Künstlerin. Eine Ausstellung, auf die ich mich schon sehr freue!

»Wir alle wissen, daß Kunst nicht die Wahrheit ist. Kunst ist eine Lüge, die uns die Wahrheit begreifen lehrt, wenigstens die Wahrheit, die wir als Menschen begreifen können«, hat Pablo Picasso einmal geäußert und damit sowohl die Ästhetik als auch die inhaltliche Aussagekraft eines Kunstwerkes hervorgehoben. Wenn wir uns Gemälde, Skulpturen oder Plastiken, Baukunstwerke, Kunstfilme, Fotografien oder Performances ansehen, dann ist es zunächst der ästhetische Reiz, der auf unser Auge wirkt. Doch bei genauer Betrachtung erahnen wir, dass das Kunstwerk nicht nur aus dieser einen Schicht, sondern aus ganz vielen Schichten besteht, die uns zum Reflektieren anregen, die uns die Welt – vielleicht nur für einen kurzen Augenblick – anders wahrnehmen lassen und dabei mitnichten den Anspruch erheben (können), Wahrheit zu sein. Lassen Sie sich auf dieses spannende Zusammenspiel auch bei den gegenwärtigen Ausstellungen im Saarland ein – hierbei wünsche ich Ihnen viel Vergnügen! Ihre Verena Paul

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