Meldungen zum Kunstgeschehen

Kunst in Berlin im Januar/ Februar 2012

Im Gegensatz zum grauen Januarhimmel präsentieren die Berliner Galerien ein buntes und quirrliges Potpourri von Ausstellungen. Wir haben Ihnen einige sehenswerte Schauen aus der pulsierenden Kunstmetropole zusammengestellt.

Kunst in Berlin
Kunst in Berlin

Der Jahresbeginn 2012 in den Berliner Galerien steht ganz im Zeichen der Fotografie. Eindrucksvoll präsentiert der 1938 in der Ukraine geborene Künstler Boris Mikhailov in der Berlinischen Galerie sein breites und vielschichtiges Werk. Virtuos schöpft er die verschiedensten Möglichkeiten des fotografischen Mediums aus und zeichnet ein ebenso schonungsloses wie humorvoll-ironisches Bild seiner unmittelbaren Umgebung. Dabei stößt er immer wieder in Räume neuer Techniken vor, arbeitet mit verschiedensten Kameras und Stilmitteln. Aber auch das Changieren zwischen konzeptuellen Arbeiten und dokumentarischen Herangehensweisen machen ihn zu einem der interessantesten Künstler der Gegenwart.

Weiter geht es in der Galerie en passant mit der Ausstellung »Berlin, Shanghai«. Die Fotografen Matthias Hagemann und Alexandra Schraepler beschäftigen sich in ihren Arbeiten mit den beiden Städten auf sehr divergierende Weise. Beide Künstler verbindet jedoch die analoge Arbeitsweise, mit der sie auf ihre individuelle Art ganz subjektive urbane Bildwelten erschaffen: Auf der einen Seite finden sich technokritische Schwarz-Weiß-Fotografien, die in einem skeptischen Gestus auf die Folgen der Mega-Infrastrukturen auf das Individuum verweisen. Auf der anderen Seite stehen farbige Raumtransformationen, die in Blicken und Ausschnitten die Veränderungen der Stadtmetropolen aufgreifen und durch die analoge Verfremdung mittels Spiegelungen zu neuen fotografischen Kompositionen und nahezu malerischen Bildwelten verwandeln.

Um die Verwandlung geht es auch in der Gedenkausstellung »Pantelis Sabaliotis (1955-2011): "Metamorphosen"« der Galerie Wedding. Anlässlich ihres jüngst unerwartet verstorbenen, langjährigen Kurators Pantelis Sabaliotis widmet die Galerie dem Maler, Objektkünstler und Rauminstallateur ein Memoriam. Vom Realismus bis zum Surrealismus über blaue, schwarzweiße und rote Perioden sowie abstrakte Malerei beschäftigte er sich in den letzten Jahren vorwiegend mit natürlichen Materialien wie Salz, Wachs und Gold, die er in Stelen oder großformatigen Wandobjekten eindrucksvoll umsetzte. Seine Werke thematisieren das Sein im zeitlichen Wandel und die Transformation der Gegenstände. In der Tradition Heraklits spiegeln sich in Sabaliotis' Kunst Metaphysisches und Materie im Prozess der steten Wandlung.

Ganz dem Thema Zeit und Zeitbewusstsein widmet sich auch die niederländische Fotografin Marike Schuurman. In der Hamish Morrison Galerie stellt sie in der Einzelausstellung »Time Zero« ihre neueste Fotoserie aus. Sie versteht Fotografie von jeher als adäquates Verfahren, die Wirklichkeit zu transzendieren. Der strengen fotografischen Planung, Konzeption und Komposition stellt sie das zufällige Moment chemischer Reaktion bei, wenn sie stets mit bereits abgelaufenen Polaroidfilmen arbeitet. In diesen so bis zur Unkenntlichkeit verfremdeten Aufnahmen urbaner Eindrücke nehmen ihre surrealistische Fotografien ausdrucksstarke Positionen ein, in der ein müßiges Durchstreifen unterschiedlichster Orte, eine geduldige Beobachtung und eine Liebe zum Detail der Hektik und Technikeuphorie der Moderne gegenüberstehen.

Verfremdung ist auch das Thema der Ausstellung »Breaking Surfaces« der Galerie Jette Rudolph. Anouk Kruithof, Mariana Mauricio und Darren Harvey-Regan verabschieden sich hier von der Fotografie als streng mimetisches Medium, um durch taktische Interferenzen der medialen Parameter neue Produktions- und Rezeptionsbedingungen zu provozieren. Mit gezielten Eingriffen in die Bild-Objekt-Beziehung der Fotografie wird der Abbildungscharakter gänzlich verneint. Ergänzung und Verletzung medialer Gegebenheiten tragen gleichermaßen dazu bei, dass die gewohnt homogene und makellose Oberfläche der Fotografie ihren tradierten Bezug zum wirklichen Objekt ablehnt, verklärt oder gar gänzlich verneint. Mit der Intention der Verfremdung weiten die Künstler das Trägermaterial des Mediums über dessen Grenzen hinaus in den Ausstellungsraum aus oder greifen manipulativ am Bildträger, dem Motiv bzw. an dessen Bezug zum realen Gegenstand ein.

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