Meldungen zum Kunstgeschehen

Kunst in Wien Dezember 2012/Januar 2013

Das Jahr 2012 neigt sich dem Ende zu, doch für die Wiener Galerien und Museen ist trotz angeblich bevorstehendem Weltuntergang kein Ende in Sicht: Nackte Männer und qualitativ-hochwertige Dokumentarfotografie stehen unter anderem im Dezember und im Januar auf dem Programm – eine wahrlich schöne Bescherung. Fanny Hauser gibt Ihnen einen Überblick.

Kunst in Wien
Kunst in Wien

Mit dem Jahreswechsel endet nicht nur das Jahr 2012, sondern auch das in Wien allseits gefeierte „Klimt-Jahr“. Wer noch ein letztes Mal die Möglichkeit nutzen möchte, den gesamten Klimt-Bestand des Belvedere (darunter auch der berühmte „Kuss“) zu sehen, der hat noch bis 27. Januar 2013 Zeit dazu, die »Jubiläumsaustellung. 150 Jahre Gustav Klimt« im Oberen Belvedere zu besuchen.

Einer Rezeptionsgeschichte anderer Art kann man im Leopold Museum im Museumsquartier nachgehen: »Nackte Männer« zeigt die Schönheits- und Körpervorstellungen der letzten 200 Jahre auf; hierfür bedient sich das Leopold Museum unterschiedlichster Medien der Kunst und stellt zu Beginn der Ausstellung fünf singuläre Plastiken vor.Sie dienen sozusagen als „Prolog“, der die große Tradition des Themas „Nackte Männer“ in der abendländischen Kunst beleuchten soll. Von Cézanne zu Egon Schiele bis hin zu Andy Warhol und Bruce Naumann sind unzählige Künstler vertreten, die die Vielfalt und den Wandel der Männerdarstellungen exemplarisch darstellen.

Auch der alle zwei Jahre stattfindende „Monat der Fotografie“, der besser unter dem Titel „eyes-on“ bekannt ist, hat im Dezember 2012 sein Ende gefunden. Die Nachwehen sind allerdings nach wie vor spürbar: Sowohl die Ostlicht-Galerie als auch das Westlicht bieten interessante Ausstellungen zum Thema Fotografie. So hat man noch bis 10.Februar 2013 die Möglichkeit, sich an der gelungenen »In our time. Magnum 1947-1987«-Ausstellung im Wiener Westlicht zu erfreuen. „Magnum“ steht bis heute für Dokumentarfotografie von höchster Qualität: Robert Capa, Henri Cartier-Bresson, George Rodger und David Seymour gründeten die legendäre Fotoagentur 1947. Die Ausstellung »In our time« präsentiert mit den Fotografien der vier Magnum-Initiatoren und weiterer Mitglieder (darunter René Burri, Werner Bischof und Bruce Davidson) die ersten 40 Jahre der Magnum-Ära und bietet so einen Rückblick auf die Weltgeschehnisse der letzten Jahrzehnte sowie einen Einblick in die Zugangsweisen der verschiedenen FotografInnen.

Auch Wim Wenders geht in der Ostlicht-Galerie mit „Places, strange and quiet“ in die nächste Runde: Die Ausstellung, in der die analogen Fotografien des Regisseurs und Fotografen zu sehen sind, wird bis 9. Januar 2013 verlängert. Rund 40 großformatige Fotografien menschenleerer Orte und verlassener Plätze, die der Künstler in den letzten Jahren bereist und entdeckt hat, bilden den Mittelpunkt der Ausstellung. So stellen die Werke gewissermaßen eine Dokumentation der letzten 40 Jahre Wim Wenders‘ dar, in denen es ihn nach Australien, Armenien, Japan, Italien, in die USA und in den Osten Deutschlands verschlagen hat.

Die Ausstellung »270 West 17th Street #20c NY NY 10011« in der Galerie Steinek hingegen, beschränkt sich bloß auf einen Ort der Landkarte: New York. Die neuen Arbeiten des Künstlers Matthias Herrmann können noch bis 10.Januar 2013 begutachtet werden. Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf die Adresse eines New Yorker Ateliers, das den Ausgangspunkt für Herrmanns Streifzüge durch die Weltmetropole bildete. Dabei begegnete der Flaneur unterschiedlichen Motiven wie Hauseingängen, verwaisten Parkplätzen, verfallenden Häusern, Museen und anderen Orten der Hochkultur, die er jeweils gekonnt mit melancholischem Blick in Szene setzt.

Weibliche Pendants zu Wim Wenders, Matthias Herrmann und den Magnum-Pionieren finden sich in der Galerie Hummel mit der Ausstellung »Das Feminine im Wiener Aktionismus und Aspekte aktueller Fotografie: Heidi Harsieber, Claudia Schumann«. Anhand verschiedener Werke von Otto Muehl, Hermann Nitsch sowie Günter Brus soll das Feminine im Wiener Aktionismus gezeigt werden, das primär durch den Körpereinsatz der Frauen bei den jeweiligen Aktionen zum Tragen kam. Claudia Schumann und Heidi Harsieber thematisieren die Weiblichkeit allerdings mit dem Medium der Fotografie: So konzentriert Schumann sich primär auf weibliche Torsi und bildet Teile des weiblichen Körpers sensibel, jedoch nicht ohne Härte und einem Gefühl des Ausgesetzt-Seins ab. Heidi Harsieber hingegen widmet sich dem psychologischen Bereich und versucht, Ausgelebtes sowie Verstecktes gekonnt mit der Kamera einzufangen. Zentraler Aspekt ihrer Werke liegt im Erfassen von Persönlichstem an verschiedenen Orten, wie Bars und verborgenen Winkeln, androgynen Räumen der Gefühle und Neigungen.

Das Jüdische Museum Wien präsentiert dagegen »Vienna’s Shooting Girls. Jüdische Fotografinnen aus Wien« sowie eine Ausstellung zum Thema »Heute in Wien 2012. Fotografien zur jüdischen Gegenwart von Josef Polleross«. Die Werke der Shooting Girls ermöglichen einen Blick auf das moderne Frauenbild der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Ausstellung folgt dem Weg der Fotografinnen ins Exil und erinnert an das willkürliche Ende dieser Ära für Wien, aber auch an die Fortführung in anderen Ländern und Kontinenten. Zu sehen sind unter anderem Werke von Trude Fleischmann, Alice Schalek und Edith Tudor Hart.

Josef Polleross hingegen bleibt in der Gegenwart und erfasst das heutige Leben der jüdischen Gemeinde vor allem im zweiten Wiener Bezirk Leopoldstadt. Der Künstler knüpft hier einerseits an dem 1996 publizierten Bildband von Harry Weber an, andererseits jedoch sucht Polleross nach Möglichkeiten die Veränderungen innerhalb der jüdischen Gemeinde und ihren Zuwachs während der letzten 16 Jahre aufzuzeigen und einen Einblick in das vielfältige jüdische Leben in Wien heute zu geben. Als Wiener „Schmankerl“ seien den Freunden der Fotografie noch die »Schattenorte Wiens« ans Herz gelegt: Die Ausstellung findet im Foyer der Wienbibliothek des Rathauses im 1. Bezirk statt und kann noch bis Ende Februar zu freiem Eintritt besucht werden. Wolfgang Freitag führt das Publikum an Orte Wiens, die Institutionen der Ausgrenzung und (Ab)Scheu darstellen: Obdachlosenheime, Pathologien und Krematorien sind solche Schattenorte Wiens, mit denen der Fotograf sein Publikum konfrontiert. Ziel ist es, weit verbreitete Mythen zu entmystifizieren und an ihre Stelle jene Eindringlichkeit zu setzen, die nur der Alltag für uns bereithält: sofern wir bereit sind, genau genug hinzusehen.

Die Ausstellung im Wiener Rathaus lässt sich wunderbar mit einem Besuch des alljährlichen Wiener Christkindlmarkts vor den Toren des Rathauses verbinden – hier findet man auch nach einem langen Tag des Bilder-Betrachtens eine hervorragende Gelegenheit sich bei Glühwein und frischem Lebkuchen zu stärken und dem Jahr 2013 freudig entgegen zu blicken.

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