Kunstspiele-Rezensionen

Kunstmarkt – Pokern – Investieren – Gewinnen, Spiel von Franz-Benno Delonge, Prestel Verlag, München 2006.

Wenn das kein Schnäppchen ist: ein echter Velásquez! Und das für gerade einmal 2000! Der Preis ist geradezu lächerlich. Da muss man einfach zuschlagen!

Zugegeben, diese Szene spiegelt nicht unbedingt den realen Kunstmarkt wider. Und doch gelingt es Franz-Benno Delonge, einige grundlegende Mechanismen des Kunsthandels spielerisch umzusetzen. Das Spielprinzip erinnert dabei stark an das gute alte Quartett, nur wird hier nicht mit PS-Zahlen von Autos oder Flugzeugen gewetteifert – es geht um Bilder. Und der Kunde hat ganz konkrete Wünsche: Möglichst groß soll das Bild sein. Und, bitteschön, aus den Niederlanden stammen.
 
Um die 48 Bildkarten vergleichbar zu machen, werden bestimmte Grundkategorien eingeführt, die jedem Kunstliebhaber die Haare zu Berge stehen lassen. In Prozentzahlen wird etwa der Bekanntheitsgrad des jeweiligen Künstlers angegeben. Nach welchen Kriterien diese Zahlen gemessen wurden, bleibt vollkommen schleierhaft. Natürlich wird auch die Größe der Bilder angegeben. Dierick Bouts Verkündigung, lesen wir da zum Beispiel, hat eine Größe von 0,44 m². Und aus den Niederlanden kommt das Bild auch. Doch zu früh gefreut: ein Mitspieler bietet unserem Kunden ein Triptychon von Vramcke von der Stockt an – ebenfalls Niederlande, aber 3,30 m² groß. Er erhält den Zuschlag.
 
Ausgerüstet mit etwas Startkapital und einem Grundstock von drei Kunstwerken versuchen sich drei bis fünf Spieler als Kunsthändler. Je mehr Spieler mitmachen, desto besser, desto abwechslungsreicher verläuft das Spiel. Ist man am Zug, hat man drei Möglichkeiten: Man kann, erstens, ein weiteres Bild erwerben – auf dem Tisch liegen immer fünf Angebote zu fest vorgeschriebenen Preisen. Es wäre weitaus spannender gewesen, hätte Delonge an dieser Stelle eine Spielphase eingeführt, in der die Spieler um bestimmte Bilder in einer Art Versteigerung gegeneinander hätten bieten können. Die Chance wurde leider vertan. Der zweite mögliche Spielzug besteht darin, eine Kundenkarte zu ziehen. Es kommt nun darauf an, die Kundenwünsche mit seinen eigenen Bildern in Übereinstimmung zu bringen, denn – dritte Möglichkeit – sobald eine Kundenkarte ausgespielt wird, steht es allen Mitspieler frei, dem Kunden ein Angebot zu unterbreiten. Wie im Quartett entscheidet sich der Kunde für das Bild, das seinen Anforderungen – Landschaftsdarstellung, Akt, aus Deutschland, aus Frankreich, möglichst bekannter Maler, möglichst kleinformatig, möglichst alt etc. – am nächsten kommt. Überraschungen bleiben nicht aus und machen manchen gut durchdachten Spielzug zunichte. Gewonnen hat am Ende, wer bei seinen Aktionen das meiste Geld verdient hat.
 
Delonges Spiel ist durchaus kurzweilig. Das Spielmaterial ist, wie bei Prestel gewohnt, hochwertig. Die unleserlich kleine Schrift auf den Bildkarten macht das Spiel freilich etwas mühselig. Ein übersichtliches Kartenlayout, auf dem man die wichtigsten Daten zu dem Bild mit einem Blick erfassen kann, hätte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein müssen.
 
Man findet schnell in das Spiel. Die Spielanleitung ist kurz und bündig. Etwas mehr Komplexität hätte dem Spiel, für das keinerlei kunsthistorisches Vorwissen vorausgesetzt wird, gut getan. Wie schön wäre es gewesen, Ereigniskarten unter die Kundenkarten zu mischen, die z.B. ein gerade erworbenes Bild als Fälschung entlarven. So bleibt die reizvolle Grundidee. Aber mehr als eine nette Variante des Quartetts bietet Delonge letztlich nicht.

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