Ausstellungsbesprechungen

Liebe. Love. Paare

Wo die Liebe hinfällt… Im Museum scheint das wohl bislang noch nicht vorgekommen zu sein.

Ausgerechnet die Kunst, in der sich über Jahrtausende hinweg die Paare tummeln, wo sich schon in frühester Zeit und in östlichen Kulturen freizügigste Szenen – und sei es versteckt im Götterhimmel – auftun, dass einem die Schamröte ins Gesicht steigt, wo sich die Maler und Bildhauer innigste Darstellungen intimer Zuwendung suchen, die es bis zu Friedhofswürden bringen (man denke an den »Kuss« von Brancusi), ja ausgerechnet die Kunst wurde offenbar noch nie auf die Paartauglichkeit der Liebe hin durchleuchtet. In Würzburg wird nun nachgeholt, was man vielleicht einfach vergessen hat: das Motiv des Paares in einer groß angelegten, vielfach geschichteten Ausstellung, die über das ganze Jahr seine Runde macht – nach Würzburg pilgern die Paare nach Hamm und schließlich nach Ulm. Ein nötiger Paarlauf.

Bei aller Überfälligkeit eines solchen Themas liegt ein Dilemma gleich auf der Hand. Felix Vallotton, nur als Beispiel, würde einen Saal füllen mit diesem Motiv, das in der Bandbreite die Erotik genauso abdeckt wie die Eifersucht, das Ehedrama, Anziehung und Abneigung, Blick und Tritt usw. Er ist in der Ausstellung allerdings gar nicht vertreten, was noch nicht einmal als Vorwurf formuliert werden kann. Eine Überblicksschau kann hier tatsächlich nur andeuten. Umso erfreulicher haben sich die Ausstellungsmacher unter Regie von Beate Reese, die in Würzburg die Moderne nach 1945 und insbesondere die Fotografie unter ihren Fittichen hat, mit großer Offenheit dem Motiv genähert, Mut zur Lücke bewiesen und ein dreiteiliges Konzept entwickelt, das unter den Eckwerten »wie zusammen…«, »warum zusammen…« und »mit wem zusammen…« wunderbare Schwingungen erzeugt.

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Der Katalog ergänzt sie mit einem nuancenreichen Vorspann und stimmt auf die Themen ein: mit Barbara Sichtermanns locker-essayistischem Einstieg »Über die Machbarkeit des Glücks«, einem Auszug aus Botho Strauß’ bestem Buch »Paare, Passanten« und einem Streifzug durch die Bild- und Vorstellungswelt von Paaren, »Es ist doch ein schnurrig Ding…«.

 

Fürwahr! Nur schnurrig allein sollte die kunstvoll ausstaffierte Paarerei zwischen Zweisamkeit und Paarung auch nicht sein, und so spannt sich doch ein gewaltiger, vielfältiger Bogen über die Ausstellung. Ob märchenhaft (Macke) oder dämonisch (Tappert), abstrahiert (Antes) oder ganz bei sich (Nolde), ob als blinder Trieb (Friedemann Hahn) oder als Verdoppelung der Einsamkeit (Lindner), als Kommunikationsmodell (Trockel) oder verfangendes Verhängnis (Stricker) – die Beispiele legen sich wie Multiplikatoren zurecht, denen man nach Lust und Laune unzählige weitere hinzudenken kann. Am stärksten ist die Ausstellung da, wo das Gefühl sich zur stummen, aber erschütternden Geste reduziert wie etwa in Max Beckmanns Holzschnitt der »Tanzenden«, oder da, wo dieses Gefühl zum kalten Zeig-mich/dich-Wert verfällt wie in der C-Print-Serie von Rabea Eiperle »Mit uns ein Gefühl«.

Über 60 Künstler gewähren in einer Art Panoptikum einen sachkundigen, aber dennoch nie trockenen, vielmehr herrlich kurzweiligen Schlenderblick auf ein allfälliges Thema. Neben den genannten seien noch Peter August Böckstiegel, Hannah Höch, Wilhelm Kohlhoff und Magnus Zeller aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts hervorgehoben, für die zweite Jahrhunderthälfte noch William Copley, Niki de Saint Phalle und C. O. Paeffgen – sinnfällig vergegenwärtigen sie im historischen Zeitraffer auch den Wertewandel eines wichtigen soziologischen Begriffs. 

Weitere Informationen

 

Museum im Kulturspeicher Würzburg
Öffnungszeiten
Di 13–18 Uhr
Mi 11–18 Uhr
Do 11–19 Uhr
Fr– So 11–18 Uhr

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