Ausstellungsbesprechungen

Martha Colburn – Don’t kill the weather man, Kunstsammlung im Stadtmuseum Jena, bis 27. Februar 2011

Martha Colburn stellt in ihren Kurzfilmen und Collagen soziale und politische Themen der amerikanischen Geschichte und Gegenwart dar. Der Umgangston schwankt hierbei zwischen witzig bis zynisch. Mit glühendem Interesse hat sich Rowena Fuß alles für Sie angeschaut und war begeistert.

Gleich beim Eintreten in die Ausstellung nehmen die bunten Collagen und Filmgeräusche den Betrachter gefangen. Alles wirkt überaus bunt und dynamisch. Mit »Join the Freedom Force« geht es auch gleich mitten hinein in das Getümmel von Colburns Film-Welten. Gezeigt werden verschiedene Protestbewegungen und teilweise gewaltsame Auseinandersetzungen während der Demonstrationen. Während einer Veranstaltung gegen den G20-Gipfel steigt sogar ein Dämon aus der Hölle empor. Zur gleichen Zeit geht ein Afro-Amerikaner in Flammen auf. Deutlich politisch motiviert, zeigt der Film die Diskrepanz zwischen Menschenrechten und Rassenunterschieden in der amerikanischen Gegenwart.

Da Martha Colburn selbst einmal Schlagzeugerin war, werden alle ihre Filme mit Musik unterlegt. Bei »Lie, lie, lie« hört (und sieht) man beispielsweise Serj Tankian, bekannt als Leadsänger der alternativen Metal-Band System of a Down. Mit dem deutschen Techno-Künstler Felix Kubin brachte sie hingegen das Gemeinschaftswerk »Groscher Lausangriff: Big Bug Attack« heraus. Darin verarbeitet sie das 1998 von der deutschen Regierung verabschiedete Gesetz, welches Behörden autorisiert, im Rahmen einer Ermittlung, private Telefonate abzuhören.

Ähnlich dem Aufbau einer Theaterbühne schafft Colburn für ihre Filme Szenen auf versetzbaren Glasplatten. Dafür malt sie Bilder, klebt Collagen, schafft flache Gliederpuppen und bewegt die einzelnen Elemente in der Stop-Motion-Technik vor einer variablen Kulisse. Dies ist eine sehr aufwändige Technik, denn für eine einzige Filmsekunde benötige sie 24 solcher Bilder, bei einem 10-minütigen Film etwa 9000 Aufnahmen.

Dabei bearbeitet Martha Colburn kritisch das Spektrum der amerikanischen Identität, Geschichte und aktuellen Politik. Der Film »Meet Me in Wichita« ist eine Parodie des Filmklassikers »The Wizard of Oz«, in der, abgesehen von Filmheldin Dorothy, alle Charaktere durch Osama Bin Laden ersetzt werden. In einem Film mit dem programmatischen Titel »Evil of Dracula« lässt Colburn Stereotypen wie Cowboys oder Werbefrauen aus den 50ern mit Zahnpasta-Lächeln sich einem kollektiven Blutrausch hingeben, dazu sind alle praktischerweise mit Draculazähnen ausgestattet.

In ihrem Film »Myth Labs« bringt sie den Drogenkonsum von Crystal Meth mit der amerikanischen Siedlungsgeschichte und dem „Civil Rights Act“ von 1964 in Verbindung. Mit einem Moses, der die Gesetzestafel hält, einem Ninja, der von einem Adler verfolgt wird, einem Baby, das von einem Mann im Strahlenschutzanzug gerettet wird, Osama bin Laden, der über einen gesteinigten Afro-Amerikaner lacht und einem Pilgervater, der Geld von einer männlichen drogenabhängigen Prostituierten annimmt sowie Martin Luther, der eine Crackpfeife raucht, thematisiert Colburn die Suche nach dem von Gott versprochenen Ort der Erlösung über Angstzustände, Paranoia und Erlösungsmomenten.

Im selben Raum wie dieser Film ist auch eine Collage zu sehen, in der ein berittener Polizist, ein verzerrter Meister Yoda (?), eine Felswand, mehrere Schneemänner mit der Aufschrift „endangered species“ und einer Frau, nur mit einem Slip bekleidet auf dem Rücken mit dem Ausruf „Burn fat not oil“ versehen, weitere Protestbewegungen thematisieren. Daneben hängt eine weitere Collage, die diesbezüglich mit vermummten Menschen (Attentäter? Terroristen?), einer Gruppe von Polizisten, die einen Chinesen mit einem „Free Tibet“-Stirnband wegtragen und einem Polizisten, der von umherfliegenden Granaten zerfetzt wird, noch deutlicher wird.

Fazit: Join the Force! Don’t kill the messenger!

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