Ausstellungsbesprechungen

Max Ernst, Im Garten der Nymphe Ancolie

Das wohl größte Werk im Oeuvre des Künstlers Max Ernst misst ein Fläche von 22m² und zierte einst eine Nische der Mascotte-Bar in Zürich. Jene monumentale Wandmalerei mit dem Titel »Pétales et jardin de la nymphe Ancolie« bildet momentan den Mittelpunkt der aktuellen Ausstellung »Max Ernst – Im Garten der Ancolie« im Basler Museum Tinguely. Bis zum 27. Januar können die Restaurierungsarbeiten in einem speziell eingerichteten Schauatelier besichtigt werden.

Lange war das Bild den Einflüssen des Barbetriebes ausgesetzt. Gegen Ende der 50er Jahre nahm man es von der Wand und verwahrte es im Kunsthaus Zürich. Im Zuge der Abnahme wurde es in achtzehn Teile geschnitten und später mehrmals übermalt.

 
Die Ausstellungskonzeption macht sich den Umstand der damaligen Teilung zu Nutze. Im Ausstellungsraum hängen die achtzehn Bildtafeln in ihrer Gesamtheit. Einige Tafeln sind inzwischen (momentan fast die Hälfte) von Firnis und Übermalung freigelegt worden. Diejenigen Teile, die zur Restaurierung im Schauatelier verweilen, werden jeweils durch Reproduktionen ersetzt. Die restlichen Teile warten noch auf ihrer Bearbeitung. Diese Art der Präsentation veranschaulicht die einzelnen Arbeitschritte in besonderer Weise.

Das große Werk bildet gleichzeitig den thematischen Ausgangspunkt der Ausstellung. Wie in den weiteren rund 150 ausgestellten Arbeiten steht der Aspekt der Transformation im Zentrum. Einmal sind es biomorphe Formen, die im Begriff sind, etwas zu werden. Ein anders Mal fügen sich metallische Teile zu einem mechanischen Automaten zusammen.

 

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Max Ernst hatte die Fächer Germanistik, Philosophie, Romanistik und Kunstgeschichte studiert. Als intellektuell gebildeter Künstler gab er seinem Unterbewussten in den Sphären der bildenden Kunst freie Entfaltungsmöglichkeit. Das Unerklärliche und Rätselhafte findet in seinen Arbeiten eine visuelle Formulierung. Diese Suche nach unterbewussten Motiven macht Ernst zu einem der bedeutenden Surrealisten.

 

Mittels verschiedener Techniken verleiht Ernst seinem Interesse an Farbe und Form Ausdruck. Der Detailreichtum lässt eine ungeahnte Fülle an Sehangeboten offenbar werden. Die Assoziationen sind vielfältig und scheinen den Betrachter nach Interpretationsmöglichkeiten suchen zu lassen.

 

Der Kunsthistoriker und Ernst-Kenner Werner Spies, der dieses Projekt begleitet hat, stellt allerdings nicht die Frage nach Erklärung und Interpretation in den Vordergrund. Statt dessen spricht er von intransitiven Bildern, die aus sich selbst existieren und versteht Ernst als einen Künstler, der auch offene Fragen auf sich selbst zur eigentlichen Aussage seiner Bilder machte. Es ist ebenso das »Rätsel des Künstlers«, welches Max Ernst in seinen Arbeiten aufzulösen versucht. Hierdurch beschreibt er den künstlerischen Prozess, entmystifiziert ihn und betont damit die »passive Rolle des Autors im Mechanismus der poetischen Inspiration«. 

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Mit der Collage-Technik befördert Ernst das Moment des Zufalls und entzieht sich der Idee des subjektiven, künstlerischen Schöpfertums. In den Collagen, die einen Roman illustrieren sollten, puzzelt er kleine Szenen, die biedermeierlich anmuten, frech zu einem Ort der Absurditäten zusammen. Provokativ geht es insgesamt in den ausgestellten Werken zu. Nicht nur der Garten der Nymphe Ancolie deutet auf eine höchst erotische Verführungssituation, die das Treiber am ursprünglichen Aufenthaltsort der Wandmalerei kommentierte.

Das Museum Tinguely gruppiert in seiner Ausstellung wichtige Werke eines surrealistischen Künstlers, den Jean Tinguely in einigen seiner Automaten als den großen »Dada Max« verehrte. Spannend bleiben auch weiterhin die Restaurierungsarbeiten an der bisher wenig beachteten Wandmalerei, die der Ausstellung den Namen gab. Man darf gespannt auf die weitere Offenlegung der authentischen Farbschicht sein, die sich auf den schon gereinigten Tafeln als frisch und leuchtend darstellt.

 

 

 

Öffnungszeiten

Dienstag bis Sonntag 11 – 19 Uhr
Montag geschlossen

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