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Messerschmidt: Die phantastischen Köpfe des Franz Xaver Messerschmidt

Es ist schon bezeichnend: Porträtköpfe mit Titeln wie »Der sanfte ruhige Schlaf« oder »Der Edelmütige« würden Franz Xaver Messerschmidt, den schwäbischen Neffen des Münchner Hofbildhauers Johann Baptist Straub, als Vertreter eines vorklassizistischen Stils ausweisen.

Diesen handwerklich versierten, kunsthistorisch durchaus beachtlich zu nennenden Künstler kennt kaum jemand. Was wir mit diesem Namen verbinden, sind die Charakterfratzen, Wahnsinnsgesichter sowie überdrehten Studien und Clownerien – und die sind nun weit entfernt, eine Ruhe jedwelcher Art auszustrahlen. Die Gesichtsentgleisung ist der Clou des brillanten Bildhauers, nicht das Ideal.

Messerschmidts bekannteste Güsse überholen alle klassizistisch-idealistischen Positionen mit links und landen als hochmoderne Zeitgenossen auf dem Weg, der unmittelbar in die Gegenwart führt. Von den Zunge zeigenden Grisgrams ist kein weiter Weg zur allseits bekannten Fotografie von dem Physiker Albert Einstein, wie er bei gewitztem Augen-Schein die Zunge herausstreckt (heute würde er diesen unangemessenen, leider auch immer wieder in die Gazetten gesetzten Ausrutscher sicher bedauern). Und auch sonst assoziiert man mit diesen schrägen Bronze- und Marmortypen Karikaturen, die sogar im 21. Jahrhundert ihren Mann stehen würden. Für das 20. Jahrhundert gilt, dass Maler wie Bacon u.a.m. von dem Physiognomiker abgeschaut haben.

Das Frankfurter Liebighaus hat 20 – von insgesamt rund 60 – Köpfe des Charakterdarstellers versammelt, die eigentlich zum Studium des menschlichen Mienenspiels anregen sollten und heute zum Eigenwilligsten gehört, was das 18. Jahrhundert an Plastiken zu bieten hat. Prompt wurde er selbst in seiner Zeit als »Verwirrter« abgekanzelt. Als Eindruck von diesem und jenem hält sich das Gerücht bis heute wacker (ein Gutachten aus den 1930er Jahren will dem Künstler eine Paranoia unterschieben – es hält einer Prüfung wohl nicht stand). Was soll man auch von einem halten, dessen Plastiken Namen hatten wie etwa »Mit Verstopfung Behafteter«? Doch nur im Vertrauen gesagt: Die Namen stammen häufig aus der Zeit nach dem Tod Messerschmidts. Zu verdanken ist die wunderbare Schau Umbauarbeiten im Unteren Belvedere in Wien, die wesentlichen Anteil beim Zustandekommen der Messerschmidt-Parade haben (die Leihgabenliste ist allerdings darüber hinaus sehr groß). Wer immer dieser Franz Xaver Messerschmidt im Dienste der Kaiserin Maria Theresia war, der um 1770 irgendwie aus der Bahn geriet: Seine von ihm so genannten »Köpf-Stücke« erregen Abscheu und Bewunderung, irritieren und faszinieren bis heute gleichermaßen.

 

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