Buchrezensionen, Rezensionen

Michael Findlay: Vom Wert der Kunst. Ein Insider erzählt, Prestel 2012

Als Kenner der internationalen Galerieszene erzählt Michael Findlay davon, was Menschen dazu bewegt, scheinbar irrational hohe Summen für Kunstwerke zu bezahlen, nach welchen Kriterien sie sich für bestimmte Künstler entscheiden und welche Rolle die erworbenen Werke im Leben der Sammler spielen. Elena Korowin hat das originelle Buch gelesen.

»Ein Insider erzählt« – verspricht mir das Cover dieses Buchs und stellt sich damit in die Reihe vieler ähnlich klingender Ausgaben, die allesamt die Neugier des Voyeurs befriedigen möchten. Die anfängliche Skepsis schwindet mit den ersten Seiten dieser humorvollen und spannenden Analyse. Die schwierige Frage nach dem monetären, gesellschaftlichen und idealistischem Wert der Kunst beantwortet Michael Findlay schwungvoll und souverän. Keine Zweifel mehr, der Mann weiß wirklich, wovon er spricht und das tut er auf eine charmante und leichte Art und Weise.

Findlay war Galerist und Entdecker vieler Künstler wie Sean Scully, Stephen Mueller, Hannah Wilke und John Baldessari. In den 1980er Jahren setzte er seine Karriere bei Christie´s fort, wo er zuerst für impressionistische und moderne Malerei zuständig war und dann im neuen Jahrtausend in die höheren Führungsetagen aufstieg. Sein Wissen teilt der Tausendsassa nun seinen Lesern mit und ist dabei erstaunlich unterhaltsam – kein Anflug von Didaktik oder starren kunsthistorischen Vortrag ist in seinem Text spürbar. Im Gegenteil, der „Insider“ bietet Einblick in die Welt der reichen und besessenen Kunstsammler, der kosmisch hohen Preise für Kunstwerke und der Geheimnisse hinter manchen Marktentwicklungen.

Findlays Blick auf die Kunst ist der eines Liebhabers und Connaisseurs, der alle Seiten des Kunstbetriebs kennt. Nachdem er diese gründlich analysiert und mit vielen Beispielen untermauert, plädiert er im letzten Teil des Buches mit Nachdruck für das reine Sehen. Der ideelle Wert der Kunst und ihre Schönheit offenbaren sich nur dem naiven Auge, ist er überzeugt. Findlay verteufelt die Audioguides und die Titelschilder und fordert seinen Leser, den Blick des Kindes einzunehmen. Nimmt man die Aufforderung ernst, kann man vielleicht in dem einen oder anderen Werk, abseits der kunsthistorischen Daten, viel mehr für sich entdecken und angeregt die Ausstellungsräume verlassen. Oder man nimmt es dem Autor nicht übel, dass er nach Jahrzehnten im Kunstbetrieb, der Kunst gegenüber sentimental geworden ist.

In den letzten Jahren kamen viele Kunstratgeber für den „Amateur“ auf den Markt, hauptsächlich beschäftigten sie sich oberflächlich und humorlos mit dem Thema. Es wurde versucht zu erklären, was Kunst ist und wozu man sie braucht. Michael Findlays Buch setzt sich von diesen Mainstream-Ratgebern ab. Es liefert eine gut strukturierte Analyse, konkrete Beispiele und eine unvergleichliche Begeisterung für die Kunst. Mit der Leichtigkeit des Autors verlieren auch die trockenen Themen des Kunstmarktes ihren Staub und das Buch wird zu einer genussvollen Lektüre sowohl für den Laien als auch für den Profi.

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