Kataloge

Mohr, Daniel: Zurück zur Natur – Back to Nature, Kerber Verlag, Bielefeld 2006.

Einst stand das »Retour a la nature« noch für eine Epochenwende, der Aufruf war Programm und Jean-Jacques Rousseau war sein Verkünder.

Heute scheint der Slogan zur Platitude heruntergekommen und sagt nicht mehr viel, zumindest wenn man den Katalog zum Werk Daniel Mohrs durchblättert – wirklich folgen mag man dem Titel nicht. Und hat schon eine Chance vertan. Denn zu bieten haben die Arbeiten Mohrs allerhand, um nicht zu sagen: Sie sind spektakulär. Schade also, dass man sich eines zwar brisanten, aber hier unverdient langweiligen Titels bedient, der in der Zweisprachigkeit nicht spannender wird.

Doch wer sich davon nicht abschrecken lässt, der sieht sich Bildern gegenüber, die einen treffen wie ein Schlaglicht, im wahrsten Sinne des Wortes: Daniel Mohrs Ölbilder, die zum Teil eine Verbindung zum Aquarell eingehen, wirken wie Déjà-vues, die ein Motiv wie aus grellem Licht plötzlich heraustreten lassen. Licht ist das Zauberwort, das Mohr immerzu über seine Landschaften und Parkansichten zu sprechen scheint, in der Grundhaltung nahe verwandt der koreanischen Künstlerin SEO, die zur Zeit hoch gehandelt wird. Dabei stellt der aufmerksame Leser der Biographie auch eine interessante Parallele fest: Mohr wie SEO waren Meisterschüler bei Georg Baselitz, und sie sind etwa gleich alt, er 1976, sie 1977 geboren.

Genussvoll begehrt Mohr gegenüber einer grassierenden Computerästhetik auf, transformiert den Impressionismus in unsre Zeit, doch löst er die Bildfläche nicht nur in Farbpunkte auf, sondern zertrümmert sie zu einem fast kristallinen Ereignis. In bester Qualität kann der Betrachter die Bildparade einer unbändigen Schafferlaune vorbeiziehen lassen, vorbereitet von Essays aus den Federn von Eugen Blume und Christian Malycha. Im Clan neufigurativer Malerei um Neon Rauch sieht man Daniel Mohr sicher an der Spitze, neben Weischer und anderen. Bei dem Künstler aus Bad Hersfeld spielt sogar die Politik eine wenn auch untergeordnete Stelle, wenn er über seine Arbeiten zu verkünden scheint: Hallo, aufwachen, das Wetter wird kühl. Lass uns dieser allzu heilen Welt eine Ende setzen. Für eine solche Lesart spricht die Tatsache, dass die Natur weiter weg zu sein scheint als man denkt – sieht man sich doch einer durchweg kultivierten Landschaft gegenüber, wenn nicht gar der Malerei als solcher. Am faszinierendsten sind hier die Arbeiten, die das in der Regel gegenständliche Hauptmotiv an den oberen Rand drängen, um sich in der Gattungsfrage auszutoben.

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Parallel zum Erscheinen des Buches zeigt die Hamburger Galerie Levy in Hamburg, die immer wieder mit erstklassigen Ausstellungen auffällt, eine kleine Werkschau mit Bildern von Daniel Mohr. Wer das bis zum 22. Februar nicht mehr schaffen sollte, dem sei das Buch ans Herz gelegt.

Bibliographische Angaben

Daniel Mohr. Zurück zur Natur – Back to Nature. Hrsg. von der Galerie Levy, Hamburg. Mit Textbeiträgen von Eugen Blume und Christian Malycha. 88 Seiten. Kerber Verlag, Bielefeld 2006.

Buchtipp
Christoph Tannert (Hrsg.): New German Painting Remix, Dtsch.-Engl., Prestel Verlag, 2006. 
Gebunden, 255 S. m. 30 SW- u. 170 Farbabb., in deutscher und englischer Sprache
Preis: € 28,00

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