Ausstellungsbesprechungen

Mona Ardeleanu – Softskin, Galerie Wagner und Partner, Berlin, bis 9. März 2013

Mona Ardeleanu verbindet in ihren Arbeiten figurative Feinmalerei mit stofflicher Objektkunst. Dabei stellt sich die verwirrende Frage, wo hört das eine auf und wo fängt das andere an. Günter Baumann hat versucht eine Antwort zu finden.

Es muss kein Nachteil sein, gleich bei drei renommierten Künstlern in die Lehre gegangen zu sein – sofern man genügend Persönlichkeit mitbringt, sich eigenständig zu entwickeln. Im Fall der 1984 in Lörrach geborenen Mona Ardeleanu trifft das zu: Auf ihrer Professorenliste stehen Franz Ackermann, Karin Kneffel, Daniel Richter sowie Alexander Roob – eher Querdenker im akademischen Getriebe, die selbst noch in einem Alter sind, wo man als Künstler richtig durchstartet. Ardeleanu ließ sich jedoch nicht vereinnahmen, streckte die Stuttgarter Studentin bis zu ihrem Diplom 2010 doch vorwiegend ihre Fühler in Karlsruhe, Wien und München aus. Sie gestaltet in ihrem aktuellen Schaffen sinnfällig Knoten der Verunsicherung auf der Leinwand, die sich im Gehirn des Betrachters als Irritation festsetzen. Das betreibt die Künstlerin offenbar mit einer ganz eigenen Faszination – es scheint kein Ende in Sicht, der Variationsreichtum ist nahezu unerschöpflich.

Was Ardeleanu darstellt, steht jedem auf den ersten Blick klar vor Augen, immerhin gehört sie zur Generation der figurativen Feinmalerei. Doch die technische Brillanz ist trügerisch. Denn bereits mit dem zweiten Blick muss man irritiert eingestehen, dass die Logik wie die gespeicherten Erinnerungen am akkuraten Pinselstrich kapitulieren. Stoffe, Haare, Muster und diverse Materialien sind meist mittig auf der Leinwand verewigt, deren relativ zeitlose Erscheinung durch den fehlenden Hinter- und Untergrund noch unterstrichen wird. Frei schwebend oder – drastischer aufgefasst – im freien Fall oder im dramatischen Auftrieb sind gemalte Objekte zu sehen, in sich verknotet, verschlungen. Kaum dass man die bis ins Feinste erfasste Realität irrealer Gegenständlichkeit begreifen kann, stellen sich Fragen: Sind diese Objekte schwer, womöglich drückend, erdrückend schwer oder gar leicht? Sind es in sich verknäulte Gegenstände oder umwickelte, ihres freien Atems beraubte Körper, wie mancher Haarschopf vermuten lässt? Ist es alles nur ein Spiel mit unseren Sehgewohnheiten?

Die Ausstellungstitel, die oftmals Mona Ardeleanus Bildtiteln entnommen sind, helfen bei der Bild-Findung nicht weiter, sie eröffnen eher noch eine weitere Ebene, die uns signalisiert: Trau nicht dem, was du siehst, es könnte etwas ganz anderes sein. Das ließe sich erkenntnistheoretisch so fortsetzen: Traue überhaupt deiner Wahrnehmung nicht. Die Texturen der fingierten Materialien verweisen so gesehen auf die technische Meisterschaft – ein legitimes Ansinnen, das seit Van Eyck & Co. durch die Kunstgeschichte besteht – sowie auf die immer wieder spannende Frage nach dem Verhältnis von Realität und Kunst, die nun schon in der Antike angestoßen wurde. Letztlich kann man sogar über die Pseudorealität der fragwürdigen Gegenstände auch das Spannungsgefüge von Abstraktion und Figuration beleuchten: Genau betrachtet, sind die in unsrer Wahrnehmung sich festsetzenden Gebilde ja nur ein organisiertes Ensemble von Farben. Wie bei der abstrakten Kunst drängen sich konsequent auch hier formale Probleme auf: innen/außen, Hülle/Masse, Stofflichkeit usw. Mona Ardeleanu hat eine ganz persönliche Bildsprache entwickelt, die ihr Werk einzigartig machen.

Auf jeden Fall, das machen die Ausstellungen deutlich, nimmt das Bild den Betrachter gefangen. Das mit bestechender Präzision geführte, stoffliche Panoptikum aus Farbe und Form einerseits und die gehaltvolle Sur-Realität lassen einem den Atem stocken. Ein Selbstzweck ist deshalb noch lange nicht abzuleiten, liegen doch die Zeichen der Vergänglichkeit offen vor – Assoziationen an die Vanitasmalerei der Niederländer aus dem goldenen Zeitalter des 17.Jahrhunderts sind kein Zufall. Feine Seidenstoffe treffen auf grobe Strohbindung, Spitzenmuster korrespondieren mit Haargeflecht, das jeweils an die Trägerinnen oder Träger der Tücher und Objektelemente erinnert. Mehr noch, diese Hut-, Hauben- oder allgemein Kleidungsstücke verselbstständigen sich zu kunstvoll verknoteten, in sich gewundenen Objekten, die sich wie Exponate einer Ausstellung präsentieren, welche exklusiv auf die eigene Hinfälligkeit verweisen. Vergänglichkeit wird hier auch im Sinne erinnerter Vergangenheit zelebriert. Mona Ardeleanus Eltern stammen aus Rumänien, worauf die folkloristisch motivierten Stick- und Strickmuster, Stoffeinfärbungen und Zopfknoten hinweisen. Vertrautheit und Verfremdung ergeben eine beeindruckende Mischung von schönem Schein und Verkleidung, Hülle und Maske, Heimeligkeit und Bedrohung.

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