Ausstellungsbesprechungen

Monika Grzymala. Mono Meros, Hamburger Kunsthalle, bis 25. August 2013

Monika Grzymala zählt mit ihren Raumzeichnungen und handgeschöpften Papierarbeiten zu den außergewöhnlichsten Künstlerinnen in der zeitgenössischen Grafik. Im Saal der Meisterzeichnungen der Hamburger Kunsthalle präsentiert sie u.a. die Arbeit »Kubrik«. Susanne Gierczynski hat sich das angeschaut.

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»Kubrick« spannt sich an der Rückwand des Saals auf. Trotz dreier schräg in die Raummitte aufgehängter Papiere, die fahnengleich den Besucher zum Rand des Raumes führen, will man unbedingt dieses ungefüge und raumsprengende Gebilde ganz hinten im Saal näher in Augenschein nehmen.

»Kubrick« ist eine monumental anmutende Raumzeichnung. Monika Grzymala hat für diese ephemere Arbeit 3,3 km weißes und schwarzes Papierklebeband verarbeitet. Nachdem sie durch einen Film Stanley Kubricks einen nachhaltigen visuellen Kick erhielt, setzte Grzymala diese unglaublich affektgeladene Komposition um: Ohne ersichtlichen Grund ergießt sich von links kommend ein Schwall in den Raum hinein, um im gleichen Moment an der gegenüberliegenden Wand abzuplatschen und mit derselben Wucht ergießt sich ein abgetrennter Riesenspritzer an die rückwärtige Wand.

Grzymala ist stets am Werkprozess interessiert, an der Herstellung und Verarbeitung ihrer papiernen Materialien, an den Wegen und sich verändernden Zuständen, die die Materialien bei der Verarbeitung nehmen. »Ein Klebeband ist kein toter Gegenstand«, so Grzymala. Selbst ein Klumpen Tape als übrig gebliebener zusammengeknüllter Rest einer abgenommenen Arbeit, wird für Grzymala zum Wegbegleiter eines Gedankengangs.

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Die handwerklichen Fähigkeiten dieser Papier-Alchimistin sind stets spürbar. Grzymala hat nicht nur einer bestimmten Sorte Papierklebebands den Weg in europäische Gefilde geebnet, sie hat auch die Kunst des Papierschöpfens durch Eigeninitiative erlernt. Ihr Meister, Gangolf Ulbricht (Berlin), hat Grzymala in diese Kunst eingeführt und ihm und der Maulbeerfaser gebührt der Dank, dass solche Arbeiten wie die hier gezeigten handgeschöpften Blätter auf uns kommen. Linien verlaufen auf oder im Papier. Sie finden ihren Ursprung in der materialbedingten Wolkigkeit des Washi-Papiers, die Grzymala »nach-schöpfend« über die eigene Körperbewegung als reliefierte oder eingelassene Linie aufgreift.

Eine Vitrine gewährt Einblick in Grzymalas Ideenfindung: ein aufgeschlagener schwarzkartonierter Band nimmt mit weißer Tinte aufgemalte doppelreihige Linienverläufe auf, die sich überschneidend und sich wieder trennend über die Fläche verteilen. Zu Kreisformen gelegte Papierstreifen zeigen die Beweglichkeit und materielle Schönheit transparenten Papiers auf. Ein aus Papierton geformtes Skelettgebilde schwebt aufgehängt wie die Anmutung eines Archäopteryx über die papiernen Modelle.

Grzymalas Arbeiten, die ihren Ausgang stets in der Zeichnung auf dem Papier nehmen, führen in schönster Selbstverständlichkeit das lichtempfindliche Material Papier durch unterschiedliche Aggregatzustände, die es als zu gestaltende Masse einzunehmen vermag. Ist es anfänglich Träger von Linienverläufen für die erste bildnerische Manifestation, kann es schließlich als ungebundenes Objekt vom zweidimensionalen in den dreidimensionalen Raum übertreten. Als gelernte Bildhauerin hat Grzymala dem Material Papier Gattungsfreiheit innerhalb kunsthistorischer Definitionen verordnet.

Letzten Endes ist »Kubrick« eine Installation, die sich nach Abbau der Ausstellung als zusammengeknülltes Artefakt im Atelier der Künstlerin wieder finden wird.

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