Ausstellungsbesprechungen

Moritz Dometshauser - kill the präzedenzfall

Die Galerie DINA 4 Projekte präsentiert mit "kill the präzedenzfall" noch bis 20. Februar 2009 die Arbeiten des jungen Künstlers Moritz Dometshauser (geb. 1985), der seit 2006 bei Professor Matthias Wähner an der Akademie der Bildenden Künste in München studiert. Mit seinen grandios verflochtenen Bildwelten hat er unsere Rezensentin Verena Paul überzeugt...

Im Fokus von Dometshausers Malerei stehen aktuelle gesellschaftliche Themen und Tendenzen. Dabei gelingt es dem Künstler, diese Thematiken mit Ironie, in der sich Ernst mit Unernst paart, darzustellen. Seine Werke büßen daher weder an Brisanz ein noch verlieren sie den kritischen Bezug zum Zeitgeschehen. Beispielhaft für die Janusköpfigkeit seines künstlerischen Wirkens sind die scheinbar lapidar auf Topfdeckel gemalten NPD-Demonstranten oder G8-Teilnehmer auf einfachen Jutetaschen. Allerdings versteht sich Dometshauser nicht „als dezidiert politischer Künstler, vielmehr ist er an prekären Situationen und unbequemen Wahrheiten interessiert, die gesellschaftlich relevant sind“, so Verena Bader.

Der Künstler spielt mit dem verrätselten Ausstellungstitel "kill the präzedenzfall", der von der verfassungswidrigen Parole „kill the president“ abgeleitet ist, auf die Kunstszenenvorstellung vom jungen, innovativen Künstler an, der kontinuierlich Neues produzieren und mit seiner Arbeit richtungsweisend sein soll. Dometshauser sucht dem gewollt Provokativen, das in den Medien stets eine übersteigerte Wertschätzung erfährt, den Kampf anzusagen.
Dem Ausstellungsbesucher begegnen in den Räumen der Galerie DINA 4 Projekte nun mittel- und großformatige Arbeiten, die entweder schwarz-weiß gestaltet sind und damit eine Nähe zu Dometshausers Wandmalereien aufweisen oder die von einer ausdrucksstarken Farbigkeit bestimmt sind. Während es bei den schwarz-weißen Pinselzeichnungen Dometshauser auf das Verschwinden der Unterscheidung „zwischen Malen, Zeichnen, Denken und Schreiben“ ankommt, wie es der Künstler selbst formuliert, transportieren seine von einer grellen Lichtregie geprägten farbintensiven Werke eine unglaubliche Dynamik und offenkundige Aggressionen.

„Dometshausers Kompositionsschema beruht auf narrativen Bildfragmenten, die in ihrem geballten szenischen Ausdruck literarischen Textfragmenten ähneln und im Sinne von Sprache erzählend illustrieren, im Unterschied zur Literatur aber von der Darstellungsmöglichkeit des Nebeneinanders im Gegensatz zum bloßen Nacheinanderreihen profitieren“, so die Erläuterung Baders. Die kleinen, narrativen Szenerien in den Bildern zeugen von assoziativem Reichtum, wobei sie bewusst fragmentarisch sind und nur bedingt ausformuliert werden. „Der Künstler bedient sich eines aus den Medien gespeisten Bildfundus’ und arrangiert die Fragmente gezielt neu“, so dass durch den neuen Kontext „eine mediendivergente, propagandakritische Neuaussage“ [Bader] entsteht. Diese Bildfragmente, die miteinander zunächst in Dialog treten, ziehen einander immer stärker an, gehen schließlich ineinander über und bilden somit ein Einheit.

Beim Betrachten der Arbeiten entsteht das Gefühl, dass sich die Realität in Moritz Dometshausers Bildern verdichtet, da er unterschiedliche Themenbereiche intuitiv miteinander verknüpft. Zeitliche Strukturen lösen sich auf, Personenidentitäten verschwimmen und gewinnen einen surrealen Charakter. Dadurch wird die Realität verzerrt, entfremdet, sozusagen „entwirklicht“. Dometshausers Malerei schildert uns ganz alltägliche Vorgänge, sie handelt sowohl von individuellen als auch gesamtgesellschaftlichen Zwängen und Ängsten, Konventionen und Normen. Kriegsszenerien, Militärpferde und Politikerköpfe stehen in unmittelbarer Nachbarschaft zu Aliens, Architekturfragmenten, religiösen und mythologischen Figuren und bilden einen Reigen, in dem monotones Alltagsgeschehen und wirbelnde Erinnerungsfetzen ihre Konturen verlieren und verschmelzen.

Was, so fragen wir uns bei der Betrachtung der Bilder, macht nun ihre Anziehungskraft aus? Es ist das Kompositionsprinzip in den Bildern: „die Arbeiten überzeugen durch ihre bedeutungsverdichteten Bildelemente und deren Verknüpfung, die häufig über das Bildinterne hinausgeht, indem Bezüge auch zwischen den einzelnen Leinwänden erzeugt werden und dabei wiederum die einzelnen Bilder lesbarer machen“, wie es Verena Bader so pointiert beschreibt.

Fazit: Brillant verflochtene Bildwelten: lebendig, scharfsinnig, tiefgründig, entrückt und doch so unglaublich nah!

 

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Öffnungszeiten
Mi-Fr 12-18 Uhr
Sa 12-16 Uhr

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