Buchrezensionen

Mück, Hans-Dieter (Hrsg.): Camille Claudel (1864-1943). Das Lebenswerk der ersten großen europäischen Bildhauerin. Skulpturen und Zeichnungen (1879-1906), Apolda 2006.

Mit der Ausstellung »Camille Claudel. Skulpturen und Zeichnungen« war dem Kunsthaus Apolda ein wunderbarer Griff in die Schatzkiste europäischer Bildhaukunst gelungen.

Camille Claudel, die als erste große europäische Bildhauerin gelten kann, zeichnet sich durch ihr emotional authentisches und künstlerisch vollendetes Oeuvre aus, dem nun endlich in einer Retrospektive eine Würdigung zu Teil wurde. Bereits als siebzehnjährige Bildhauer-Elevin der freien Académie Colarossi in Paris sorgte sie mit ihrer imposant gestalteten Porträtbüste »Die alte Hélène« für eine Sensation beim »Salon de la Societé des Artistes français« im Jahr 1882. Und genau diese Arbeit war es, mit der die junge Bildhauerin die bis dahin ausschließlich von ihren männlichen Kollegen dominierte Bildhauerzunft in große Unruhe versetzte.

Die Arbeiten Camille Claudels sind in ein Spannungsfeld von personifizierten Emotionen, von Angst, Verzweiflung und trügerischer Hoffnung auf Befreiung und Glück bis hin zu tief empfundener Glückseligkeit und fast sorgloser Ausgelassenheit eingewoben. Die Bildhauerin verleiht ihren Figuren durch eine klare Formensprache, die mit rhythmischer Dynamik und sensibler Lichtregie verbunden ist, eine ungewöhnlich intensive Vitalität. Diese Lebendigkeit, mit der die Plastiken durchdrungen sind, lassen das jeweilige Material, das Claudel behutsam, aber mit Wirkintention gestaltete, vergessen.

Parallel zur Ausstellung ist ein umfangreiches Katalogwerk entstanden, das sich durch spannend zu lesende, informative Textbeiträge, durch eine komplexe Übersicht über Leben und Werk Camille Claudels und zahlreiche, in sehr guter Qualität wiedergegebene Abbildungen auszeichnet. Interessant ist besonders der in bisweilen poetischer Sprache verfasste Essay »Camille Claudel, Bildhauerin« des französischen Dichters (und Bruders Camilles) Paul Claudel. Aber auch der Auszug aus dem Roman »Eine große Leidenschaft: Auguste Rodin und Camille Claudel« von Judith Cladel führen dem Leser die Künstlerin näher. Um jedoch nicht nur bei der Person der Künstlerin zu verharren, wurde der Text des zeitgenössischen Kunstkritikers Mathias Morhardt und der wissenschaftlich fundierte Text Silke Opitz’ herangezogen: der erste datiert in das Jahr 1898 und stellte den ersten monographischen Artikel über »Mademoiselle Camille Claudel« dar. Morhardt geht darin auf bedeutende Werke wie »Der Walzer«, »Klotho« oder »Die Schwätzerinnen« ein und unterzieht die Arbeiten in sehr anmutiger Sprache einer genauen Untersuchung.

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Der Text von Opitz blickt dagegen aus der zeitlichen Distanz auf die Werke Claudels und macht den Leser zugleich mit dem gegenwärtigen Forschungsstand vertraut. Darüber hinaus macht sie interessante Verknüpfungen zwischen den einzelnen Werken und zeichnet – mit kraftvoller, pointierter Sprache – Entwicklungen an Hand einzelner Werke nach. Insgesamt ist mit diesem Katalog ein unbedingt lesens- und sehenswerter Beitrag zu Leben und Werk einer bedeutenden europäischen Bildhauerin gelungen, die in der Vergangenheit leider ein Schattendasein neben dem Bildhauergiganten Rodin führte!

 

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