Meldungen zum Kunstgeschehen

Münchner Kunstfund hält Kunsthistoriker und Justiz in Atem

Zollfahnder haben in der Wohnung eines 80-jährigen Münchners rund 1.500 verschollene Gemälde von Malern der klassischen Moderne entdeckt. Laut dem Magazin Focus handelt es sich offenbar um Raubkunst. Gestern äußerten sich Justiz, Zoll und die zuständige Kunstexpertin erstmals zum Münchner Kunstfund.

Die Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken, u.a. von Pablo Picasso, Henri Matisse, Marc Chagall, Emil Nolde, Franz Marc, Max Beckmann und Max Liebermann, stammen vermutlich aus dem Nachlass des Dresdner Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt, der die von den Nazis als entartet stigmatisierte Kunst im Auftrag der NS-Führung verkaufen sollte. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs hatte dessen Witwe behauptet, die von ihrem Mann verwahrten Bilder seien zerstört worden – eine Falschaussage, denn laut Focus hat der heute 80-jährige Sohn die im Familienbesitz verbliebenen Werke seit mehr als 50 Jahren in seinem Schwabinger Appartement gehortet. Den Zollfahndern war der Münchner 2011 bei einer zufälligen Bargeldkontrolle während einer Zugreise aus der Schweiz aufgefallen. Die Fahnder recherchierten weiter und erwirkten schließlich im Frühjahr 2011 eine Durchsuchung seiner Wohnung.

Bislang hatten die Ermittler ihre Entdeckung vor der Öffentlichkeit geheim gehalten. Neben dem Verdacht der Unterschlagung ermitteln sie auch wegen eines Steuerdelikts gegen Cornelius Gurlitt – die Staatsanwaltschaft obliegt nach eigenen Angaben wegen des Steuergeheimnisses deshalb der Schweigepflicht.

Ein Verhalten, das Empörung hervorrief: Seit Jahren forschen die Erben enteigneter Sammler mit hohem finanziellen Aufwand nach Bildern, wie sie der jetzige Fund enthält. Der von den Erben des jüdischen Kunsthändlers Alfred Flechtheim beauftragte Rechtsanwalt Markus Stötzel sagte im Handelsblatt, dass schon die Geheimhaltung des Fundes gegen die Grundsätze der Washingtoner Konferenz, bei der sich 44 Staaten über den Umgang mit NS-Beutekunst verständigt hätten, verstoße. Laut Bayrischem Rundfunk haben die Erben angekündigt, den Münchner Kunstfund nach Arbeiten aus dem ehemaligen Flechtheim-Besitz überprüfen zu lassen.

In der Kunstszene ist die Entdeckung der Kunstwerke bereits jetzt eine Sensation. Zumal es, wie die Kunsthistorikerin Meike Hoffmann von der Forschungsstelle "Entartete Kunst" der Freien Universität Berlin auf der Pressekonferenz sagte, "überhaupt keine Anhaltspunkte gebe, dass es sich um Fälschungen handelt".

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