Ausstellungsbesprechungen

Nationalschätze aus Deutschland, Von Luther zum Bauhaus

Es sind schon andachtsvolle Momente, wenn das sprichwörtliche Tafelsilber gezeigt wird, zumal wenn es nicht aus nur einem Kasten kommt, sondern erst aus mehreren verstreuten Schränken zusammengeführt werden musste. Fast ein Viertelhundert Museen, Sammlungen und Stiftungen aus den so genannten neuen Bundesländern haben ihre Schätze nach Bonn geschickt, wo sie sich – zusammen rund 500 Exponate – gemeinsam dem Publikum präsentieren: eine Symphonie für die Augen auf 2000 m².

Den Auftakt der illustren Schau macht Martin Luther bzw. Lucas Cranach, der sich wie kein anderer Maler auf den großen Reformator festgelegt hatte – nicht ganz zufällig markiert er damit einen Eckpfeiler der 500 Jahre durchschreitenden Sammlungsgeschichte in Ostdeutschland, befinden sich doch die zum Weltkulturerbe gehörenden Lutherstätten dort im Osten. Die Konferenz nationaler Kultureinrichtungen, unter deren Namen sich über 20 Kultureinrichtungen zusammengetan haben, um aktiv Werbung für den Osten, nach wie vor Terra incognita für viele »Wessis«, zu machen. Die schöne Aufgabe, das ästhetische Festbankett zu inszenieren, übernahm Norman Rosenthal von der Londoner Royal Academy of Arts, einer der bedeutendsten Ausstellungsmacher unserer Tage.

 

An der Tafel nehmen neben Cranach teil: Rubens mit seiner »Artemisia« über Menzels »Eisenwalzwerk« und Monets »Kathedrale von Rouen« bis hin zur modernen Künstlerschmiede des Bauhauses. Doch nicht die einzigartigen Werke der Kunstgeschichte sind das wichtigste Element der Präsentation, sondern ihre Verzahnung mit unsrer Kultur- und Geistesgeschichte. Immerhin befinden sich in dem kulturellen Zusammenschluss der Institutionen auch wichtige naturwissenschaftliche und ethnographische Sammlungen. Erfreulicherweise haben die Ausstellungsmacher keine Aneinanderkettung der einzelnen, teilnehmenden Häuser erstellt, sondern einen historisch abgesteckten Parcour, den man regelrecht erwandern kann. Erhellt wird dieser Gang durch das vergangene halbe Jahrtausend durch hochinformative Begleittexte.

 

Ob sich mit dieser weit ausgreifenden Schau, die aus den Highlights zwischen neuzeitlicher Bewusstseinswerdung (Lutherzeit) und dem Einbruch der Barbarei in die Kulturnation (Schließung des Bauhauses durch die Nazis) einen identitätsstiftenden Schmelztiegel macht, der Funke überspringt, auf dass der oft noch immer ignorante Westen den Osten endlich als gemeinsame Einheit begreift, wird sich zeigen. Zunächst einmal hat man in Bonn die Gelegenheit, erstklassige Kunst zu sehen, die eben nicht nur in Berlin zu Hause ist, sondern auch in Halle, Stralsund, Altenburg und anderswo. Und unter uns gesagt: Diese Städte und Stätten sind allesamt auch zu besuchen.

Weitere Informationen

Eintritt

7,50 EURO, ermäßigt 4,- EURO

Familienkarte 11,- EURO

 

Öffnungszeiten
Dienstag/Mittwoch 10–21 Uhr, Donnerstag bis Sonntag 10–19 Uhr

 

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