Ausstellungsbesprechungen

Neue Werke. Photographien von Elger Esser, Galerie Thaddaeus Ropac, Salzburg, bis 20. März 2010

Die Galerie Thaddaeus Ropac präsentiert die neuen photographischen Arbeiten des in Düsseldorf lebenden Künstlers Elger Esser (*1967), der als einer der letzten und jüngsten Absolventen der berühmten Klasse von Bernd und Hilla Becher an der Düsseldorfer Kunstakademie heute unbestritten zu den wichtigsten deutschen Photokünstlern zählt. Unsere Autorin Verena Paul hat die Ausstellung mit jenen poetischen, erinnerungswachen, zeitenthobenen und bisweilen schwermütigen Werken für Sie besucht.

Im Zentrum von Elger Essers Schaffen stehen die klassischen Bildgattungen Vedute und Landschaft, die sich der Künstler besonders in formaler Hinsicht zu Nutzen macht: Jene weitgehend monochromatische Farbgebung, die Vorliebe für flirrende, gleichmäßige Lichtgestaltung und das konstante Spannungsverhältnis von Mikro- und Makrostrukturen. Somit entsteht eine perfekte Synthese von zeitlos-altmeisterlichem Schönheitsideal und einer technischen Auslotung des Mediums Photographie, die gegenwärtig einzigartig ist.

Mit viel Fingerspitzengefühl und Präzision hält Esser Momente an Schauplätzen fest, in denen sich der Charakter und die Atmosphäre einer Landschaft offenbaren. Häufig erschließt sich ihm die Persönlichkeit einer Landschaft auch im Zusammenspiel mit der markanten Architektur einer Region und so erstaunt es nicht, dass in seinen Photoarbeiten oft Assoziationen zur Reiseliteratur des späten 18. und 19. Jahrhunderts entstehen. Insofern zeigen die Werke die Suche nach einer entrückten Zeit und geben Zeugnis von der Sehnsucht nach einer vergangenen Welt, die zugleich von dem Wunsch beseelt ist, einen Zipfel vom Mantel der Vergangenheit zu erhaschen. Darin liege, so der Herausgeber der österreichischen Kunstzeitschrift Frame Alexander Pühringer, „die leise Melancholie verborgen“, die den Photographien Essers innewohnt.

Sein umfangreiches Hintergrundwissen, das sich unter anderem in kunsthistorischen Bezügen artikuliert (besonders im Rekurs auf die Kunstform der Postkarte des 19. Jahrhunderts und auf die holländische Malerei des 17. Jahrhunderts), fließt in die Werke ein. Zudem reflektiert Esser, ausgehend von seiner ganz eigenen Bilderwelt, die französische Kunst des 19. Jahrhunderts, primär die künstlerische Strömung des Impressionismus. „Die Photographie erfüllt heute auch Ansprüche, die historisch betrachtet, früher von der Malerei abgedeckt wurden“, erklärt Esser das Verhältnis von Photographie und Malerei. „In meiner Arbeit sehe ich durchaus eine Reminiszenz daran.“

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Viele „von Elger Essers Landschaftsaufnahmen“, wie Alexander Pühringer treffend anmerkt, „zeigen Unendlichkeit als gestalterisches Prinzip. Immer wieder lösen sich die gegenständlichen Versatzstücke auf in eine gewollte Abstraktion des gesamten Bildes. So wie für seine Ahnen Courbet, Monet, Turner und Maupassant ist Wasser für ihn ein immer wiederkehrendes Motiv, sei es in Flusslandschaften, Meeresbrandungen oder weit in die Landschaft ausholendem Schwemmland. […] Manche seiner Landschaften wirken“, so der Autor weiter, „wie Traumbilder, wie Sequenzen einer Grenzwelt zwischen Realität und Imagination.“

Dergestalt wirken die Landschaften in den hohen, lichtdurchfluteten Räumen der Galerie Thaddaeus Ropac bisweilen surreal und weltenhaltig, subtil und gewaltig, melancholisch und leichtfüßig zugleich. Uns begegnet ein grandioses Ineinander von scheinbar beiläufigen Wahrnehmungen und eindringlichen Miniaturen, von poetischer Dokumentation und subjektiver Erinnerung, von Sanftheit in der Farbigkeit und formaler Strenge der Bildkomposition. Und so breitet sich, während wir uns behutsam in die Bildwelten Essers einsehen, eine meditative Ruhe aus, welche die ganze Tiefe der Werke für den Betrachter erfahrbar macht.

Neben den „klassischen“ Photographien macht der Ausstellungsbesucher darüber hinaus die Bekanntschaft mit der Serie der Heliogravüren, einer druckgraphischen Technik des 19. Jahrhunderts. Diese ermöglicht Esser eine exakte Halbtonwiedergabe, so dass eine ganz besondere Tiefe erzielt werden kann. Was vor ein paar Jahren als vom Künstler ungewollte Überbelichtung begann, hat sich für ihn mittlerweile zu einer fruchtbaren Arbeitsmethode entwickelt.

Die Präsentation „Neue Werke“ in der Galerie Thaddaeus Ropac überzeugt durch klar strukturierte Hängung, ein wunderbares Raumambiente und natürlich durch die \"zeiträumesprengenden\", eindringlichen Photographien Elger Essers, von denen der Betrachter sich nur schwer lösen und eigentlich nicht genug bekommen kann. Fazit: Ein echtes Ausstellungshighlight, das Lust auf mehr macht!

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