Ausstellungsbesprechungen

Nikola Dimitrov, Bernd Mathias, Stefan Scheib, Live painting - Malerei mit Musik

Was kann wohl spannender sein, als dem Entstehungsprozess eines Bildes beizuwohnen? Diese Frage kann der Besucher, nachdem er durch die Live painting-Veranstaltung in der Galerie m beck wie durch einen magnetischen Sog in zauberhafte Mal- und Klangwelten eingetaucht ist, ganz klar beantworten: Nichts ist spannender. Schon zu Anfang der Aktion ist eine faszinierende Atmosphäre spürbar gewesen, die sich beim Griff zum Pinsel und die ersten Tönen von Kontrabass und Klavier zu einem Fest für die Sinne steigerte.

Die erste Handlung während der Performance ist also Nikola Dimitrovs Griff zum Pinsel, mit dem er am unteren Bildrand seiner riesigen Leinwand Fragmente von Buchstaben und hieroglyphenähnliche Gebilde in tiefem Schwarz zeichnet. Wässriges Weiß wird oberhalb des Schriftzuges gezogen, so dass die Buchstaben partiell verschwimmen und die Härte des Schwarzes gemildert wird. Dann erklingen die ersten sonoren Töne von Kontrabass und Klavier – es sind impulsive, vitale Töne, die den Künstler zu einem leuchtenden Gelb greifen lassen, welches er am linken oberen Bildrand ansetzt. In zügigen Bewegungen tanzt sein Pinsel nach unten, tangiert dabei aber nicht den Schriftzug. Indem die Musik und die Rhythmen immer bewegter werden, wird auch die Farbigkeit kräftiger und intensiver. Dimitrov legt über das Gelb noch Orange und taucht schließlich seinen Pinsel in ein tiefes, strahlendes Blau, das parallel zu der gelb-orange-farbenen Bahn gesetzt wird. Wie in Ekstase rast der breite Pinsel über die Leinwand und der Künstler scheint zum Medium der Transformation von Musik in Malerei zu avancieren. Es schwingt eine Kraft in der Luft, die den Besucher bannt, ihn fesselt. Neben die blaue Fläche setzt der Künstler nun ein schillerndes, mit hohem Gelbanteil versehenes Grün – die positive Strahlkraft der Farben scheint nun kaum noch eine Steigerung erfahren zu können. Und wirklich kommt es wenig später auch zu einem Umschlag.

 

Als plötzlich die Musik verhaltener, ja sogar melancholischer wird, wandelt sich auch die Strahlkraft der Farben und es erscheint eine ockerfarbene Bahn neben den bis dato leuchtenden Farben. Doch kündigt sich hier erst die Talfahrt der Farben an, denn Dimitrov greift beim nunmehr aggressiven, staccatoartigen Klang der Musik zu Schwarz, das er in einer langen Bahn erneut parallel zu den vorherigen Farbflächen setzt. Immer wieder fährt er mit seinem Pinsel von oben nach unten – es ist eine aufwühlende, bisweilen als schmerzhaft empfundene Malsituation, die sich jedoch langsam löst, da die Musik sich wandelt und zu harmonischen Akkorden Dimitrov zu Orange greift – es erscheint wie ein Moment der Erlösung und des Aufatmens.

 

Am rechten Bildrand nun angelangt legt der Künstler ein zartes Weiß auf den Malgrund, das sich durch Farbpartikel, die noch an dem Pinsel haften, zu einem cremigen Farbton harmonisiert. Die Musiker Bernd Mathias und Stefan Scheib spielen allmählich langsamer, gehen zu Pianissimo über und der Künstler tritt von seiner Arbeit zurück und betrachtet sein Werk, mit dem er noch nicht ganz zufrieden scheint. Schließlich geht Dimitrov entschlossen zu dem Behälter mit dem leuchtenden Rot und gießt dieses, am oberen Bildrand ansetzend, über die schwarze Fläche, so dass die Schwärze nur noch verhalten durchscheint.

 

Es ist in nur 20 Minuten ein Bild entstanden, das Gänsehautgefühl verursacht. Die dick aufgetragenen Farben, laufen stellenweise bis zum unteren Rand der Leinwand. Die Musik ist noch nicht verklungen und der Künstler tritt hinter sein Bild und gibt den Blick für den Betrachter gänzlich frei. Als die letzten Töne verklungen sind, glaubt man für kurze Zeit das leise Tropfen der Farben zu hören und ganz allmählich setzt ein wohl verdienter Applaus ein. Es war ein Erlebnis der Extraklasse, ein synästhetischer Hochgenuss, der zunächst noch ein Gefühl der Sprachlosigkeit verursacht. Durch das Live painting wurde wohl vielen Besuchern klar, wie viel Körpergefühl, Sensibilität und Rhythmus in diesem medienübergreifenden Werkprozess steckt und was für ein kostbares Geschenk es war, die Entstehung mitverfolgen zu dürfen.

Der Galerie m beck ist mit dieser Präsentation in den stimmungsvollen Ausstellungsräumen ein atemberaubender Griff gelungen und man kann gespannt sein, was den Besucher an Überraschungen in den kommenden, viel versprechenden Ausstellungen noch erwartet!

 

Öffnungszeiten

Mi-Fr 16-20 Uhr

So und an Feiertagen 16-18 Uhr

 

Eintritt frei

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