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Objekt(e) der Woche: Pokale, Becher und Kannen – Trinken mit Straußenei

In unserer letzten Folge stellen wir Ihnen einige der zahlreichen Gefäße vor, die in der Schatzkammer des Deutschen Ordens lagern, vor. Ob Straußenei oder Nuss, ob Kanne oder Becher – man muss einfach staunen!

Seychellennusskanne © Schatzkammer des Deutschen Ordens Wien Kokosnussflasche © Schatzkammer des Deutschen Ordens Wien Kokosnusspokal © Schatzkammer des Deutschen Ordens Wien Straußeneipokal © Schatzkammer des Deutschen Ordens Wien
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Allein aufgrund seiner Größe auffällig ist die Seychellennusskanne mit der Inventarnummer 103. Die Samen der Seychellenpalme sind immerhin die größten des Pflanzenreichs und bieten daher genug Platz, um Getränke dekorativ zu servieren. Im Fall dieser kuriosen Kanne wurde eine solche »Meereskokosnuss« halbiert und in vergoldetes Silber gefasst. Ornamente, Voluten und eine muschelförmige Tülle präsentieren das kuriose Stück angemessen. Der Deckel wird obendrein von einem Horn des südlichen Seraus, eines ziegenartigen Paarhufers, bekrönt. Diese Melange aus exotischen Materialien und Edelmetallfassung war in der Renaissance sehr beliebt. Das gute Stück ist seit 1607 im Inventar Kaiser Rudolfs II. nachgewiesen und wird dort noch mit einem Bezoar – ein weiteres Kuriosum! – erwähnt, der aber heute verloren ist. Seychellennussgefäße sind übrigens recht selten, denn nur eine kleine Zahl hat sich aus der Renaissance erhalten.

Mehrere Kokosnusspokale, eine Flasche und ein Becher finden sich in der Sammlung. Während der Becher und die Schraubflasche aus dem 16. Jahrhundert lediglich eine gefasste Nuss darstellen, bei der die Schale mit geschmiedeten Ornamenten verziert wurde – der Deckel nutzt dabei die natürlichen Öffnungen der Nuss, um ein Löwenmaul zu zeigen – sind die drei Pokale mit geschnitzten Reliefs aufwendig verziert. Die Darstellungen behandeln religiöse Themen: Christus in Jerusalem, die Passion sowie Kreuzigung und alttestamentarische Darstellungen bringen den Glauben auf die Tafel der Renaissance. Der Kokosnusspokal aus dem Besitz des Komturs Johann Eustach von Westernach und wurde von seinem Besitzer mit in die Kunstkammer des Deutschen Ordens gebracht. In der Regel waren solche Kokosnussgefäße natürlich auch Kunstkammerstücke, die herzogliche Sammlungen bereicherten und von Reichtum.

Ein Straußenei beschließt unseren Reigen der ausgefallenen Trinkgefäße. Auch er ist eine Arbeit des 16. Jahrhunderts und damit ebenfalls ein typischer Gegenstand aus den Kunst- und Wunderkammern der Renaissance. Ein reich verzierter Fuß und Deckel fassen das riesige Ei. Reiche Renaissanceornamente mit Löwenmasken, Seetieren und Putten lassen die von der Natur so einfach-genial erdachte Eiform zum repräsentativen Objekt werden. Die Handhabe des Deckels krönt ein gerüsteter Krieger in antikisierender Tracht. Da der Pokal nicht ausgekleidet ist, war er wohl ein reines Ziergefäß.

Natürlich lassen sich bei einem Besuch in Wien noch andere Pokale, Becher und Flaschen entdecken. Sie sind aus Metall und aus Kristall, aus Glas und Holz, manchmal reich verziert, manchmal schlicht. Doch werfen gerade diese ungewöhnlichen Gefäße ein Schlaglicht auf das Selbstverständnis der adeligen Gesellschaft der Renaissance. Ihre exotischen Materialien sollten ebenso wie ihre reichen Verzierungen vom Reichtum und der Macht ihres Besitzers. Zugleich ermöglichten die exotischen Nüsse, Eier und Gegenstände aber einen Blick in die abenteuerliche Ferne Asiens, Amerikas oder Afrikas. Und selbst heute noch üben sie eine unwiderstehliche Wirkung auf uns auf und versetzen uns in die Kunstkammern und damit in die Frühzeit des Museums.

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