Ausstellungsbesprechungen

Otmar Alt – Bibelbilder. Erste Begegnung mit den Originalwerken, Galerie Spectrum, bis 19. Dezember 2015

Es gab Zeiten, da kam niemand an Otmar Alt vorbei. Ob Innenstädte, Telefonkarten oder gar Verpackungen – die farbenfrohen Kunstwerke des Malers fanden sich überall. Nun also auch Themen der Religion, ja sogar eine ganze Bibel mit seinen Werken. Edgar Just hat sie sich einmal außerhalb es Buchs der Bücher angesehen.

Er ist der Schöpfer der »Mondgrillentaucher«, einer Suite von 10 virtuos gestalteten Farbradierungen aus dem Jahr 1973, er hat uns in farbigen Zeichnungen und Zinkografien von »Pipe’s Party« erzählt und in dem Gemälde »Der Hund und die Fliege« farbexplosiv von einer Begegnung der besonderen Art berichtet. Seine meterhohen heiteren Plastiken markieren vielerorts die Fußgängerzonen. Als das Telefonieren in einer abgeschlossenen öffentlichen Telefonzelle noch den diskreten Austausch ernst gemeinter Liebeserklärungen garantierte, zog man »seinen Alt« aus der Brieftasche und steckte ihn in den dafür vorgesehenen Schlitz für Telefonkarten. Eine Zeitlang fand man in den Regalen der Supermärkte keine Ültje-Erdnuss-Dose, deren Deckel nicht ein farbenfrohes Figurenensemble aus seinem Atelier zierte. Und last but not least: Als Bühnen- und Kostümbildner begegnet uns der Künstler Otmar Alt bei der Inszenierung des Balletts »Alice im Wunderland« von Herbert Baumann ebenso wie bei dem außergewöhnlichen Ballett-Projekt »Der Nussknacker« des Theater-Ensembles Hof, und auch Otfried Preußlers »Kleine Hexe« hat er für große und kleine Theaterbesucher zu einem Feuerwerk der Farben werden lassen. Über alle Schaffensperioden hinweg und über die Grenzen der jeweiligen künstlerischen Genres hinaus bleibt seine Handschrift unverwechselbar. Der hohe Wiedererkennungscharakter seiner Bilder und Kunstwerke, nicht zuletzt aber seine fulminante Freude an Fantasie und Verzauberung, mit der er jeden anzustecken weiß, der sich auf die Arbeiten dieses Poeten der Leinwand einlässt, haben einen außergewöhnlichen Bekanntheitsgrad Otmar Alts begründet.

Und nun Bilder zur Bibel. Die Überraschung ist groß, vor allem bei denen, die den Künstler bisher noch nicht in persönlichen Gesprächen begleiten konnten. Wer ihn aber bereits näher kennenlernte, weiß: Otmar Alts soziales Engagement ist groß, seine besonnene Anteilnahme mischt sich mit einem kritischen Blick auf gesellschaftliche Irrwege, die er zuweilen unverblümt aufzeigt. Und außerdem: Der Künstler hat in diesem Jahr am 17. Juli seinen 75. Geburtstag gefeiert! Zeit, wie er sagt, die Bibel, die Religion und seinen persönlichen Glauben wieder neu zu entdecken. Und vielleicht auch das: In einem gereiften Lebensabschnitt Frieden zu schließen mit persönlichen Erlebnissen und Schicksalsschlägen, die den Glauben des Malers immer wieder in Frage stellen mussten. In einem drei Jahre dauernden Schaffensprozess hat der Künstler fast 150 Arbeiten gestaltet, die Bestandteil der Otmar Alt Bibel sind. Karin Zehnder präsentiert in ihrer Euskirchener Galerie Spectrum achtundzwanzig dieser teils großformatigen Exponate und stellt sie damit erstmals der Öffentlichkeit vor.

Dem langjährigen freundschaftlichen Kontakt der Galeristin Karin Zehnder und ihres Mannes Prof. Dr. Frank Günter Zehnder zu Otmar Alt ist es zu verdanken, dass die Galerie Spectrum mit ihrer privaten Atmosphäre wieder einmal eine außergewöhnliche Auswahl an Arbeiten dieses Künstlers präsentieren kann.

Mit der für den Künstler so typischen Farbpalette und seiner charakteristischen Bildsprache wird der Besucher bereits im Entree der Galerie empfangen. »Jakobs Traum« und »Daniel in der Löwengrube« vermitteln dem Besucher schon zu Beginn Otmar Alts Programm: Trotz eines der überbordenden Fantasie des Malers entzauberten Formenensembles bleiben die Arbeiten lesbar, die inhaltliche Zuordnung zum jeweiligen Bibeltext gelingt nach begeisternder Suche im Bild. Und nichts anderes wünscht sich der Künstler: »Ihr müsst Euch hinein fallen lassen!« fordert Otmar Alt auf.

Der weiterführende Blick in den sich anschließenden Kubus, dem Hauptraum der Galerie, macht geradezu sehnsüchtig. Der Wechsel großformatiger Leinwände mit kleineren Formaten, die Nachbarschaft von Arbeiten mit sparsamerer Farbpalette gegenüber Leinwänden von größtmöglicher Farbigkeit, lässt die lebendige Ausstrahlung jedes einzelnen Exponats zu, vermittelt aber ebenso das gesamte Programm des Künstlers: »Alles, was du mit Liebe machst, wird schön«.

Wer alle 150 Arbeiten des Konvoluts sehen möchte, hat bei einem Besuch der Galerie auch hierzu Gelegenheit, denn das Buch liegt zur Ansicht aus und kann hier auch erworben werden. In einer beispiellosen Farbtreue sind sämtliche Arbeiten abgebildet. Ihnen gegenübergestellt sind vom Künstler ausgewählte Bibelstellen aus dem Neuen und dem Alten Testament. In jeweils drei Abschnitten werden sie vermittelt. Der Theologe und Publizist Klaus Altepost erzählt in einem ersten Abschnitt zunächst mit eigenen Worten den Bibeltext. In einem zweiten stellt er dessen Inhalt heutigen Verhältnissen gegenüber, und in einem dritten Abschnitt äußert sich der Künstler Otmar Alt in einem sehr persönlichen Kommentar. Zur Episode »Der verlorene Sohn« hat er folgendes zu sagen: »Die Liebe verzeiht alles – wirklich alles? Die Bibel gibt uns schwere Aufgaben zu lösen … Wenn eine solche Frage auf uns zukommt, soll ich oder nicht, ist das wie ein Blick in die Tiefe meiner Seele.«

Entstanden ist ein farbenreiches Bilder- und Textbuch, das durch die Auswahl der Texte und die Art, wie diese vermittelt werden, vor allem aber durch das Spiel mit der Phantasie Leser aller Altersstufen anspricht. Hier wird uns die Bibel als eines der wichtigsten und ältesten Weisheitsbücher in Erinnerung gerufen, eine Einladung, seinen sehr persönlichen Bezug zum Glauben neu zu begründen.

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