Ausstellungsbesprechungen

Pablo Picasso: Die 50er Jahre

Picassos Oeuvre der fünfziger Jahre avancierte bis heute zum Synonym für einen allgemeinen Begriff von »Moderner Kunst« und vermochte sowohl die Rezeption von Gegenwartskunst als auch die alltäglichen Lebensbereiche, etwa des Design, der Werbung oder der Mode maßgeblich zu beeinflussen. Es nimmt daher wunder, dass diesem Aspekt in der Vielzahl von Ausstellungen zu Picassos Werk noch keine Überblicksschau gewidmet wurde.

Daher hat sich das Saarlandmuseum im Rahmen des fünfzigjährigen Jubiläums des Saarlandes mit seiner aktuellen Präsentation zur Aufgabe gemacht, diese »Fehlstelle« mit 70 Werken Picassos aufzuarbeiten und zugleich das Verständnis für die Grundlagen des künstlerischen und in Alltagsbezügen stilbildenden Formgefühls der fünfziger Jahre – die bis heute wirksam sind – zu stärken.

Die fünfziger Jahre sind eine Phase des Übergangs im Schaffen Picassos, eine Phase, die durch Wiederaufnahme stilistischer Elemente des Frühwerks, besonders aber unter dem Eindruck des spanisches Bürgerkrieges und des Zweiten Weltkrieges entwickelten Formensprache geprägt ist. Jene Dekade markiert sowohl im Werk als auch im Leben des Künstlers eine bedeutende Periode, in der sich thematisch die öffentlichen und politischen Fragen und solche der Privatheit und Intimität gegenüberstehen. Dabei gewinnen das Künstlersein und die künstlerische Arbeit eine neue Aktualität. Picasso sieht sich mit den jüngsten Entwicklungen der informellen und abstrakt-expressionistischen Malerei konfrontiert, die ihm zugleich auf den Weg zur Plastik führten und eine Neuformulierung seiner eigenen Malerei virulent gemacht haben mögen.

Beim Betreten der Ausstellungsräume im Saarlandmuseum begegnen uns in einem dunklen Rot und einem warmen Ockerton gehaltene Räume, die die Thematik der Arbeiten unterstreichen. Partiell befinden sich in den Wänden fensterartige Öffnungen, die dem Besucher einerseits Gelegenheit zum Verweilen und Genießen bieten, andererseits das Spiel der unterschiedlichen Wandfarben unterstreichen. Gleich den Themenblöcken, ist auch zwischen den Ausstellungsräumen keine strenge Grenzlinie zu ziehen, denn sie bedingen einander.

Ganz zu Anfang finden wir uns den Werken der Nachkriegszeit gegenüber, bei denen sich Picasso mit Tod, Krieg und dem Vanitasmotiv auseinandergesetzt hat. Hier begegnen uns Werke wie »Le pichet noir et la tête de mort« von 1946, »Fleurs dans un verre« von 1947 oder »Coq mort et verre« aus dem Jahr 1953. All diese Werke sind in Schwarz und Weiß und der breiten Palette der dazwischen liegenden Grautöne gestaltet und heben sich sehr wirkungsvoll von der roten Wand ab.

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Danach führt uns der Rundgang, der keineswegs als zwingend verstanden werden sollte, zu den lithografischen Plakaten, deren spielerische Formen durch die intensiven Farben unterstrichen werden. Herzstück – zumindest, was die räumliche Einteilung anbelangt – bilden die großformatigen Bildnisse, wo sich Picasso mit dem Thema des Modells und Aktes beschäftigt hat. Darunter befindet sich unter anderem das »Porträt der Sylvette David« aus dem Jahr 1954. Auf ockerfarbener Wand fesselt dieses in Weiß-, Schwarz- und Grautönen eingetauchte Bild unser Auge. Die kubistische Formensprache formuliert eine sitzende Frau, die – gemäß der Mode der fünfziger Jahre – die Haare zum Pferdeschwanz gebunden trägt. Trotz Darstellung im Profil, blickt uns die Frau mit beiden Augen an und zieht uns auf diese Weise nur noch stärker zu sich hin.

Im nächsten, in Rot gestalteten Raum dann sind Arbeiten, die sich mit den Themen Familie und Stierkampf befassen. Da finden sich gewaltvolle Szenerien, denen der Tod eingeschrieben ist, neben Darstellungen, die von Lebensfreude zeugen und dem Kreis der Familie entsprungen sind. Besonders eindrucksvoll wird diese Freude am Dasein in dem farbigen Linolschnitt »Femme au collier« von 1959 eingefangen. Die warmen Farben, die fließenden Lineamente sowie das sich um den Kopf der Frau entfaltende Energiefeld aus kurzen, zartgelben Strichen fangen dieses Gefühl deutlich ein.

Beim Weitergehen treffen wir sowohl auf bacchantische Szenen als auch auf die Taubenthematik. Für die vierte Variation der »Pigeons« findet Josep Palau i Fabre eine sehr einfühlsame, metaphorische Beschreibung, indem er die Atmosphäre des Werks mit Worten nachempfindet: »Luft. Ein paar Tauben Das milchige Morgengrauen erscheint mehr wie eine Ganzheit und erlaubt kaum, Dinge zu bestimmen, sie zu erahnen.«scheinen noch zu schlafen. Vielleicht noch Morgengrauen, erste Strahlen. Die großen Massen, die aus der Nacht aufbrechen, scheinen sie zu erproben. Die Sicht in der Dämmerung hat die Farben und Gegenstände anders glänzen lassen, auf gleichsam pyrotechnische Weise.

Dem Ende des Rundgangs nahend begegnen uns noch zwei ganz zentrale Themen Picassos: das Atelier und die Maske. Hier ist es die Auseinandersetzung des Künstlers mit Kunst. Picasso bezieht das Modell auf sein Werk und umgekehrt. Das Motiv des Ateliers ist eine Reminiszenz an die Kunstgeschichte und verdeutlicht die Möglichkeit des künstlerischen Schaffens, eine eigene Realität zu entwerfen.

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Bevor wir nun dem Ausgang uns nähern, gehen wir direkt auf eine Landschaft zu. Dem mit »Paysage« betitelte Werk sind impressionistische Züge eingeschrieben und es zeigt noch einmal eine andere Facette des Künstlers in den fünfziger Jahren. Mit schwungvollem Pinselduktus und in kräftigen Farben hat Picasso eine stark rhythmisierte Szene entworfen, die in ihren ondulierenden Bewegungen bisweilen an van Goghs vitale Pinselführung denken lässt.

Insgesamt weiß das Saarlandmuseum durch hochrangige Werke Picassos und deren gelungene Präsentation zu überzeugen. Fazit: Eine absolut lobenswerte Ausstellung, die man sich auf gar keinen Fall entgehen lassen darf! 

 

Weitere Informationen

 

Öffnungszeiten
Di, Do-So 10-18 Uhr
Mi 10-22 Uhr

Eintritt
5 € / ermäßigt 3,50 €

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