Ausstellungsbesprechungen

Pablo Picasso. Linolschnitte

Dass Picasso unermüdlich alle Techniken ausprobierte, ist bekannt. Seine Linolschnitte allerdings stehen oft im Abseits – zu Unrecht, denn es war neben Karl Rössing und dessen Schüler Robert Förch, die sich etwa zeitgleich nahezu ausschließlich dem Linolschnitt widmeten, eben kein Geringerer als Pablo Picasso, der diese Variante des Hochdrucks Mitte des 20. Jahrhunderts salonfähig gemacht hat, mit nachhaltiger Wirkung, wie nicht zuletzt die seit Jahren gepflegten Ausstellungen in Bietigheim-Bissingen zeigen.

Das Haus hat rund 100 Arbeiten des Meisters zusammengetragen, die dessen ganzes Spektrum abdecken: Bacchanalien und Stierkampf, Porträt und Akt, Stillleben und kunsthistorisches Zitat (Cranach, Manet). Als Leihgeber konnten u.a. das Musée Picasso in Paris und das Sprengel-Museum in Hannover gewonnen werden. Ergänzt wird die Schau mit Fotografien von Edward Quinn, die Picasso bei der Arbeit zeigen – so entsteht ein unmittelbarer Eindruck vom Schaffen des Jahrhundertgenies.

Beachtenswert ist die spürbare Lust an dem wenig beachteten Hochdruckverfahren im Schatten des Holzschnitts: Picasso schätzte die Möglichkeit, preiswerte Kunst anzubieten (oh, wohl dem, der heute einen dieser lebenssatt-leuchtenden Linolschnitte sein eigen nennen darf!); und doch nahm sein Interesse daran so schnell ab wie es über ihn gekommen war: Wohl sammelte der Meister bereits 1939 Erfahrungen, doch blieb es damals noch bei einem Ausflug ins charismalose Medium – die meisten Arbeiten entstanden dann zwischen 1958/59 und 1961/62 in einem unglaublichen Schaffensdrang, der seine Energie sicher über die Liebe zu Jacqueline Roque bezog, die dieser Zeitperiode immerhin ihren Namen aufdrückte.

Es wäre jedoch kaum zu einer solch innigen Beschäftigung gekommen, wäre da nicht der Drucker Hidalgo Arnéra gewesen, der nachts druckte, was Picasso tagsüber ins Linoleum geschnitten hatte. Und noch ein weiteres kam hinzu: Offensichtlich eignete sich der Linolschnitt besonders gut, Zitate aus der Kunstgeschichte in zeitgemäßer Verkleidung ins Licht zu setzen. So entstanden Picassos berühmtesten Paraphrasen, wenn nicht gar Revisionen, allen voran von Cranachs „Porträt einer jungen Frau“ oder von Manets „Frühstück im Freien“. Wie kein anderer Künstler gelang es dem Spanier, in unmittelbarer Auseinandersetzung eine Hommage an die alten Meister abzugeben und zugleich völlig eigenständige Bildwerke zu schaffen. In den 60er-Jahren hatte Picasso alle Möglichkeiten der Technik ausgereizt, hatte ganz neue Wege beschritten und dem bis dahin glanzlosen Hochdruckverfahren eine selbstbewusste Erscheinung gegeben, hatte der Nachwelt so grandiose Farbzaubereien wie im „Stillleben mit Glas unter der Lampe“ geschenkt – und damit war für ihn die Affäre mit dem Linolschnitt (so die Worte von Brigitte Baer) im Grunde beendet.

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Während der Ausstellung lässt sich Picassos Arbeitsweise sowohl an den erwähnten Fotos ablesen als auch an den raren Zustandsdrucken und an den einzelnen Druckplatten ablesen, nachlesen kann man es im prächtigen Katalog.

 

 

Weitere Informationen

 

Öffnungszeiten
Dienstag – Sonntag 11–18 Uhr
Donnerstag 11–20 Uhr

Eintritt
Eintritt 5,– EUR / 3,– EUR

Führungen
Teilnahme an den öffentlichen Führungen 2,– EUR
Gruppenführung 60,– EUR / 50,– EUR
Führungen finden sonntags um 11.30 Uhr und 14.30 Uhr, donnerstags um 18.30 Uhr statt.

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