Ausstellungsbesprechungen

Polke — eine Retrospektive. Die Sammlungen Frieder Burda, Josef Froehlich und Reiner Speck

Die Ausstellungslandschaft wird immer wieder gern belebt durch die Präsentation einer renommierten Kunstsammlung. Wenn dabei ein Künstler wie Sigmar Polke (geb. 1941) gezeigt wird, der zu den bedeutendsten und nebenbei bemerkt zu den bestbezahlten Künstlern der westlichen Welt gehört (anderthalb Millionen Euro sind da schon mal drin), ist das an sich schon eine wichtige Veranstaltung.

Wenn sich nun aber die drei interessantesten Polke-Sammler zusammentun, ist das eine Sensation, die nur noch dadurch eine zusätzliche Krönung erhält, dass Götz Adriani die Fäden gezogen und eine Schau zusammengestellt hat, die ihresgleichen sucht. Die Sammler sind Josef Froehlich, Reiner Speck und der Hausherr selbst, Frieder Burda – eine Polke-Fangemeinde ersten Ranges.

Adriani konnte wahrlich aus dem Vollen schöpfen, so dass der Untertitel der Ausstellung nicht aus der Luft gegriffen ist: Während alle drei Sammlungen subjektive Auslesen darstellen, erlaubt die Vereinigung auf Zeit aus den Vorlieben der Einzelnen einen Überblick tatsächlich über das gesamte Schaffen des Malers, von den frühen Arbeiten aus den 1960er Jahren, die Polke noch als wackeren Streiter an der Seite Gerhard Richters zeigen, bis hin zu den späteren Experimentalbildern, die sich zum einen des kunsthistorischen Zitats und zum anderen unterschiedlichster Materialien (Stoff, Lack) bedienen.

An Etiketten will nichts so recht passen, zu variantenreich ist Polkes Palette zwischen Figuration und Abstraktion — recht gewitzt ist nach wie vor die frühe Auszeichnung als »Kapitalistischer Realismus«, der als signifikanter Antipode eines Sozialistischen Realismus fungierte. Dass mehr und mehr der technische Aspekt zum Tragen kam, eine Farbalchemie sich breit machte, verdeutlichen vor allem die Zeichnungen, die in ihrer reinen Form etwas schal wirken, während die Graphik in Verbindung mit farblicher Gestaltung von einer grandiosen Präsenz ist. So stehen denn auch die rund 60 Gemälde eindeutig im Zentrum des Interesses, denen über 100 Zeichnungen und Aquarelle flankierend und zum Lobpreis der Farbe zur Seite stehen.
 

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Doch damit nicht genug. Der Zauber des Polke-Werks liegt in den Facetten: neben dem Aspekt der Farbarie, die faszinierende Seite der Ironie oder die des (meist gezähmt) Abgründigen, kalkuliert Zufälligen und Unkonventionellen. Die Gewichtungen der drei Sammler sind erkennbar verschieden, allen gemeinsam ist der spontane Zugang durch den Reiz des Schönen. Dankbar muss man dem Verlag Hatje Cantz sein, der im begleitenden Katalog ein sehr umfangreiches Gespräch Adrianis mit den drei begeisterten Sammlern abdruckt, die zuweilen sympathisch naiv und mit einigem Stolz zur Geldbörse griffen, zuweilen frei von jeglicher kunsthistorischer Kenntnis, zuweilen mit kindlicher Entdeckerfreude (so bei der Auflösung des Kürzels LTI) agierten. Fast gewinnt man den Eindruck, als stünde das Schaffen Sigmar Polkes in unmittelbarem Zusammenhang mit den daraus erwachsenen Sammlungen – was im Einzelfall sogar greifbar wird, wenn etwa das Gemälde »Burdamoden« auf Wunsch des Namensherren zu »B.-Moden« herabchiffriert wurde.

Eine kleine Entdeckung sei noch gestattet, die über die Begeisterung für das Werk, die Souveränität der Präsentation und die Opulenz des Katalogs sonst leicht verloren geht: in Letzterem sind Fotografien von Franziska Adriani – ein Schelm, wer Gutes dabei denkt – abgebildet, die einen großen Reiz ausstrahlen, vor allem das gelöste Porträt Polkes, das in einem offensichtlich heiteren Moment genau den Menschen im Foto festhält, der schelmisch genug ist, ein Werk von einer derart ausufernd-vielgestaltigen Einheitlichkeit zu schaffen.

 

 

Weitere Informationen

 

Museum Frieder Burda

Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag 11–18 Uhr

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