Ausstellungsbesprechungen

Press Art - Die Sammlung Annette und Peter Nobel, Museum der Moderne, Salzburg, bis 24. Oktober 2010

Mit der Ausstellung widmet sich das MdM Mönchsberg der Kunst mit Fokus auf die gedruckten Massenmedien, die sich seit jeher Künstler zu Nutze gemacht haben, um ihre Kunst auf diesem Weg einer großen Bevölkerungsschicht zugängig zu machen. Zeitgenössische Künstler, wie etwa Sylvie Fleury, thematisieren die Verführungsstrategien der Konsumgüterindustrie und fordern dazu auf, genauer hinzusehen. Günter Baumann hat sich dieser Idee angenommen.

Es gibt schon die eigenwilligsten Sammlungen, die sich etwa einem Thema (allen voran das Quadratische bei Ritter) oder privaten Neigungen widmen – eine der interessantesten dürfte die von Annette und Peter Nobel sein, die sich einem so nahe liegenden wie selten explizit in Zusammenhang gebrachten Thema verschrieben haben: der Liaison zwischen Kunst und Massen- bzw. Druckmedium. Die Rede ist dabei nicht von der Konzentration auf die Kunst im Zeitalter ihrer technischen Reproduzierbarkeit, sondern von der Fokussierung auf die Zwischenlage, wo sich die auf Singularität gebuchte Kunst und das Massenmedien in Gestalt des gedruckten Bildes beziehungsweise der gedruckten Schrift treffen. Bis heute hat das Sammlerehepaar rund 850 Werke zusammengetragen, von denen noch nie eine solch große Auswahl – über 350 Arbeiten – gezeigt wurde wie in St. Gallen, wo die Schau ihren Anfang nahm, und in Salzburg.

Der überraschende Fund auf der Spurensuche zwischen Dada-Druck und Uecker-Nagel überm Zeitungspapier, zwischen illustriertem »Charivari« und manipuliertem »Spiegel« ist die Bodenlosigkeit, die sich unter dem Tänzchen zwischen Kunst und Leben auftut – überraschend zumindest für diejenigen, die immer wieder glaubten, dass entweder die eine oder das andere mit der gestandenen Wahrheit zu tun habe. Die ganzen Dada-Künstler und ihr Post-Gefolge von Pop Art bis Arte Povera machten endgültig Schluss damit, beide Bereiche zu trennen. Und ausgerechnet das klein- und groß-Gedruckte wird zum Medium sowohl der Kunst wie des Lebens. Zeitungsausrisse finden ihren Weg auf die Leinwand, die Serienproduktion wird salonfähig, oder die Zeitung wird selbst zur Kunst. Wohl nicht ganz zufällig in einer Zeit, in der die digitalen Medien den Druck als Leitmedium verdrängt haben und die Koordinaten zwischen Kunst und Leben noch deutlicher in Frage gestellt werden, übernimmt die Zeitungsseite – als Kunst veredelt, die aus dem Leben gegriffen ist – die Aufgabe, so etwa wie Wahrheit zu vermitteln, auch über die eigene Medienzunft: Manipulation, Verführung, Quotengier sind freilich Thema. So viel Selbstreflexion muss auch sein. Dafür machen sich die Künstler auch den (medialen) Druck zunutze.

Es ist erstaunlich, wieviel Kunst in der Trias Bild – Leben – Schrift denkbar ist. Nach einem Besuch der wunderbaren Ausstellung in Salzburg wissen wir da mehr, und wer den Katalog durchblättert, dürfte einmal mehr überzeugt sein, dass die hier gepriesene »Press Art« nicht mehr und nicht weniger bietet als eine eigene »Kunstgattung« (so Gastkurator Christoph Doswald). Das Schöne der Ausstellung ist die Frische ihrer Exponate, egal wie alt sie objektiv sind. Da die Sichtweise bisher zu selten die offenbar unerschöpflichen Ideen aus dem Zwischenfeld von Bildkunst und Druckbild berührt hat, sind die Werke aus der Sammlung auch im wahrsten Sinne des Wortes nahezu unberührt – ob das nun die reine Politkunst, die Karikatur oder die reine Kunst betrifft. Dazu müssen die Themen gar nicht neu sein – die spannende Perspektive reicht für eine genussvolle Betrachtung aus. Denn immer geht es direkt um den Menschen, um uns. Deshalb sei auch jedem, der diese Schau sozial kompetenter, hier faszinierender und dort gewitzter Kunst versäumt hat, der Katalog wärmstens empfohlen, der ein dichtes Lese- und Bilderbuch in einem ist. Für die Ausstellung dieser einzigartigen Sammlung wäre es wünschenswert, dass sie irgendwie auch noch einen Weg nach Deutschland findet.

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