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Roger Melis - Fotografien 1965-1989

Mit einer umfangreichen Werkübersicht von Roger Melis stellt das Aachener Suermondt-Ludwig-Museum einen "Meister des ostdeutschen Fotorealismus" (Die Zeit) vor.

Mehr als zwei Jahrzehnte hat Melis nicht nur den Bildjournalismus entscheidend mitgeprägt, sondern auch einen persönlichen Stil entwickelt, in dem sich wirklichkeitsbezogene und ästhetisch hoch anspruchsvolle Fotografie miteinander verbinden. Seine atmosphärisch dichten, oft symbolhaften Bilder führen quer durch die Landschaften, Dörfer und Städte zwischen Ostsee, Harz und Erzgebirge sowie durch seine Heimatstadt Berlin und beschreiben mit klarem Blick und differenziert den Alltag im realen Sozialismus. Mit rund 150 Arbeiten umfasst die Ausstellung alle wichtigen Themen seines vielschichtigen Schaffens: Neben den "In einem stillen Land" zusammengefassten Darstellungen einer Alltags- und Arbeitswelt von merkwürdig ruhiger Gelassenheit sind die poetischen Aufnahmen über das Leben eines kleinen Dorfes in der Uckermark zu sehen, die noch eine archaische, nur am Rande von den Zeitläufen berührte Welt aufscheinen lassen. Wie nur wenige andere Fotografen hat Roger Melis auch das "Gesicht" der neueren deutschen Literatur geprägt. Seine Aufnahmen aus der Künstlerszene, darunter die Lyrikerin Sarah Kirsch vor ihrer Ausreise in den Westen auf gepackten Umzugskisten oder der oppositionelle Liedermacher Wolf Biermann als "preußischer Ikarus" zählen zu den Klassikern der Porträtfotografie. Die heute bekanntesten Porträts von Anna Seghers oder Heiner Müller stammen von Roger Melis.

Obwohl die in der Ausstellung präsentierten Aufnahmen sich den unterschiedlichsten Entstehungsumständen verdanken, besitzen sie eine gemeinsame inhaltliche Konnotation. Ihr Schwerpunkt liegt im Alltäglichen, nicht im Spektakulären. Es sind die eher leisen Randerscheinungen, die Pausen zwischen den Ereignissen, die Roger Melis\' Aufmerksamkeit finden. Seine Bilder erzählen kleine Geschichten hinter der Fassade des Offensichtlichen. So sind sowohl die Auftragswerke wie auch die aus eigener Intention heraus entstandenen Fotografien keine nur sachliche Dokumentation des Lebens in der DDR. Mit Einfühlungsvermögen, geschultem Blick und verhaltenem Humor vermitteln sie vielmehr eine sehr persönliche Sicht der Dinge. Bisweilen erinnern die nuancierten Schwarzweiß-Aufnahmen in der Klarheit und Sorgfalt ihres Bildaufbaus an die durchdachten Kompositionen alter Meister.

1940 in Berlin geboren, arbeitete Roger Melis nach seiner Fotografenausbildung zunächst als wissenschaftlicher Fotograf an der Berliner Charité, ehe er seit 1968 freiberuflich als Porträt- und Reportagefotograf tätig war, unter anderem für die legendäre Modezeitschrift \'Sibylle\', \'Wochenpost\', \'Die Zeit\', \'Frankfurter Allgemeine\', \'Geo\' und verschiedene Verlage in Ost und West. Viele seiner auch im Auftrag von DDR-Magazinen entstanden Arbeiten wurden nicht veröffentlicht und wegen ihrer ungeschönten Bildinhalte als "Müllkastenfotografie" diskreditiert. Nach einer Auftragssperre für die DDR-Presse wegen eines Beitrags für die Zeitschrift \'Geo\' konzentrierte sich Melis auf Buch- und Ausstellungsprojekte. Ab 1989 folgten wieder verstärkt Reportage- und Porträtfotografien für die \'Wochenpost\', \'Die Zeit\' und die \'Süddeutsche Zeitung\'. Bis 2006 war Melis als Lehrer für Fotografie beim Lette-Verein Berlin tätig. Er lebte in Berlin, wo er im September 2009 gestorben ist.

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