Buchrezensionen

Roman Zieglgänsberger, Evelyn Bergner (Hg.): Werner Graeff. Ein Bauhauskünstler berichtet, Hirmer 2017

Werner Graeff war nicht nur Schüler am kurz zuvor gegründeten Staatl. Bauhaus in Weimar, er war auch jüngstes Mitglied der de Stijl-Bewegung und hat sich als Designer, Maler, Fotograf, Filmemacher oder Lehrer betätigt. Das Buch „Ein Bauhauskünstler berichtet“ beinhaltet autobiografische Anekdoten, die meist sehr humorvoll über die 1920er- und 1930er-Jahre berichten. Darüber hinaus vermittelt das Buch durch zahlreiche Abbildungen einen Eindruck von den vielen künstlerischen Facetten Werner Graeffs, die zugleich Ausdruck der damals neuen Kunstausbildung am Bauhaus sind. Essays mit einer kunsthistorischen Einordnung sowie ein Bericht über die Archivarbeit zu Werner Graeff runden das Bild ab. Susanne Braun hatte eine sehr aufschlussreiche und unterhaltsame Lektüre.

Im Vorwort zu seinem autobiografischen Werk „Hürdenlauf durch das 20. Jahrhundert“ erklärt Werner Graeff, dass er auf Anraten keines Geringeren als Mies van der Rohe Zeugnis über die zwanziger Jahre abzulegen gedenkt. „Es wird heute so viel Unsinn über Ereignisse der zwanziger Jahre verbreitet“, soll Mies van der Rohe zu ihm gesagt haben, „Es ist notwendig, dass wir alle, die wir tätig dabei waren, die Irrtümer richtig stellen“. Das tut Werner Graeff, indem er seine Kindheit mit vielen Ortswechseln, seine zunächst ganz traditionelle Ausbildung zum Künstler und dann die Zeit an der damals fortschrittlichsten Kunstschule, dem Staatl. Bauhaus in Weimar, beschreibt.

Er geht darauf ein, wie er sich als Konstrukteur eines Autos, Filmemacher, Reformierer der Werbung an der Berliner Stadtbahn, Presse- und Propagandachef für eine Ausstellung von Mies van der Rohe, Fotograf oder Lehrer versucht hat. Ausgeschmückt sind die Erlebnisse durch zahlreiche kunsthistorische Einordnungen sowie Anekdoten über weitere Protagonisten aus dem Bauhaus und seinem Umfeld, wie seinen Lehrer Johannes Itten, Walter Gropius, Theo van Doesburg, Kurt Schwitters oder Hans Richter. Anschaulich beschreibt er auch seine Erfahrungen im Berlin zu Beginn der Nazi-Herrschaft, die ihn bereits im Jahr 1934 die Möglichkeit zu einer Emigration nach Barcelona ergreifen ließen. Dabei sind seine Schilderungen ausgesprochen humorvoll und wortgewandt, obwohl das Schreiben für ihn „Quälerei“ bedeute, wie er den Leser wissen lässt.

Anhand zahlreicher Ölgemälde, Linolschnitte, Filmpartituren, Entwürfen von Werbeplakaten oder international verständlicher Verkehrsschilder macht das Buch erfahrbar, welcher Wandel im Kunstverständnis sich durch die Ausbildung am Bauhaus vollzogen hatte und wie sehr Werner Graeff ihn geprägt hat. Einen eigenen Stil als Maler auszubilden gelingt ihm laut Roman Zieglgänsberger allerdings erst relativ spät. Werner Graeff hat während seiner Zeit im Exil darauf verzichten müssen, sich als bildender Künstler zu betätigen. Erst um 1960 konnte er wieder mit dem Malen beginnen und langsam, in Anlehnung an Piet Mondrian und Theo van Doesburg oder auch seinen Freund Willi Baumeister, einen eigenen Stil ausbilden.

Einblicke in die Arbeit im Werner-Graeff-Archiv im Museum Wiesbaden gewährt Jessica Neugebauer. In den Jahren 2009/10 haben die Witwe Werner Graeffs und sein Sohn dem Museum den künstlerischen Nachlass übergeben. Im Jahr 2013 folgte noch der schriftliche Nachlass. In „Werner Graeff - Ein Bauhauskünstler berichtet“ ist den Herausgebern eine sehr spannende Zusammenstellung von Zeitzeugendokumenten gelungen, die eine weitere Facette über das Bauhaus sowie die 1920er- und 1930er-Jahre eröffnen.

Titelangaben

Roman Zieglgänsberger, Evelyn Bergner (Hg.)
Werner Graeff. Ein Bauhauskünstler berichtet
Hirmer, ISBN: 978-3-7774-2797-3, Ladenpreis 39,90 €

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